Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

116 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. 1V. Kapitel. § 35. 
In §25 Abs. 2 war dabei königl. Verordnung vorbehalten zu bestimmen, welche dieser 
Regierungen nach dem Vorbild der Regierung von Stralsund zu organisiren sind. Durch V. 
v. 3/11. 1884 (G. S. S. 349) ist dies bezüglich der Regierungen zu Osnabrück und Aurich 
geschehen. 
Durch die neuen Reformgesetze, das V.G.G. v. 3/7. 1875, das Org.G. v. 26/7. 1880 
und das L. V.G. v. 30/7. 1883, welche auf Grund des G. v. 19/5. 1889 auch in der Provinz 
Posen in Kraft getreten sind, haben die Organisation und der Wirkungskreis der Bezirksregie- 
rungen sehr wesentliche Aenderungen erlitten, wie auch die Zust. GBG. v. 26/7. 1876 und 1/8. 
1883 in die Kompetenz derselben eingriffen. Infolge dieser Veränderungen bestehen gegenwärtig 
für die allgemeine Landesverwaltung folgende drei Bezirksbehörden: 1. der Regierungspräsident, 
2, der Bezirksausschuß, 3. die Bezirksregierung. Hervorzuheben ist, was die Bezirksregierungen 
anlangt, daß die landwirthschaftlichen Abtheilungen der Regierungen zu Königsberg und Marien- 
werder, sowie die bei den Regierungen der Provinzen Ost= und Westpreußen und zu Schleswig 
bestehenden Spruchkollegien für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten durch § 23 L.V.G. 
aufgehoben wurden, und die Zuständigkeiten dieser Behörden, sowie diejenigen der Abtheilung 
des Innern der Regierungen zu Gumbinnen, Danzig und Schleswig als Auseinandersetzungs- 
behörden auf die Gencralkommissionen übergingen. Dagegen wurde bei der Regierung zu Wies- 
baden an Stelle der Abtheilung des Innern als Auseinandersetzungsbehörde ein Kollegium ge- 
schaffen, welches aus dem Regierungspräsidenten, dem für ihn hierzu bestimmten Stellvertreter 
und mindestens zwei Mitgliedern besteht, von denen das eine die Befähigung zum Richteramte 
besitzen und der landwirthschaftlichen Gewerbslehre kundig sein, das andere die Befähigung zum 
Oekonomiekommissarius haben muß. 
1. Der Regierungspräsident. Der Regierungspräsident, welcher gemeinschaftlich 
mit der Bezirksregierung in den Regierungsbezirken die Geschäfte der allgemeinen Landesver- 
waltung führt (L. V.G.8 3), handelt innerhalb seines Geschäftskreises selbstständig unter voller 
persönlicher Verantwortlichkeit, vorbehaltlich der kollegialischen Behandlung der durch die Ge- 
setze bezeichneten Angelegenheiten, in welchen entweder der Bezirksausschuß oder die Regierung 
zu beschließen hat. Der Wirkungskreis des Regierungspräsidenten ist ein dreifacher: 1. ist der- 
selbe Präsident der Bezirksregierung; 2. ist er Vorsitzender des Bezirksausschusses; 3. hat er 
die Verwaltung einer Anzahl ihm persönlich übertragener Angelegenheiten (persönlicher Wirk- 
ungskreis des Regierungspräsidenten). 
Der persönliche Wirkungskreis des Regierungspräsidenten umfaßt a) die 
Geschäfte der aufgehobenen Abtheilung des Innern, soweit dieselben nicht auf andere Behörden, 
namentlich den Bezirksausschuß und den Kreisausschuß, übergingen. Bezüglich der Regierungen 
Stralsund und Sigmaringen, welche keine Geschäftsabtheilungen hatten bestimmte 821 L.V.G., 
daß die Geschäfte dieser Regierungen, soweit sie zur Zuständigkeit der Abtheilungen des Innern 
gehören, nach Maßgabe des §18 von den Regierungspräsidenten verwaltet werden. Die Mit- 
glieder der Regierung bearbeiten diese Geschäfte nach den Anweisungen des Präsidenten. Die 
Stellvertretungides Präsidenten in Fällen der Behinderung erfolgt durch ein von den zuständigen 
Ministerien beauftragtes Mitglied der Regierung; b) sonstige dem Regierungspräsidenten durch 
besondere Gesetze persönlich übertragene Angelegenheiten, z. B. § 1 des G. v. 12/3. 1881, 
betr. die Ausführung des Reichsviehseuchengesetzes. Zum persönlichen Wirkungskreise des Regie- 
rungspräsidenten gehören aber namentlich: 1. das Recht zum Erlasse von Polizeiverordnungen 
mit Zustimmung des Bezirksausschusses (L.V.G. § 137 Abs. 2), 2. die Zwangsbefugnisse bei 
Ausübung seiner obrigkeitlichen Gewalt (L.V.G. § 132 ff.), 3. die dienstliche Aufsicht auf die 
Geschäftsführung des Kreis-(Stadt-) Ausschusses (L.V.G. § 48), 4. das Recht, endgültige Be- 
schlüsse des Bezirksausschusses mit aufschiebender Wirkung anzufechten und Beschlüsse der Be- 
zirksregierung außer Kraft zu setzen. (L.V.G. 8 141).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.