§ 57. Zuständigkeitsstreite. 227
präsidenten zur persönlichen Erledigung überwiesen sind, hat das Plenum der Regierung den
Konflikt zu erheben. Ob Konflikt zu erheben ist, hat die Behörde nach ihrem Ermessen zu be-
stimmen, d. h. sie hat zu prüfen, ob die betreffende Sache nach den über die Kompetenzab-
grenzung zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden geltenden Vorschriften in die Zuständig-
keit der Verwaltungsbehörden gehört.
Die Erhebung des Kompetenzkonfliktes erfolgt bei dem Gerichte, bei dem die Sache an-
hängig ist, durch schriftliche mit Gründen versehene Erklärung der Verwaltungsbehörde, daß
der Rechtsweg für unzulässig erachtet werde. Die Wirkung dieses Aktes ist die von selbst ein-
tretende Unterbrechung des Prozeßverfahrens im Sinne des § 226 Abs. 1 u. 2 C. Pr. O. für
die Dauer des den Kompetenzkonflikt betr. Verfahrens. Deshalb muß auch nach § 19 V. v.
1/8. 1879 das Gericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem in dem
unterbrochenen Rechtsstreit erlassenen und vorläufig vollstreckbaren Urtheil von Amtswegen
durch eine Entscheidung anordnen, welche durch ein Rechtsmittel nicht anfechtbar ist.
Das Gericht hat die Verwaltungsbehörde von dem Eingange ihrer Erklärung und die
Parteien von der Erhebung des Kompetenzkonflikts unter Uebersendung einer Abschrift jener
Erklärung von Amts wegen zu benachrichtigen. Ist die Sache bei einem Gerichte höherer In-
stanz anhängig, so sind die Prozeßakten unter Beifügung der Erklärung der Verwaltungsbe-
hörde und der Zustellungsurkunden über die Benachrichtigung der Parteien dem Gerichtsschreiber
des Gerichtes erster Instanz zurückzusenden.
Die den Parteien gestattete Einreichung eines Schriftsatzes über den Kompetenzkonflikt
hat immer bei dem Gericht erster Instanz binnen Monatsfrist zu erfolgen. Der Prozeßbetrieb
ist in die Hand des Gerichts gelegt. Dasselbe hat die Schriftsätze der Gegenpartei und der
Verwaltungsbehörde in Abschrift mitzutheilen, oder der Letzteren von dem Nichteingange von
Schriftsätzen Anzeige zu machen, und nach Ablauf der Monatsfrist, sonst nach Eingang der
Schriftsätze die Akten mittelst gutachtlichen Berichts an das Oberlandesgericht einzusenden.
Das Oberlandesgericht überreicht dieselben unter Beifügung seines Gutachtens dem
Justizminister. Diese beiden gerichtlichen Gutachten, deren erstes den besonderen Zweck hat,
dem Gerichte die Möglichkeit zu geben, Gesichtspunkte mehr lokaler Art, welche für die Ent-
scheidung wichtig werden können, anzuführen, sind gewissermaßen die Parteischriften des
Gerichts.
Der Justizminister sendet unter Benachrichtigung des betheiligten Verwaltungschefs die
Akten und die Gutachten der Gerichte an den Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenz-
konflikte.
Diesem Geschäftsgange bei den Gerichten entsprechend, hat inzwischen die Provinzial-
verwaltungsbehörde an den betheiligten Verwaltungschef Anzeige von der Erhebung des Kom-
petenzkonflikts zu erstatten und unter Vorlegung der Erklärungen der Parteien auch ihrerseits
gutachtlich zu berichten (§ 11 Abs. 1 der V. v. 1/8. 1879).
Der Verwaltungschef kann dem Gerichtshofe eine schriftliche Erklärung über den Kom-
petenzkonflikt einreichen (§ 11 Abs. 2 a. a. O.) oder aber denselben zurücknehmen. In diesem
Falle gehen die Akten von dem Gerichtshof durch die Hand des Justizministers an das Gericht
zurück, bei welchem die Sache anhängig war. Letzteres hat die Parteien von Amtswegen von
der Zurücknahme des Kompetenzkonflikts zu benachrichtigen (§ 11 a. a. O.).
Terminsanberaumung und Parteienladung nimmt der Gerichtshof von Amtswegen vor
und hat (§ 13 der V.) die Bestimmung des Termins dem betheiligten Verwaltungschef anzu-
zeigen, welcher einen Beamten mit seiner Vertretung beauftragen kann. Gemäß § 17 des G.V. G.
erfolgt die Entscheidung des Gerichtshofes auf Grund mündlicher Verhandlung in öffentlicher
Sitzung.
Für die Vertretung der Privatparteien des Rechtsstreits gelten die Grundsätze des An-
waltsprozesses. Da sie als eigentliche Parteien in dem Kompetenzkonflikt nicht gelten, so ist
15“