182 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. 8 51.
zeichnet werden, handelt es sich darum festzustellen, was mit dem Ausdruck „Polizei“ nach
preußischem Rechte dann zu verstehen ist, wenn es sich um spezifisch polizeiliche Maßregeln,
wie Polizeiverordnungen und polizeiliche Verfügungen handelt.
Auszugehen ist dabei von 8 10 Tit. 17 Th. II A. L. R., wornach es Amt der „Polizei“
ist, die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und
zur Abwendung der dem Publikum oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr
zu treffen.“ Gegenüber diesem, das Amt der Polizei bestimmenden Paragraphen wird es in 82
Tit. 13 Th. II A.L. R. als die vorzüglichste Pflicht des Staatsoberhaupts bezeichnet, „sowohl
die äußere als innere Ruhe und Sicherheit zu erhalten und einem jeden bei dem Seinigen
gegen Gewalt und Störungen zu schützen“ und in § 3 heißt es: „Ihm kommt es zu, für An-
stalten zu sorgen, wodurch den Einwohnern Mittel und Gelegenheit verschafft wird, ihre Fähig-
keiten und Kräfte auszubilden und dieselben zur Beförderung ihres Wohlstandes anzuwenden.“
Aus der Gegenüberstellung der Polizei gegen die das ganze staatliche Leben umfassenden
Pflichten des Staatsoberhaupts wie gegen die Wohlfahrtspflege im Besonderen erscheint die
Aufgabe der Polizei zunächst als eine beschränkte, insoferne die Wohlfahrtspflege nicht unter
den Begriff der Polizei fällt. Sodann aber ist die Polizei genauer bezeichnet als eine präven-
tive Thätigkeit mit Zwangscharakter. Der polizeiliche Zwang ist zwar in § 10 a. a. O. nicht
besonders hervorgehoben, aber selbstverständlich darin begriffen, weil das Merkmal des Zwanges
mit dem Begriffe der Polizei untrennbar verbunden ist.
Als Aufgaben der Polizei werden in § 10 a. a. O. angegeben: Erhaltung der öffent-
lichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und Abwendung der dem Publikum oder einzelnen Mit-
gliedern desselben bevorstehenden Gefahr. Da nicht genauer gesagt ist, welche Richtung die
Gefahr haben muß, um Gegenstand der abwehrenden Thätigkeit der Polizei zu sein, so ist es
gleichgiltig, ob die Gefahr der Sicherheit oder der Wohlfahrt droht, dagegen fällt allerdings
eine positive Förderung der Wohlfahrt nicht unter die Aufgaben der Polizei. Wenn sodann
von der Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung gesprochen wird, so ist dabei
in erster Linie an die präventive Thätigkeit der Polizei gedacht, die gleichzeitig als Repression
auftreten kann, da die Repression von der Ruhe u. s. w. störenden Handlungen auch die Wirk-
ung hat, weitere Störungen zu hindern. Anlangend sodann die Ausdrücke: öffentliche Ruhe,
Sicherheit und Ordnung, so ist durch diese drei zusammenhörenden Ausdrücke im Wesentlichen
nicht mehr gesagt, als was sonst durch die Begriffe öffentliche und private Rechtsordnung be-
zeichnet wird. Namentlich sind die Ausdrücke öffentliche Ruhe und öffentliche Ordnung in der
Hauptsache gleichbedeutend mit öffentlicher Sicherheit (vgl. Urth. d. Oberverw.-Ger. v. 11/6.
1882 E.Bd. IX S. 353—384). Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung muß
daher als ein Mittel zum Zwecke der Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit betrachtet
werden.
Die Auslegung des §10 a. a.O. ergiebt hiernach, daß der Begriff der Polizei im Sinne
des Allgemeinen Landrechts sich deckt mit dem Begriffe der Polizei wie er gegenwärtig in der
Theorie aufgefaßt wird, wobei zu bemerken ist, daß die spätere Gesetzgebung, namentlich das
G. v. 10/3. 1850, über die Polizeiverwaltung den im Allgemeinen Landrecht festgestellten Be-
griff der Polizei nicht verändert hat. Wo also in den Gesetzen von Polizei, polizeilichen Maß-
regeln u. s. w. die Rede ist, muß der Begriff der Polizei im Sinne des § 10 a. a. O. aufge-
faßt werden, soferne sich nicht aus dem betreffenden Gesetze selbst eine gegentheilige Auf-
fassung ergibt.
III. Was speziell den Begriff der „Sicherheitspolizei“ betrifft, von dem z. B. in
§143 L.V. . die Rede ist, so ist auch dieser Begriff nach preußischem Rechte kein anderer, als der
von der Theorie entwickelte, oben festgestellte. Es ergiebt sich dies insbesondere aus dem könig-
lichen Befehle v. 24/4. 1812, wo in Absatz 5 als Sicherheitspolizei bezeichnet wird: „Die
Aufsicht auf die innere Ruhe des Staats, auf verdächtige Fremde, auf das Paßwesen, in-