Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 35. Die Provinzial= und Bezirksbehörden. 115 
ist als Vorstand der Regierung und ihrer Abtheilungen der Mittelpunkt der Verwaltung der 
Regierung; er bearbeitet ausschließlich alles, was sich auf die Anstellung, Disziplin und Ent- 
lassung der Mitglieder des Kollegiums und der Referendare, sowie die Vertheilung der Ge- 
schäfte bezieht, leitet den Vortrag, sorgt für ernste, gründliche, zweckmäßige und anständige 
Behandlung der Geschäfte, übt die Aufsicht über die Geschäftsführung der Kollegialmitglieder 
und der Subalternbeamten aus, kann Verfügungen und Beschlüsse, mit welchen er nicht ein- 
verstanden ist, nochmals, gegebenen Falles im Plenum, zum Vortrage bringen, hat die Ober- 
aufsicht auf die Regierungshauptkassen und führt den Vorsitz und die Leitung des Vortrages 
nicht bloß im Plenum, sondern auch in den Abtheilungen, wenn er daselbst anwesend ist. 
Zu bemerken ist endlich, daß den Regierungen durch die Instruktion v. 23/10. 1817 
6 11) eine exekutive Gewalt beigelegt wurde, indem sie für befugt erklärt wurden, ihren 
Verfügungen nöthigenfalls durch gesetzliche Straf= und Zwangsmittel Nachdruck zu geben und 
sie zur Ausführung bringen zu lassen. Ebenso wurde ihnen ein Polizeiverordnungsrecht 
übertragen. 
Was die im Jahre 1866 mit der preußischen Monarchie vereinigten drei neuen Pro- 
vinzen anlangt, so wurden die Provinzen Schleswig-Holstein, welches einen Regierungsbezirk 
mit dem Sitze in Schleswig bildet, und Hessen-Nassau, welches in zwei Regierungsbezirke, 
Kassel und Wiesbaden, zerfällt, in Bezug auf die Bezirkseintheilung und die Bezirksbehörden 
den älteren Provinzen durchaus gleichgestellt, während in Hannover theilweise die frühere 
Organisation (Landdrosteien u. s. w.) bestehen blieb. Hinsichtlich der in Schleswig-Holstein 
und Hessen-Nassau errichteten Bezirksregierungen bestimmten sodann die § 6 der V. v. 22/2. 
1867 (Hessen-Nassau) und § 2 des A.E. v. 20/6. 1868 (Schleswig-Holstein), daß ihr Wir- 
kungskreis die Verwaltung aller derjenigen Angelegenheiten ihres Bezirks zu umfassen hat, 
welche in den alten Provinzen den Regierungen überwiesen sind und daß für ihre innere Or- 
ganisation und den Geschäftsgang die Instruktion v. 23/10. 1817 und die zu denselben 
ergangenen erläuternden, ergänzenden und abändernden Bestimmungen gelten. Zu bemerken 
ist, was die Zuständigkeit der Regierungen hinsichtlich der evangelisch-kirchlichen Angelegen- 
heiten anlangt, daß in der Provinz Schleswig-Holstein, einschließlich Lauenburg, und im 
Amtsbezirke des Konsistoriums Wiesbaden das Aufsichtsrecht des Staates über die evangelisch- 
lutherische bezw. evangelische Kirche durch das G. v. 6/4. 1878 und die V. v. 19/8. 1878 
in derselben Weise geordnet ist, wie in den älteren Provinzen. 
In Hannover blieben zunächst die Landdrosteien bestehen, deren Einrichtung auf der 
Landdrosteiordnung v. 25/9. 1852 beruhte, und welche eine ähnliche Stellung einnahmen, wie 
die Bezirksregierungen. Sie führten die gesammte öffentliche Verwaltung, soweit dieselbe 
nicht anderen Behörden überwiesen war, wie dies z. B. hinsichtlich der finanziellen Angelegen- 
heiten zutraf, die der Finanzdirektion übertragen waren. Zu ihrem Wirkungskreise gehörten 
namentlich die Hoheitssachen, Militärsachen, Landgemeinde= und Stadtgemeindesachen, Land- 
wirthschaftssachen, Wegesachen, Wasserbausachen, Feuer= und Baupolizei, Gesundheitspolizei, 
Chausseeverwaltung, die Leitung und Beaufsichtigung der ihnen überwiesenen Staats= und 
öffentlichen Anstalten und Stiftungen u. s. w. 
Die Landdrosteien, welchen auch die exekutive Zwangsgewalt und ein Polizeiverordnungs- 
recht zustand, bestanden aus einem Landdrosten, welcher die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden 
kollegialischer Behörden hatte, und der erforderlichen Anzahl von Regierungsräthen, Assessoren, 
Hilfsbeamten und Unterbeamten. 
Gemäß 825 L.V. G. sind an die Stelle der Landdrosteien und der Finanzdirektion sechs 
Regierungspräsidenten und Regierungen getreten, welche gleich dem Oberpräsidenten die Ver- 
waltung mit den Befugnissen und nach den Vorschriften führen, welche dafür in den übrigen 
Provinzen gelten, bezw. im Landesverwaltungsgesetz gegeben wurden. 
8*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.