8 40. Die Pflichten der Staatsdiener. 145
zu besprechenden Rechtsbeschränkungen, denen die Staatsdiener unterworfen sind. Ebenso
gehört hieher die sog. Treuepflicht, d. h. die Verpflichtung, Alles zu vermeiden, wodurch
das Interesse des Staats und des Staatsoberhaupts gefährdet werden könnte und vielmehr
Alles zu thun, um dieses Interesse zu fördern. In diesem Sinne hat der A. E. vom 4/1. 1882
die Verpflichtung der Beamten anerkannt, sich im Hinblick auf ihren Eid der Treue von jeder
Agitation gegen die Regierung bei den politischen Wahlen fern zu halten, und außerdem ver—
langt, daß die sog. politischen Beamten die Regierungspolitik vertreten und unterstützen.
II. Was die Amtspflichten anlangt, so ist der Staatsdiener verbunden, innerhalb
der gesetzlichen oder besonders vereinbarten Grenzen seiner Obliegenheiten die ihm aufge-
tragenen Geschäfte zu besorgen. Die Pflicht zur Dienstleistung ist eine ungemessene,
d. h. der Beamte muß seine ganze Arbeitskraft zur Erfüllung der aus seinem Amte sich er-
gebenden Obliegenheiten einsetzen.
Aus der Pflicht zur Dienstleistung folgen die Residenzpflicht und die Präsenz-
pflicht, d. h. die Verpflichtung des Beamten, seinen Wohnsitz an dem ihm angewiesenen
Orte, bezw. so zu nehmen, daß die Erfüllung der dienstlichen Obliegenheiten gesichert ist und
die Pflicht, bestimmte durch die Dienstesinstruktionen vorgeschriebene Amtsstunden einzuhalten.
Zur Einstellung der dienstlichen Thätigkeit ist Urlaub erforderlich, insoweit nicht der
Beamte durch ausdrückliche Gesetzesvorschrift von der Urlaubserholung befreit ist (Art. 78
Abs. 2 V. U., Art. 21 Abs. 1 R.V.) oder auf Grund allgemeiner Bestimmungen die Ver-
pflichtung zur Dienstleistung nicht besteht, wie bei den Ferien der Unterrichtsanstalten 1).
Einstellung der dienstlichen Thätigkeit bezw. Entfernung vom Amte ist eine Verletzung
der Dienstpflicht und daher ein Dienstvergehen.
Die Befreiung von der Dienstleistung tritt ferner auf längere oder kürzere Zeit ein bei
der vorläufigen Dienstenthebung (vgl. § 44) und bei der Stellung zur Verfügung (pvol.
l39 I.
III. Zu den Pflichten des Beamten gehört vor Allem auch die Pflicht des dienst-
lichen Gehorsams, d. h. die Verpflichtung, in seinen Amtshandlungen den Befehlen der
vorgesetzten Dienstbehörden Folge zu leisten. Diese Verpflichtung ergiebt sich aus dem
Unterordnungs= und Ueberordnungsverhältnisse, in welchem die verschiedenen Behörden und
Beamten zu einander, bezw. dem Staatsoberhaupte stehen.
Was den Umfang dieser Gehorsamspflicht anlangt, so muß sich der Dienstbefehl auf
solche Gegenstände beziehen, die im Gebiete der dienstlichen Verpflichtungen des Beamten
liegen, Weisungen, die sich nicht auf die Standes= oder Amtspflichten des Beamten beziehen,
kommen nicht in Betracht. Befehle der höheren Behörde an die untergebene sind ferner nur
dann Dienstbefehle, wenn der Befehlende und derjenige, an den der Befehl gerichtet ist, im
gegebenen Falle zuständig und der Befehl in der vorgeschriebenen Form erlassen ist. Der-
jenige, dem ein Dienstbefehl ertheilt wird, hat das Recht und die Pflicht, zu prüfen, ob ein
1) Ein Beamter, der sich ohne den vorschriftsmäßigen Urlaub von seinem Amte entfernt hält,
oder den ertheilten Urlaub überschreitet, ist, wenn ihm nicht besondere Entschuldigungsgründe zur Seite
stehen, für die Zeit der unerlaubten Entfernung seines Diensteseinkommens verlustig. Dauert die un-
erlaubte Entfernung länger als acht Wochen, so hat der Beamte die Dienstentlassung verwirkt. Ist
er dienstlich aufgefordert worden, sein Amt anzutreten oder zu demselben zurückzukehren, so tritt die
Dienstentlassung schon nach fruchtlosem Ablaufe von vier Wochen seit der ergangenen Aufforderung
ein. Die Entziehung des Diensteinkommens wird von derjenigen Behörde verfügt, welche den Urlaub
zu ertheilen hat. Im Falle des Widerspruchs findet das förmliche Disciplinarverfahren statt. Die
Dienstentlassung kann nur im Wege des förmlichen Disciplinarverfahrens ausgesprochen werden (88 8
—12 G. v. 21/7 1852, §8 7— 11 G. v. 7/5. 1851). Ueber die Vorschriften in Betreff des Bezugs
des Gehaltes und der Kosten der Stellvertretung während der Dauer eines bewilligten Urlaubs vgl.
Rönne, III, S. 465 f.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts II, Zweite Auflage: Preußen. 10