Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 55. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit. 213 
geladenen noch möglich ist, alles was in thatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht für ihn dienlich 
sein kann, vorzubringen, also spätestens vor Schluß der Verhandlung in zweiter Instanz (Parey 
a. a. O. S. 268, 274, 452: §§# #m, 95 L.V.G.). 3. Der Beigeladene tritt prozessualisch den 
Parteien mit den Rechten der letzteren als Nebenpartei zur Seite und kann auch selbstständig 
Rechtsmittel gegen die ihm zugestellten Endurtheile einlegen, falls er sich durch diese in seinen 
Rechten für verletzt erachtet (E. d. O. V. G. V S. 46). 4. Die Wirkung der Beiladung besteht 
darin, daß die in dem betr. Prozesse ergangene Entscheidung auch den Beigeladenen gegenüber 
gültig ist; d. h. daß sie sich auf das Urtheil berufen können, wie sie es auch gegen sich gelten 
lassen müssen. Darauf, ob sich die Beigeladenen im Prozesse als Nebenparteien betheiligt haben, 
wird es dabei nicht ankommen können; denn wenn sie auch die Rechte einer Partei auszuüben 
befugt sind und andererseits auf sie bezügliche Parteianträge gestellt werden können, so muß doch 
die Erstreckung der Entscheidung auf die Beigeladenen von diesen Umständen unabhängig sein, 
weil nach § 70 L.V.G. die Beiladung von Amts wegen erfolgt und der Vorschrift des § 79 
Abs. 3 L.V.G., daß die Entscheidung nur die im Streitverfahren vorgeladenen Parteien und 
die in demselben erhobenen Ansprüche betreffen darf, durch die Beiladung und die Beschränkung 
des Urtheils auf die Parteianträge genügt ist. 
B. Das Verfahren in den einzelnen Instanzen. Das Verfahren in erster 
Instan z. Dasselbe wird eingeleitet durch eine schriftliche Klage, welche beim Kreisaus- 
schusse auch durch eine zu Protokoll gegebene Erklärung ersetzt werden kann. In der Klage ist 
ein bestimmter Antrag zu stellen und sind die Person des Beklagten, der Gegenstand des An- 
spruchs, sowie die den Antrag begründenden Thatsachen genau zu bezeichnen (L.V.G. 8§ 63). 
Der Antrag auf mündliche Verhandlung im Verwaltungsstreitverfahren, welcher 
sowohl gegen Beschlüsse des Kreis-(Stadt)-Ausschusses, wie des Bezirksausschusses zulässig ist, 
ersetzt die Klage und muß deshalb auch alles enthalten, was für den Klageantrag erfordert 
wird, soweit dasselbe sich nicht aus den Verhandlungen bei der Behörde ergiebt (L.V.G. 8#69). 
Die Klage muß beim zuständigen Gerichte angebracht werden, jedoch sind Klagen 
gegen polizeiliche Verfügungen nach § 129 L.V.G. bei derjenigen Behörde anzubringen, gegen 
deren Verfügung sie gerichtet sind. Sehr häufig ist für die Anbringung der Klage bezw. des 
Antrags auf mündliche Verhandlung eine präklusivische Frist gesetzt, welche gemäß § 51 L.V. G. 
stets zwei Wochen beträgt. Die Anbringung der Klage bezw. des Antrags auf mündliche Ver- 
handlung hat gemäß § 53 L.V.G. aufschiebende Wirkung, hemmt sonach den Fortgang des 
betr. Verwaltungsverfahrens, sofern nicht nach § 53 die Ausführung der angefochtenen Ver- 
fügung oder Entscheidung angeordnet wird. Die Klage wird nach Eingang vom Gerichte ge- 
prüft; stellt sich dieselbe sofort als rechtlich unzulässig oder unbegründet dar, so kann sie durch 
einen mit Gründen versehenen Bescheid zurückgewiesen werden. Erscheint dagegen der erhobene 
Anspruch rechtlich begründet, so kann dem Beklagten ohne weiteres durch einen mit Gründen 
versehenen Bescheid die Klaglosstellung des Klägers aufgegeben werden. Namens des Kreis- 
ausschusses steht auch dem Vorsitzenden desselben, Namens des Bezirksausschusses dem Vor- 
sitzenden im Einverständnisse mit den ernannten Mitgliedern der Erlaß eines solchen Bescheides 
zu. Gegen den Bescheid kann innerhalb zweier Wochen vom Tage der Zustellung ab entweder 
die Anberaumung der mündlichen Verhandlung beantragt oder dasjenige Rechtsmittel einge- 
legt werden, welches zulässig wäre, wenn der Bescheid als Entscheidung des Kollegiums er- 
gangen wäre. Wird weder mündliche Verhandlung beantragt, noch das Rechtsmittel eingelegt, 
so gilt der Bescheid vom Tage der Zustellung ab als endgültiges Urtheil (L.V.G. § 64). 
Wird ein Bescheid gemäß § 64 a. a. O. nicht erlassen, so ist die Klage dem Beklagten 
mit der Aufforderungzzuzufertigen, seine Gegenerklärung innerhalb einer bestimmten, von einer 
bis vier Wochen zu bemessenden Frist schriftlich einzureichen bezw. beim Kreisausschusse zu 
Protokoll abzugeben (L.V.G. S§ 65, 68).
	        
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