202 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. § 55.
folgung subjektiver öffentlicher Rechte der Unterthanen oder kommuualer Verbände unter ein-
ander beschränken, dann würde allerdings der Verwaltungsprozeß sich seinem inneren Wesen
nach dem Civilprozesse bedeutend nähern. Die preußische Gesetzgebung stehe aber jedenfalls
nicht auf diesem Standpunkte.
Eine ausführliche Widerlegung dieser Auffassung, welche mit der Leugnung der Möglich-
keit subjektiver Rechte gegenüber dem Staate zusammenhängt (a. a. O. S. 415), dürfte um so
weniger veranlaßt sein, als Bornhak selbst zugeben muß (a. a. O. S. 410), daß die entgegen-
gesetzte Auffassung die Autorität des Oberverwaltungsgerichts für sich hat, von welchem doch
wohl anzunehmen ist, daß es die preußische Gesetzgebung kennt.
Um wenigstens einen allgemeinen Ueberblick über den Umfang der Zuständigkeit der
preußischen Verwaltungsgerichte zu geben, sollen im folgenden diejenigen Verwaltungsgebiete
aufgeführt werden, auf welchen die Verwaltungsgerichte in einzelnen Angelegenheiten zu ent-
scheiden haben (ogl. Brauchitsch, 10. Aufl., I S. 190 ff., Stengel, Organisation S.392 ff.
und die Zuständigkeitstabelle S. 573: I. Angelegenheiten der Provinzialverbände:
Streitigkeiten über die Giltigkeit der Wahlen zum Provinziallandtag, Provinzialausschuß,
Provinzialrath, Bezirksausschuß; Reklamationen der Kreise gegen die Vertheilung der Pro-
vinzialabgaben, Beanstandung gesetzwidriger oder unzulässiger Beschlüsse des Provinzialland-
tags-Ausschusses oder der -Kommissionen; Zwangsctatisirung gegenüber den Provinzialver-
bänden; Disciplinarsachen der Mitglieder des Provinzialausschusses, des Landesdirektors und
der Provinzialbeamten u. s. w. II. Angelegenheiten der Kreisverbände: Streitigkeiten
über die Auseinandersetzung der betheiligten Kreise in den Fällen der Veränderung der Kreis-
grenzen, der Bildung neuer Kreise und des Ausscheidens großer Städte aus dem Kreisverbande;
über das Recht der Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten des Kreises, die
Heranziehung oder Veranlagung zu den Kreisabgaben, die Verpflichtung zur Uebernahme un-
besoldeter Kreisämter; über die Giltigkeit der Wahlen zum Kreistage und zum Kreisausschusse,
über Zwangsetatisirungen gegen Kreisverbände; Beanstandungen gesetzwidriger oder unzu-
lässiger Beschlüsse des Kreistags, der Kreiskommissionen und des Kreisausschusses in Kommunal=
angelegenheiten u. dgl.; Disciplinarstrafsachen der Kreisbeamten und Amtsvorsteher. III. An-
gelegenheiten der Amtsverbände: Streitigkeiten über das Recht der Mitbenutzung der
öffentlichen Einrichtungen und Anstalten des Amtsbezirks, die Heranziehung und Veranlagung
zu den Kosten der Amtsverwaltung; über die Giltigkeit der Wahlen zum Amtsausschusse, über
die Gesetzwidrigkeit und Unzulässigkeit vom Amtsvorsteher angefochtener Beschlüsse des Amts-
ausschusses, die Zwangsetatisirung gegenüber Amtsverbänden, über die Auseinandersetzung im
Falle des Ausscheidens einer Landgemeinde oder eines Gutsbezirks aus dem Amtsbezirke u. s. w.
IV. Angelegenheiten der Stadtgemeinden: Streitigkeiten über die Auseinandersetzung
zwischen den betheiligten Gemeinden in Folge einer Grenzveränderung eines Stadtbezirks, über
die bestehenden Grenzen der Stadtbezirke, über den Besitz des Bürgerrechts, über die Giltig-
keit der Wahlen zur Gemeindevertretung, über die Berechtigung zur Ablehnung oder Nieder-
legung von Gemeindeämtern, über das Recht der Mitbenutzung der öffentlichen Gemeindean-
stalten, sowie zur Theilnahme an den Nutzungen und Erträgnissen des Gemeindevermögens;
über die Heranziehung oder die Veranlagung zu den Gemeindelasten; über die Anfechtung von Be-
schlüssen der Gemeindevertretung wegen Unzulässigkeit oder Gesetzwidrigkeit, über Zwangs-
etatisirung gegen Stadtgemeinden u. s. w.; Disciplinarstrafsachen gegen Gemeindebeamte.
V. Angelegenheiten der Landgemeinden und selbstständigen Gutsbezirke: Strei-
tigkeiten über die Auseinandersetzung zwischen den Betheiligten in Folge einer Veränderung
der Grenzen der Landgemeinden und Gutsbezirke, der Aemter in Westfalen, der Bürger-
meistereien in der Rheinprovinz; über die bestehenden Grenzen der ländlichen Gemeinden und
Gutsbezirke, sowie über die Eigenschaft einer Ortschaft als Gemeinde oder eines Guts als
Gutsbezirk; über den Besitz und Verlust der Gemeindemitgliedschaft, die Giltigkeit der Wahlen