Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 55. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit. 221 
beim Kreisausschusse und beim Bezirksausschusse 60 M., beim Oberverwaltungsgericht 150 M. 
nicht übersteigen darf und sich nach dem im Endurtheile festzusetzenden Werth des Streitobjekts 
bemißt (L. V.G. §§ 102 und 103). Für die Berechnung des Pauschquantums ist auf Grund 
des § 106 L.V.G. von den Ministern des Innern und der Finanzen unterm 8/11. 1876 ein 
Tarif aufgestellt worden (M. Bl. f. d. inn. V. S. 245). 
Die Erhebung des Pauschquantums findet nach § 107 L.V.G. nicht statt: 1. wenn der 
unterliegende Theil eine öffentliche Behörde ist, insoweit die angefochtene Verfügung oder Ent- 
scheidung derselben nicht lediglich die Wahrung der Haushaltsinteressen eines von der Behörde 
vertretenen Kommunalverbandes zum Gegenstande hatte (die baaren Auslagen des Verfahrens 
und des obsiegenden Theiles fallen in diesem Falle demjenigen zur Last, der nach gesetzlicher 
Bestimmung die Amtsunkosten der Behörde zu tragen hat); 2. wenn die Entscheidung ohne 
vorgängige mündliche Verhandlung erfolgt; 3. beim Kreisausschusse in den Fällen der §8§ 60 
bis 62 des Ausf.G. v. 8/3. 1871 zum U.W. G.; 4. beim Bezirksausschusse und beim Ober- 
verwaltungsgericht, soweit die Berufung oder Revision vom Vorsitzenden des Kreisausschusses bzw. 
Bezirksausschusses eingelegt worden war; 5. in den die Verwaltung der Armenpflege betr. Ange- 
legenheiten von denjenigen Personen (ausgenommen die Gemeinden), denen nach den Reichs-oder 
Landesgesetzen Gebührenfreiheit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zusteht. Solche Gebühren- 
freiheit haben A. nach reichsgesetzlicher Vorschrift: das Reich im Verfahren vor den Landesgerichten 
(Gerichtskostengesetz v. 10/6. 1878 § 98); B. nach Landesrecht (preuß. Gerichtskostengesetz v. 
10/5.1851, auch in Hessen-Nassau und Schleswig-Holstein eingeführt): 1. der Fiskus und alle 
Staatskassen; 2. alle öffentlichen Armen-, Kranken-, Arbeits= und Besserungsanstalten, ferner 
Waisenhäuser und milde Stiftungen, soweit sie nicht bloß für einzelne Familien oder Personen 
bestimmt sind; 3. alle öffentlichen Volksschulen; 4. gelehrte Anstalten, Kirchen, Pfarreien u. s. w., 
soweit ihre Einnahmen die etatsmäßigen Ausgaben nicht überschreiten, was durch ein Attest der 
vorgesetzten Behörde zu bescheinigen ist; 5. Privatunternehmungen, welchen der Finanzminister 
im Einvernehmen mit dem Ressortminister diese Befreiung ertheilt hat. Von Tragung bezw. 
Erstattung der Auslagen entbindet die Gebührenfreiheit nicht. 
Für die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen gelten die im Civilverfahren zur 
Anwendung kommenden Vorschriften (Gebührenordnung vom 30/6. 1878, R.G. Bl. S. 173); 
ebenso bestimmen sich die Gebühren der Rechtsanwälte nach der Gebührenordnung v. 7/7.1879 
(R.G.Bl. S. 176). 
Die Kosten und baaren Auslagen des Verfahrens, sowie die erforderlichen baaren Aus- 
lagen des obsiegenden Theiles sind dem unterliegenden Theile zur Last zu legen. Die Ge- 
bühren eines Rechtsanwalts des obsiegenden Theiles hat der unterliegende Theil nur insoweit 
zu erstatten, als dieselben für Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung vor dem Bezirks- 
ausschusse oder Oberverwaltungsgericht zu zahlen sind. An baaren Auslagen für die persönliche 
Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung vor dem Bezirksausschusse oder dem Oberverwalt= 
ungsgerichte kann die obsiegende Partei nicht mehr in Anspruch nehmen, als die gesetzlichen 
Gebühren eines sie vertretenden Rechtsanwalts betragen haben würden, es sei denn, daß ihr 
persönliches Erscheinen vom Gerichte angeordnet war (L. V.G. 103). 
Kosten und baare Auslagen bleiben dem obsiegenden Theile zur Last, wenn und soweit 
sie durch sein eigenes Verschulden entstanden sind (L.V.G. § 105). 
Von den vorstehenden Grundsätzen findet eine Ausnahme in denjenigen Sachen statt, 
in welchen, wie in Vorfluthsachen, Waldschutzsachen, Bewässerungs= und Entwässerungs- 
angelegenheiten u. s. w. nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift die Kosten der ersten Instanz 
stets dem Antragsteller zur Last fallen (Bismarck, das G. v. 3/7. 1875 S. 115 N. 2). 
Ferner können in Disciplinarsachen nach Analogie des Strafprozesses, im Falle der Frei- 
sprechung dem Staatsanwalt niemals Kosten (auch die baaren Auslagen des Angeklagten nicht) 
zur Last gelegt werden.
	        
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