Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

198 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. 8 54. 
nicht ausdrücklich den Antrag auf Entscheidung im Verwaltungs-Streitverfahren, so gilt die- 
selbe als Beschwerde. Bei gleichzeitiger Anbringung beider Rechtsmittel ist nur der Beschwerde 
Fortgang zu geben. Das hiernach unzulässiger Weise angebrachte Rechtsmittel ist durch Ver- 
fügung der im Abs. 1 bezeichneten Behörde zurückzuweisen. Gegen die zurückweisende Ver- 
fügung findet innerhalb zweier Wochen die Beschwerde an die zur Entscheidung auf die Klage 
berufene Behörde statt. 
Wird die Beschwerde oder Klage der Vorschrift des ersten Absatzes zuwider innerhalb 
der gesetzlichen Frist bei derjenigen Behörde angebracht, welche zur Beschlußfassung oder Ent- 
scheidung darüber zuständig ist, so gilt die Frist als gewahrt. Die Beschwerde oder Klage ist 
in solchen Fällen von der angerufenen Behörde zur weiteren Veranlassung an diejenige Be- 
hörde abzugeben, gegen deren Beschluß sie gerichtet ist (§ 129 L. V. G.). 
Da die Klage, welche nach § 128 an Stelle der Beschwerde ergriffen werden kann, nur 
auf bestimmte Gründe gestützt werden kann, so ist dieselbe thatsächlich gegenüber der Beschwerde 
in ihrer Anwendbarkeit beschränkt. 
Die direkte Klage gemäß § 128 findet natürlich auch gegen ortspolizeiliche Verfügungen 
des Polizeipräsidenten in Berlin an Stelle der Beschwerde an den Oberpräsidenten statt. 
Hervorzuheben ist, daß die Vorschriften der §§ 127 ff. L.V. G. auch auf die besonderen 
Organe und Beamten Anwendung findet, welche zur Beaufsichtigung der Fischerei vom Staate 
bestellt sind (§ 46 des Fischereigesetzes v. 30/5. 1874, G.S. S. 197). 
Dagegen kommen in einer Reihe von Fällen die Vorschriften des L.V.G. über die 
Rechtsmittel gegen polizeiliche Verfügungen nicht zur Anwendung: 1. bei Verfügungen auf 
Grund des § 2 des Ausf.G. zum Reichsviehseuchengesetze vom 12/3. 1881 (G. S. S. 128). 
Hier ist nur Beschwerde an die vorgesetzten Polizeibehörden zulässig. 2. Gegen die Anord- 
nungen der Wegebaupolizeibehörde, welche den Bau und die Unterhaltung der öffentlichen 
Wege oder die Aufbringung und Vertheilung der dazu erforderlichen Kosten oder die Inan- 
spruchnahme von Wegen für den öffentlichen Verkehr betreffen, findet als Rechtsmittel inner- 
halb zweier Wochen der Einspruch an die Wegepolizeibehörde statt, über den diese Behörde 
beschließt. Gegen den Beschluß ist die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zulässig (Z.G. 
8 56). 3. Dasselbe ist der Fall bei den Anordnungen der Wasserpolizeibehörde, betr. die 
Räumung von Gräben, Bächen und Wasserläufen, bezw. die Aufbringung oder Vertheilung der 
dazu erforderlichen Kosten Zust.G. § 66. 4. In einer Reihe von Fällen ist an Stelle der 
bei polizeilichen Verfügungen der Orts= und Kreispolizei-Behörde allgemein zugelassenen Wahl 
zwischen Beschwerde und Klage nur das eine Rechtsmittel (Klage oder Beschwerde) für zulässig 
erklärt (vgl. z. B. Zust.G. § 103 Abs. 2 und 8§ 117). 
IV. Gegen polizeiliche Verfügungen der Regierungspräsidenten findet innerhalb 
zweier Wochen die Beschwerde an den Oberpräsidenten und gegen den vom Oberpräsidenten auf 
die Beschwerde erlassenen Bescheid innerhalb gleicher Frist die Klage bei dem Oberverwaltungs- 
gerichte nach Maßgabe der Bestimmungen des § 127 Abs. 3 und 4 statt. L.V.G. 8§ 130. 
Gegen polizeiliche Verfügungen des Regierungspräsidenten in Sigmaringen findet 
innerhalb zweier Wochen unmittelbar die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte statt. 
Gegen die Landesverweisung steht Personen, welche nicht Reichsangehörige sind, die 
Klage nicht zu (weil Ausländer kein Recht haben, sich im Inlande aufzuhalten). 
Von der Vorschrift des § 130 L.V.G. enthält der § 11 des G. v. 14/8. 1876, betr. 
die Verwaltung der den Gemeinden und öffentlichen Anstalten gehörigen Holzungen u. s. w. 
(G. S. S. 373 ff. insoferne eine Ausnahme, daß zwar auch gegen die auf Grund der §§ 2—7 
und 10 des Gesetzes vom Regierungspräsidenten erlassenen forstpolizeilichen Verfügungen 
Beschwerde an den Oberpräsidenten und dann Klage zum Oberverwaltungsgericht zulässig ist, 
daß aber die Klage außer auf die in § 127 angegebenen zwei Klagegründe auch noch darauf
	        
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