8 Erstes Buch: Geschichtliche Einleitung. II. Kapitel. 83.
Domanialbesitz der Krone zum Staatsgut erklärt. Gleichzeitig bestätigte König Friedrich
Wilhelm J. eine bis dahin geheim gebliebene Fideikommißverfügung seines Vaters vom
J. 1710, inhaltlich deren König Friedrich I. das Staatsgebiet selbst, sowie andere unbeweg-
liche wie bewegliche Sachen als Fideikommiß zusammenfaßte, um möglichst die Vereinigung
aller Machtmittel des Staates in Einer Hand zu bewirken.
Die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. war aber für die preußische Monarchie
hauptsächlich um deswillen von so großer Bedeutung, weil dieser Fürst das brandenburgisch-
preußische Staatswesen zum einheitlich organisirten und absolut regierten Beamtenstaat machte
und für lange Zeit die Grundlagen des preuß. Verwaltungsrechts legte. Dazu kam, daß er
durch seine haushälterische Finanzpolitik und die Schaffung eines tüchtigen Heeres seinem
Sohne Friedrich II. die Mittel schuf, durch welche derselbe seine Erfolge erringen konnte.
Daß sich Friedrich Wilhelm I., wenn er sein Ziel erreichen wollte, um die schon unter seinen
Vorfahren möglichst zurückgedrängten Stände nichts kümmern konnte, ist begreiflich. Er hat
denn auch alle seine Reformen ohne Mitwirkung der Stände in den verschiedenen Landes-
theilen als absoluter Monarch durchgeführt).
Von seinen Reformen ist vor Allem die Finanzreform zu erwähnen, durch deren Maß-
regeln die Staatseinnahme von 3650000 Thlr. im Etatsjahre 1713/14 auf 7000000 Thlr.
im Etatsjahre 1739/40 gehoben wurden und außerdem noch die Ansammlung eines Staats-
schatzes von 10 Mill. Thlr. ermöglicht wurde. Dies Ziel wurde einmal durch bessere Be-
wirthschaftung der Domänen erreicht, deren Erträge einen großen Theil des Staatsein--
kommens bildeten; namentlich trat an die Stelle der Verpachtung einzelner Güter das System
der Generalpacht, die Verpachtung ganzer Aemter, so daß die Kammern nicht mehr mit einer
großen Anzahl kleiner Pächter, sondern nur mit den Generalpächtern zu thun hatten.
Dazu kam eine Reform der Steuerverfassung, dahin gehend, daß die noch bestehen-
den Matrikularbeiträge der Stände (Kontribution) durch unmittelbare Staatssteuern ersetzt
wurden. Zu diesem Zwecke wurde die Accise noch auf weitere Städte ausgedehnt und das
Kontributionswesen des flachen Landes in der Weise neu geregelt, daß ein für allemal gesetz-
lich fest bestimmte Staatssteuern eingeführt wurden. Nachdem durch Edikt vom 5. Januar
1717 die Lehen allodificirt und der ritterliche Kriegsdienst, durch die Lehenpferdegelder, eine
Art Grundsteuer, ersetzt waren, war auch der Adel der Steuerpflicht unterworfen.
Die Entwickelung des Staatswesens wie der Finanzverwaltung hatte es mit sich ge-
bracht, daß die Staatseinkünfte sich in zwei Hauptzweige theilten, in die Domänengefälle und
die in erster Linie zum Unterhalt des Heeres bestimmten Einkünfte (Kontribution und Accise).
In Folge dessen war auch die Finanzverwaltung eine doppelte. Das Generalfinanz-
direktorium, dem in den Provinzen die Amtskammern untergeben waren, hatte die Ver-
waltung und Leitung der Domänen-, Holz-, Jagd-, Münz= und Bergwerkssachen. Dem
Generalkriegskommissariat, dem in den Provinzen die Kriegskommissariate
unterstanden, oblag Alles, was die Verpflegung und Einquartierung der Truppen, die
Unterhaltung der Festungen, die Accise, die Handwerks-, Fabrik= und Polizeiangelegen-
heiten betraf?). Zwischen beiden Behördenorganismen waren nun Zwistigkeiten und Reibereien
sehr häufig und gingen diese Streitigkeiten um so tiefer, als die Amtskammern nicht selten
die ständischen Interessen vertreten zu müssen glaubten, während sich die Kommissariate als
Vertreter des absoluten Monarchen fühlten. Diesen Dualismus beseitigte der König dadurch,
daß er durch die Instruktion vom 20. Dezember 1722 und das Notifikationspatent vom
24. Januar 1723 das Generalfinanzdirektorium und das Generalkriegskommissariat zu einer
1) Bekannt ist, daß er im J. 1717 den preußischen Ständen, welche gegen die Ersetzung der
Matrikularbeiträge durch Staatssteuern protestirten, erklärte: „Ich stabilire die Souverainété wie einen
Rocher de Bronce.“
2) Ueber die Ausdehnung der Kompetenz der Kriegskommissariate s. o. S. 6.