Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

114 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. 8 35. 
ten der Aufsicht und Verwaltung der Regierungen unterstellt, während alle gelehrten Schulen 
der Provinz, nämlich diejenigen, welche zur Universität entlassen, und die Schullehrerseminare, 
desgleichen mit gewissen Einschränkungen auch die Progymnasien und Realschulen unter un— 
mittelbarer Aufsicht und Verwaltung der Provinzialschulkollegien stehen. 
In Bezug auf die kirchliche Verwaltung änderte sich die Zuständigkeit der Regierungen 
zunächst durch die V. v. 27 /6. 1845, inhaltlich welcher die Angelegenheiten der evangelischen 
Kirche an die Konsistorien übergingen, soweit dieselben nicht den Regierungen besonders vor— 
behalten wurden, ferner aber durch das G. v. 3/6. 1876, betr. die evangelische Kirchenver- 
fassung in den 8 älteren Provinzen, welches in Art. 21 bestimmt, daß die Verwaltung der An— 
gelegenheiten der evangelischen Landeskirche, soweit dieselbe bis dahin vom Minister der geist- 
lichen Angelegenheiten und von den Regierungen geübt worden ist, auf den evangelischen Ober- 
kirchenrath und die Konsistorien als die Organe der Kirchenregierung übergehen. Nach dieser 
Bestimmung in Verbindung mit der V. v. 5/9. 1877 verblieb den Regierungen bezw. dem 
Regierungspräsidenten nur noch die Wahrnehmung des staatlichen Aufsichtsrechts, wie 
solche durch das G. v. 3/6. 1876 näher festgestellt ist, und soweit dessen Ausübung nicht durch 
die V. v. 9/9. 1876 anderen Behörden (Minister und Oberpräsident) übertragen wurde. Da- 
gegen ist gemäß Art. 22 G. v. 3/6. 1876 bezüglich der Patronatsverhältnisse, sowie bezüglich 
der kirchlichen Angelegenheiten beim Militär und bei öffentlichen Anstalten keinerlei Ver- 
änderung in der Zuständigkeit der Behörden eingetreten, sonach auch die Zuständigkeit der 
Regierung bezw. des Regierungspräsidenten bestehen geblieben. (Vgl. Art. III V. v. 9/9.1870). 
Die Zuständigkeit der Regierungen bezw. des Regierungspräsidenten in katholisch- 
kirchlichen Angelegenheiten endlich ist auf wenige Sachen beschränkt, da die Wahrnehmung 
der jura circa sacra gegenüber der katholischen Kirche wesentlich in den Händen des Ministers 
und des Oberpräsidenten liegt. (Vgl. z. B. V. vom 27/9. 1875 bezüglich der Aufsicht über 
die Vermögensverwaltung in den katholischen Kirchengemeinden.) 
Was den Geschäftsgang und die allgemeinen Befugnisse der Regierungen an- 
langt, so verfügen die Abtheilungen in dem ihnen zugewiesenen Wirkungskreise selbstständig 
ohne Mitwirkung der anderen, bilden jedoch nicht abgesonderte, für sich bestehende Behörden, 
sondern machen zusammen ein Kollegium aus. Gewisse wichtigere Gegenstände, wie z. B. 
Disziplinarsachen, die zu treffenden Einleitungen und Maßregeln wegen Ausführung neuer 
Gesetze u. s. w. müssen in den Plenarversammlungen der Regierung vorgetragen werden. 
Diese Plenarversammlungen bestehen unter dem Vorsitze des Präsidenten aus a) den Ober- 
regierungsräthen mit Einschluß des Oberforstmeisters als Mitdirigenten der Abtheilung für 
die Domänen und Forsten, b) den Regierungsräthen, c) den technischen Mitgliedern (geistliche, 
Schul-, Medizinal= und Bauräthe und Forstbeamte) 1), d) den Assessoren. In den Plenar- 
versammlungen haben die Oberregierungsräthe und Regierungsräthe ein volles Votum in 
allen Sachen, die technischen Mitglieder nur in den zu ihrem Geschäftskreise gehörigen Sachen 
und die Assessoren nur in den von ihnen selbst bearbeiteten Angelegenheiten. Die Entscheidung 
erfolgt nach Stimmenmehrheit, der Präsident hat jedoch das Recht, sofern nicht Gefahr im 
Verzuge ist, die Ausführung des Beschlusses zu beanstanden und die Entscheidung des Ober- 
präsidenten einzuholen. In den Abtheilungen erfolgen die Beschlüsse ebenfalls nach Stimmen- 
mehrheit; dem Vorsitzenden der Abtheilung gebührt jedoch sowohl im Falle der Stimmen- 
gleichheit die Entscheidung, wie er auch den wider seine Ansicht gefaßten Beschluß der Mehr- 
heit durch Provokation auf den Präsidenten suspendiren kann. Von diesem hängt es dann 
ab, ob nach Ansicht des Vorsitzenden oder der Stimmenmehrheit der Mitglieder der Abtheilung 
entsprechend verfahren oder die Sache vor das Plenum gebracht werden soll. Der Präsident 
1) Nach dem A.GE. v. 27/4. 1891 (G. S. S. 165) treten den technischen Räthen der Regierung 
gewerbetechnische Räthe hinzu, die zugleich die Geschäfte der im § 139b R.Gew. O. vorgesehenen 
Aufsichtsbeamten (Gewerbe--Inspektoren) zu versehen haben. 
 
	        
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