837. Die Rechtspflege und die Justizvermaltung. 133
und dem Ersten Staatsanwalt hinsichtlich der Staatsanwaltschaften ihres Bezirks; 5. dem ersten
Beamten der Staatsanwaltschaft bei einem Amtsgerichte hinsichtlich dieser Staatsanwaltschaft.
Bei den nur mit einem Richter besetzten Amtsgerichten steht nach § 79a. a. O. diesem
die Aufsicht über die bei dem Amtsgerichte angestellten oder beschäftigten Beamten zu. Bei
den mit mehreren Richtern besetzten Amtsgerichten ist die Aufsicht über die bei demselben an-
gestellten oder beschäftigten nichtrichterlichen Beamten durch den Justizminister einem der
Richter zu übertragen 1).
Das Recht der Aussicht schließt die Befugniß in sich, Visitationen und Revisionen der
Gerichte und Staatsanwaltschaften und der der Justizverwaltung unterstellten Anstalten (Ge-
fängnisse u. s. w.) vorzunehmen und sich Berichte und statistische Uebersichten und Tabellen
über die Geschäftsthätigkeit der Gerichte einsenden zu lassen. Damit diese Aufsicht mit Erfolg
gehandhabt werden kann, legt § 80 a. a. O. denjenigen Beamten, die die Aufsicht auszuüben
haben, das Recht bei, gegenüber den nichtrichterlichen Beamten die ordnungswidrige Ausführung
eines Amtsgeschäftes zu rügen und die Erledigung eines Amtsgeschäfts durch Ordnungsstrafen
bis zum Gesammtbetrage von einhundert Mark zu erzwingen.
Richterlichen Beamten gegenüber liegt nach § 23 Abs. 1 G. betr. die Abänderung
von Bestimmungen der Disciplinargesetze v. 8/4. 1879 (G. S. S. 345 ff.) in dem Rechte der
Aufsicht die Befugniß, die ordnungswidrige Ausführung eines Amtsgeschäftes zu rügen und
zu dessen rechtzeitiger und sachgemäßer Erledigung zu ermahnen, worauf der Beamte die Dis-
ciplinaruntersuchung beantragen kann.
Die im § 80 Ausf.G.z. G.V. G. bezeichnete Befugniß steht ferner zu: 1 den Staatsan-
waltschaften bei den Oberlandesgerichten und bei den Landgerichten hinsichtlich derjenigen Be-
amten des Polizei= und Sicherheitsdienstes, welche Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sind,
mit Ausnahme solcher Beamten, welche ihr Amt im Ehrenamte versehen; 2. den in Gemäßheit
des § 73 vom Justizminister mit der Dienstaufsicht über die Gerichtsvollzieher zu betrauenden
Beamten.
Beschwerden, welche Angelegenheiten der Justizverwaltung, insbesondere den Geschäfts-
betrieb und Verzögerungen betreffen, werden im Aufsichtswege erledigt (6§ 85 a. a. O.).
V. Zu den gerichtsherrlichen Rechten der Krone gehört neben den innerhalb der durch
die Reichsgesetze, bezw. Landesgesetze gesetzten Schranken auszuübenden Rechten der Organi-
sation der Gerichte, der Ernennung der Richter, der Beamten der Staatsanwaltschaft und der
Justizverwaltung, sowie der Oberaufsicht auch das Begnadigungsrechte). Art. 49 Abs. 1
V. U. hat dies ausdrücklich anerkannt mit den Worten: „Der König hat das Recht der Be-
gnadigung und der Strafmilderung“" 3). Dieses Recht ist in Art. 49 Abs. 2 u. 3 V. U. zwei
Einschränkungen unterworfen: a) zu Gunsten eines wegen seiner Amtshandlungen verur-
1) Nach dem Gesetz, betr. die Führung der Aufsicht bei dem Amtsgericht I und dem Land-
gericht I in Berlin, sowie die Handhabung der Disciplinargewalt bei dem ersteren Gerichte v. 10/4.
1892 (G. S. S. 77) steht bei dem Amtsgerichte das Recht der Aufsicht einem Amtsrichter zu, der
den Titel Amtsgerichtspräsident führt, in den Besoldungsetat der Landgerichtspräsidenten aufgenommen
und vom Könige ernannt wird. Hinsichtlich der beim Amtsgerichte angestellten oder beschäftigten richter-
lichen Beamten werden sämmtliche Befugnisse, welche nach den G.G. v 7/5. 1851 und 9/4. 1879 dem
Präsidenten des Landgerichts zustehen, statt durch diesen durch den Amtsgerichtspräsidenten, hinsichtlich
des Letzteren durch den Präsidenten des Kammergerichts ausgeübt (§§ 1—4). Die Aufsicht über die
nichtrichterlichen Beamten kann der Amtsgerichtspräsident durch Richter des Amtsgerichts, die von ihm
zu beauftragen und durch den Justizminister bestimmt sind, ausüben. Ebenso kann der Präsident des
Landgerichts die Aufsicht über die bei dem Landgerichte angestellten oder beschäftigten nichtrichterlichen
Beamten durch die ihm unterstellten Direktoren ausüben (88 6—9).
2) H. Seuffert, Art. „Begnadigung“ in Stengel's Wörterbuch des Verwaltungsrechts,
I. 147 ff.
3) Von dem dem König von Preußen als deutschen Kaiser zustehenden Begnadigungsrechte
(ogl. § 484 R. Str. Pr.O.) ist hier nicht die Rede.