Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 35. Die Provinzial= und Distriktsbehörden. 117 
Inseinempersönlichen Wirkungskreise handelt der Regierungspräsident als Einzelbeamter; 
die ihm beigegebenen Beamten (Oberregierungsrath, Räthe und Hilfsarbeiter) bearbeiten die Ge- 
schäfte nach seiner Anweisung. Diese Beamten können zugleich bei der Regierung beschäftigt 
werden und nehmen an den Plenarberathungen derselben theil, sind aber nicht Mitglieder 
der Regierung. Ihre Beiziehung beruht wesentlich darauf, daß dem Plenum der Regierung 
die Entscheidung in Disziplinarsachen (§ 1 G. v. 21/7. 1852) auch hinsichtlich derjenigen Be- 
amten verblieben ist, welche vom Regierungspräsidenten als Nachfolger der Abtheilung des Innern 
ressortiren. Andererseits können auch die Mitglieder der Regierung vom Regierungspräsidenten 
zur Bearbeitung der ihm persönlich übertragenen Geschäfte beigezogen werden (L.V.G. § 19). 
Die Stellvertretung des Regierungspräsidenten in seinem persönlichen Wirkungskreis 
und im Präsidium der Bezirksregierung (nicht im Vorsitz im Bezirksausschuß) erfolgt durch den 
demselben beigegebenen Oberregierungsrathevent. einen Oberregierungsrath der Bezirksregierung, 
vorbehaltlich des Rechts der Minister des Innern und der Finanzen in besonderen Fällen eine 
andere Stellvertretung anzuordnen (L.V.G. 8§ 20). Der Uebergang der Geschäfte und Befug- 
nisse der Abtheilung des Innern auf den Regierungspräsidenten hat zur Folge gehabt, daß 
auch die bestehenden Bestimmungen über das Verhältniß der Abtheilung des Innern zu den 
vor-und nachgeordneten Behörden auf den Regierungspräsidenten Anwendung finden. Hiernach 
ist einerseits der Regierungspräsident Organ der Minister und des Oberpräsidenten, anderer- 
seits sind die Landräthe Organe des Regierungspräsidenten, ressortiren von ihm und unter- 
stehen seiner persönlichen Aufsicht. 
2. Die Bezirksregierung. Nach Aupfhebung der Abtheilung des Innern bestehen die 
Bezirksregierungen nur noch aus den beiden Abtheilungen für Kirchen= und Schulwesen und 
für direkte Steuern, Domänen und Forsten. Bei denjenigen Regierungen, bei welchen früher 
die Kirchen= und Schulsachen von der Abtheilung des Innern besorgt worden waren (Danzig, 
Erfurt, Münster u. s. w.) wurden für diese Angelegenheiten besondere Abtheilungen errichtet 
(L.V.G. 8§ 22). Ebenso wurde durch die V. v. 22/4. 1892(G. S. S. 96) bei den Regierungen 
zu Stralsund und Osnabrück eine Abtheilung für direkte Steuern, Domänen und Forsten und 
bei der Regierung in Aurich eine Abtheilung für direkte Steuern und Domänen eingerichtet. 
Keine Abtheilungen hat die Regierung zu Sigmaringen. Hervorzuheben ist hinsichtlich der 
Provinz Hannover, daß gemäß § 26 L.V.G. die Zuständigkeiten der Konsistorialbehörden 
in der Provinz Hannover in Betreff des Schulwesens, sowie der kirchlichen Angelegenheiten, 
welche früher zum Geschäftskreise den katholischen Konsistorien zu Hildesheim und Osnabrück 
gehörten, unter Aufhebung dieser Konsistorien den Abtheilungen für Kirchen= und Schulwesen 
der betr. Regierungen überwiesen wurden. Dagegen verbleiben nach § 27 L.V.G. den evangel. 
Konsistorialbehörden in der Provinz Hannover vorläufig in Kirchensachen ihre bisherigen Zu- 
ständigkeiten. Diese Zuständigkeiten sind jedoch durch die V. v. 25/7. 1884 über die Ausübung 
der Rechte des Staates gegenüber der evangelisch-reformirten Kirche in der Provinz Hannover 
(G. S. S. 319), ergangen auf Grund des § 25 G. v. 6/8. 1883 betr. die Kirchenverfassung 
der evangelisch-reformirten Kirche in der Provinz Hannover (G. S. S. 295) nicht unwesentlich 
abgeändert worden. 
Bezüglich der Organisation, des Geschäftsgangs und der Stellung der Bezirksregierung 
in ihrem gegenwärtigen Bestande gilt Alles, was oben bemerkt ist. Ebenso sind denselben die 
Obliegenheiten, Befugnisse und sachlichen Zuständigkeiten der genannten beiden Abtheilungen 
geblieben, soweit die Reformgesetze nicht abändernde Bestimmungen enthalten. In dieser Hin- 
sicht ist, abgesehen von der durch das Zuständigkeitsgesetz vielfach veränderten Zuständigkeit der 
Bezirksregierungen, namentlich auf § 137 Abs. 4 L.V.G. aufmerksam zu machen, der das 
Polizeiverordnungsrecht der Bezirksregierungen aufgehoben hat, während ihnen das Recht der 
exekutiven Zwangsgewalt innerhalb ihres Wirkungskreises geblieben ist. (Vgl. Stengel, Or- 
ganisation u. s. w. S. 463.)
	        
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