Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

178 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. 8 50. 
weisung von Strafsachen an Verwaltungs- beziehungsweise Polizeibehörden durch die Landes- 
gesetze ist unter anderem zulässig bei Uebertretungen gemäß Str. Pr. O. 88 453 —4689. 
Uebrigens ist auch in allen diesen Fällen der Grundsatz, daß in Strafsachen die Gerichte 
zu entscheiden haben, insoweit gewahrt, als die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zunächst 
nur eine vorläufige ist und dem Beschuldigten und vorläufig Verurtheilten das Recht zusteht, 
durch Einspruch gegen die vorläufige Straffestsetzung die Angelegenheit zur gerichtlichen Ent- 
scheidung zu bringen. 
Eine vorläufige Straffestsetzung wegen Uebertretungen durch die Polizeibehörden war 
bereits in 845 V. v. 26/12. 1808 und im G. v. 14/5.52 (G.. S. 245) zugelassen. In § 453 
R. Str. Pr.O. ist diese Befugniß der Polizeibehörde aufrecht erhalten und genauer bestimmt und 
eingeschränkt worden. In Folge dessen wurde auf Grund des § 453 R. Str. Pr. O. durch das am 
1. Juli 1883 in Kraft getretene G. v. 23/4. 1883, betr. den Erlaß polizeilicher Strafverfügungen 
(G.S. S. 65), welches für den ganzen Umfang der Monarchie gültig ist, die Materie neu ge- 
regelt, und zwar ist durch § 1 denjenigen Personen, welche die Polizeiverwaltung in einem be- 
stimmten Bezirke auszuüben haben, die Befugniß beigelegt worden, wegen der in diesem Be- 
zirke verübten, in ihren Verwaltungsbereich fallenden Uebertretungen die Strafe durch Ver- 
fügung festzusetzen, sowie eine etwa verwirkte Einziehung zu verfügen, mit der Maßgabe jedoch, 
daß die festzusetzende Geldstrafe den Betrag von 30 Mk., und die Haft, auch wenn sie an Stelle 
einer nicht beizutreibenden Geldstrafe tritt, die Dauer von drei Tagen nicht überschreiten darf. 
Unzulässig ist nach § 2 des Gesetzes die Festsetzung einer Strafe durch die Polizeibe- 
hörde: 1. bei Uebertretungen, für deren Aburtheilung die Rheinschifffahrtsgerichte, die Elbzoll- 
gerichte oder die Gewerbegerichte zuständig sind; 2. bei Uebertretungen der Vorschriften über 
die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle (in diesen Sachen steht das Recht zur vorläufigen 
Straffestsetzung gemäß § 459 Str. Pr. O. den Steuer= und Finanzbehörden zu); 3. bei Ueber- 
tretung bergpolizeilicher Vorschriften, hinsichtlich welcher § 209 Abs. 3 des Allg. Berg.Ges- 
v. 24/6. 1865 (G. S. S. 705) die Entscheidung ausdrücklich den ordentlichen Gerichten beige- 
legt hat. 
Zulässig ist ferner der Erlaß von polizeilichen Strafverfügungen gegen Militärpersonen 
nur bezüglich solcher Uebertretungen, zu deren Aburtheilung im gerichtlichen Verfahren die 
ordentlichen Gerichte zuständig sind (§ 11 d. G.). 
Die Strafverfügung muß außer der Festsetzung der Strafe die strafbare Handlung, Zeit 
und Ort derselben, die angewendete Strafvorschrift und die Beweismittel, sowie die Kasse be- 
zeichnen, an welche die Geldstrafe zu zahlen ist. Sie muß ferner die Eröffnung enthalten: a) daß 
der Beschuldigte gemäß § 3 d. G. binnen einer Woche nach der Bekanntmachung auf gericht- 
liche Entscheidung antragen könne; b) daß der Antrag entweder bei der Polizeibehörde, welche 
die Strafverfügung erlassen hat, oder bei dem zuständigen Amtsgericht anzubringen sei; c) daß 
die Strafverfügung, falls innerhalb der bestimmten Frist ein Antrag auf gerichtliche Entschei- 
dung nicht erfolge, vollstreckbar werde (§ 4). 
Die Befugniß zur vorläufigen Straffestsetzung steht wegen der innerhalb eines Gemeinde- 
oder Polizeibezirks verübten Uebertretungen demjenigen Beamten bezw. derjenigen Behörde zu, 
welche in diesem Bezirke die örtliche Polizei zu verwalten hat. (Vgl. diese Behörden in § 36.) 
Was den Begriff der „bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten“ anlangt und die damit 
zusammenhängende Abgrenzung der Civilprozeßsachen gegenüber den sog. Verwaltungssachen, 
so hat die Reichsgesetzgebung diesen Begriff nicht festgestellt, sondern denselben vielmehr in 
§ 13 G.V.G. als einen gegebenen, durch die Landesgesetzgebung bestimmten vorausgesetzt. In 
§ 4 E.G. z. C. Pr.O. ist jedoch bestimmt, daß für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für welche 
  
1) Vgl. Rosin, Art. Polizeiliche Strafverfügungen in Stengel's Wörterbuch des Verw.-R., 
II, S. 266 ff.
	        
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