8 43. Der Rechtsschutz der Beamten und die Konfliktserhebung 153
ungen der allgemeinen Landesgesetze die zur Zeit der Entstehung des streitigen Anspruchs in
Kraft gewesenen königlichen Anordnungen, sowie die seitens der Centralbehörden ergangenen,
den Provinzialbehörden mitgetheilten und die mit Genehmigung der Centralbehörden von den
Provinzialbehörden erlassenen allgemeinen Verfügungen, soweit solche nicht den Gesetzen oder
königlichen Anordnungen zuwieder laufen, zum Grunde zu legen.
Nach § 20 G. v. 20/5. 1882 betr. die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der un-
mittelbaren Staatsbeamten (G. S. S. 298) erfolgt die Bestimmung darüber, ob und welches
Wittwen= und Waisengeld der Wittwe und den Waisen eines Beamten zusteht, durch den De-
partementschef, der die Befugniß zu solcher Bestimmung auf die Provinzialbehörden übertragen
kann. Die Beschreitung des Rechtswegs steht den Betheiligten offen, doch muß die Entscheidung
des Departementschefs der Klage vorhergehen und letztere sodann bei Verlust des Klagerechts
innerhalb sechs Monaten, nachdem den Betheiligten die Entscheidung des Departementschefs
bekannt gemacht worden, erhoben werden.
Was die sonstigen Ansprüche der Beamten aus ihrem Dienstverhältnisse anlangt, so be-
steht ein Rechtsanspruch derselben auf Gehaltsverbesserung im Allgemeinen nicht, nur be-
züglich der richterlichen Beamten, welchen das Aufrücken in die etatsmäßigen Gehälter und
Gehaltszulagen durch die Bestimmungen der 8§§ 9 u. 10 Ausf.G. z. R.G.V.G. und durch die
auf Grund des § 9 erlassene Verordnung betr. die für die Bestimmung des Dienstalters der
Richter maßgebenden Grundsätze (G. S. S. 318) gewährleistet worden ist, ist dies anerkannt19.
Im Uebrigen steht den Beamten nur die Beschwerde an die vorgesetzte Behörde eventuell an
den König zu; liegt ein Disciplinarfall vor, so ist in dem geordneten Disciplinarverfahren der
Rechtschutz des Beamten gegeben.
III. In Bezug auf die Ausübung ihres Berufs genießen die Beamten insoferne
eines besonderen Rechtsschutzes, als Widersetzlichkeit gegen die in rechtmäßiger Ausübung ihres
Amtes begriffenen Beamten nach §§ 113 ff. R. Str. G. B. mit Strafe bedroht ist und Beleidig-
ungen, welche gegen eine Behörde oder einen Beamten, während sie in der Ausübung ihres
Berufes begriffen sind und in Beziehung auf ihren Beruf begangen werden, auch auf Antrag
der amtlichen Vorgesetzten der Betheiligten strafrechtlich verfolgt werden. R. Str. G. B. § 196.
IV. Die Konfliktserhebung. Die Frage, ob ein Beamter schuldhafter Weise seine
Befugnisse überschritten, bezw. seine Pflicht verletzt hat, kann abgesehen vom Disciplinarver-
fahren auch bei einer strafrechtlichen Verfolgung des Beamten und ebenso in einem Civilpro-
zesse aufgeworfen werden, wenn der Beamte auf Ersatz des durch sein angeblich schuldhaftes
Verhaltens einem Privaten zugefügten Schadens belangt wird. Der Gesetzgeber kann in
solchen Fällen von der Auffassung ausgehen, daß diese öffentlich-rechtliche Vorfrage von dem
zur Entscheidung der Hauptsache selbst zuständigen Civil= oder Strafrichter mit zu entscheiden
sei, oder er kann die Entscheidung dieser Vorfrage einer Verwaltungsbehörde oder einem Ver-
waltungsgerichte übertragen und von deren Entscheidung die gerichtliche Verfolgung abhängig
machen. Der Gesetzgeber kann aber noch weiter gehen und die gerichtliche Verfolgung eines
Beamten wegen der von ihm in Ausübung seines Amtes oder aus Veranlassung seines Amtes
begangenen Handlungen von der Genehmigung einer Verwaltungsbehörde abhängig machen,
um ihn gegen unberechtigte Verfolgungen zu schützen. Den letzteren Standpunkt nahm das
preußische Recht bis zum 1/10. 1879 ein. Art. 97 V. U. lautete zwar: „Die Bedingungen,
unter welchen öffentliche Civil= und Militärbeamte wegen durch Ueberschreitung ihrer Amts-
befugnisse verübter Rechtsverletzungen gerichtlich in Anspruch genommen werden können, be-
stimmt das Gesetz. Eine vorgängige Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde darf jedoch
1) Vgl. Rönne a. a. O., III, S. 505f. — Munk, Preuß. Gerichtsverfassung, S. 18, Anm. 4.
Auch das Reichsgericht hat diese Frage bejaht (Urth. v. 25/9. 1883, Entsch. Bd. XI. S. 290). — Auf
die Beamten der Staatsanwaltschaft finden die hinsichtlich der richterlichen Beamten gegebenen Vor-
schriften keine Anwendung. Vgl. den A.E. v. 19/3. 1850, Ziff. 7 (G. S. S. 274 ff.).