Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 50. Allgemeines. Justiz und Verwaltung. 179 
nach dem Gegenstande oder der Art des Anspruchs der Rechtsweg zulässig ist, derselbe aus dem 
Grunde, weil als Partei der Fiskus, eine Gemeinde oder eine andere öffentliche Korporation 
betheiligt ist, durch die Landesgesetzgebung nicht ausgeschlossen werden kann. Abgesehen von 
dieser indirekten Abgrenzung des Begriffs der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten hat die Reichs- 
gesetzgebung die Feststellung dieses Begriffs der Landesgesetzgebung überlassen und bemißt sich 
deshalb auch die Zuständigkeit der Civilgerichte nach Landesrecht. 
Die Landesgesetzgebung ist daher insbesondere auch befugt, in Zukunft zu bestimmen, 
welche Angelegenheiten sie als bürgerliche Rechtsstreitigkeiten den Zivilgerichten überweisen 
will. Beschränkt ist sie in dieser Beziehung aber allerdings nicht bloß durch die soeben besprochene 
Vorschrift des § 4 E.G. z. R.C. Pr.O., sondern auch dadurch, daß verschiedene Reichsgesetze 
bezüglich einer Anzahl von Angelegenheiten ausdrücklich die Zulässigkeit des Rechtswegs festge- 
stellt haben. Dies ist z. B. der Fall: 
. 1. hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche der Richter aus ihrem Dienstverhält- 
nisse, insbesondere auf Gehalt, Wartegeld oder Ruhegehalt (69 G.VG.); 
2. hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche der Reichsbeamten und ihrer Hinter- 
bliebenen (Reichsbeamtengesetz vom 3 1/3. 1873 § 149); 
3. hinsichtlich der Ansprüche gegen öffentliche Beamte (insbesondere auch Reichsbeamte) 
wegen der in Ausübung ihres Amtes vorgenommenen schädigenden Handlungen (§ 11 E.G.z. 
G.V. G.; § 79 Reichsbeamten-G. v. 313. 1873); 
4. hinsichtlich der Einsprüche der Reichsbeamten gegen Defektenbeschlüsse der Verwalt.= 
Behörden (§ 149 R.B. G. v. 31/3. 1873); 
5. hinsichtlich der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Fiskus, Ge- 
meinden u. s. w., insoweit dingliche Rechte verfolgt werden (§ 15 Z. 4 E.G. zur C. Pr.O.); 
6. hinsichtlich der Entschädigungs-Ansprüche aus dem Gesetze vom 1/6.1870, betreffend 
die Abgaben von der Flößerei (8 6); 
7. hinsichtlich der Entschädigungs-Ansprüche für die in Folge des Rayongesetzes vom 
21/12. 1871 eintretenden Beschränkungen; 
8. bezüglich der Streitigkeiten zwischen Schiffer und Schiffsmann nach der Seemanns- 
ordnung vom 27/12. 1872 § 106; 
9. bezüglich der Ansprüche wegen Bergungs= und Hülfekosten gemäß der Strandungsord- 
nung vom 17/5.1874 88 39 u. 44; 
10. bezüglich der Streitigkeiten zwischen Innungsmitgliedern und deren Gesellen über 
Innungsbeiträge und Ordnungsstrafen nach § 100 b, 100 d d. R.G.V.O. nach vorgängiger 
schiedsrichterlicher Entscheidung. 
Nach preuß. Rechte gilt im Allgemeinen der Grundsatz, daß die Civilgerichte regel- 
mäßig für solche Rechtsstreitigkeiten und nur für solche zuständig sind, deren Gegenstand ein 
privatrechtliches Rechtsverhältniß ist. Dies gilt auch dem Staate gegenüber, so daß auch 
die fiskalischen Prozesse vor die ordentlichen Gerichte gehören. (A.L. R. II, 14, 5§8 80, 81, Einl. 
z. A.L. R. § 80.) Freilich ist dieser Grundsatz nicht immer und nicht in jeder Beziehung festge- 
halten worden, indem einerseits bürgerliche Rechtsstreitigkeiten den Verwaltungsbehörden zur 
Entscheidung übertragen wurden und andererseits der Rechtsweg auf Angelegenheiten ausge- 
dehnt wurde, die den Charakter von öffentlichen Rechtsstreitigkeiten haben. In Betracht kommen 
in letzterer Hinsicht namentlich 1. das Gesetz v. 11/5. 1842 über die Zulässigkeit des Rechts- 
wegs in Beziehung auf polizeiliche Verfügungen (G. S. S. 192), das in weitem Maße den 
Rechtsweg in Bezug auf polizeiliche Verfügungen zuließ, wenn die Verletzung eines zum Privat- 
eigenthum gehörenden Rechts behauptet wurde, gegenwärtig aber in der Hauptsache durch die 
einschlägigen Vorschriften des Landverwaltungs-Gesetzes außer Kraft gesetzt ist. (Vgl. § 54). 
2. das Gesetz v. 24/5.1861 betr. die Erweiterung des Rechtsweges (G. S. S. 242). Dasselbe 
ließ den Rechtsweg zu in Bezug a) auf die Ansprüche der Staatsbeamten wegen ihrer Dienst- 
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