228 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. 8 58.
diese Verhandlungsbefugniß ein Recht, keine Pflicht. Weder das Erscheinen der Partei, noch
das Erscheinen ihres etwaigen Vertreters ist geboten (8 13 a. a. O.).
Ihre Anhörung, sowie diejenige des von dem Verwaltungschef abgeordneten Beamten
erfolgt, nachdem ein von dem Vorsitzenden beauftragtes Mitglied des Gerichtshofes eine Dar-
stellung der bisher stattgefundenen Verhandlungen gegeben hat. Die Bestimmung über Fäll-
ung und Verkündigung des Urtheils sind den Grundsätzen der C. Pr. O. (88 280, 281, 284,
286, 288) nachgebildet.
Das Urtheil beschränkt sich lediglich auf die Entscheidung, ob der Rechtsweg zulässig
oder unzulässig sei. In die sachliche Entscheidung des Rechtsstreites selbst greift es in keiner
Weise ein. In dieser Beziehung ist es einem Urtheil, durch welches über eine prozeßhindernde
Einrede entschieden wird, gleichzustellen.
Das Gericht, bei welchem die Sache anhängig war hat nach Empfang einer Ausfertigung
des Urtheils die Zustellung an die Parteien zu bewirken. Ist der Rechtsweg für zulässig er-
klärt oder der Kompetenzkonflikt zurückgenommen worden, so erfolgt die Wiederaufnahme des
Verfahrens nach Maßgabe des §227 der C. Pr. O. Die Entscheidung, wodurch eine einstweilige
Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urtheil verfügt worden
war, wird von Amtswegen zurückgenommen.
Ist dagegen durch das Urtheil die Unzulässigkeit des Rechtswegs ausgesprochen worden,
so ist der ordentliche Rechtsstreit beendet. Das Kompetenzkonfliktverfahren ist kosten-, auslage-
und gebührenfrei.
Ein Rechtsmittel kann gegen die Entscheidung des Kompetenzkonflikts nicht eingelegt
werden.
Der negative Kompetenzkonflikt findet auf Antrag einer Partei statt, wenn in einer
Sache einerseits die Gerichte und andererseits die Verwaltungsbehörden endgültig ihre Zu-
ständigkeit ausgesprochen haben, weil von den Gerichten die Verwaltungsbehörden und diese
umgekehrt von jenen für zuständig erklärt worden sind ½.
Den Verwaltungsbehörden, zu denen nach §22 V. v. 1/8. 1879 auch die Auseinander-
setzungsbehörden gehören, sind die Verwaltungsgerichte grundsätzlich gleichgestellt. Zwischen
Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten findet dagegen der negative Kompetenzkonflikt
nicht statt. Nach § 113 L.V.G. entscheidet das Oberverwaltungsgericht endgültig über die
Frage, ob etwas Verwaltungsstreitsache ist oder nicht.
Nach der Natur des negativen Konflikts kann die Rechtskraft der gerichtlichen Entschei-
dung der Erhebung des Konflikts nicht entgegenstehen, ist vielmehr Voraussetzung derselben.
Ebenso muß das Gericht, bezw. die Verwaltungsbehörde, an welche der Kompetenzgerichtshof
die Sache verweist, durch die Entscheidung desselben gebunden sein.
Liegt ein negativer Konflikt vor, so hat die betreffende Partei den Antrag auf Ent-
scheidung desselben bei dem Gerichte anzubringen, bei dem die Sache in erster Instanz an-
hängig war; der Antrag ist der Gegenpartei, welche innerhalb Monatsfrist einen Schriftsatz
einreichen kann, von Amtswegen mitzutheilen. Im Uebrigen finden die §§ 9—17, 20 V.
v. 1/8. 1879 entsprechende Anwendung. Der Gerichtshof hat in seinem Urtheile die demselben
entgegenstehenden Entscheidungen aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung
und Entscheidung an die betr. Instanz zu verweisen (§ 21 d. V.).
§ 58. Die Zwangsgewalt und das Verwaltungszwangsverfahren?). I. Unter
Zwangsgewalt versteht man die Befugniß der Behörden, die Beobachtung und Befolgung der
1) Ist die Entscheidung vom Reichsgerichte ergangen, so ist ein Kompetenzkonflikt nicht zulässig (s. o.).
2) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4 Aufl., I, S. 434 ff. — Stengel, Lehr-
buch des deutschen Verw.-Rechts, S. 193 ff. — Derselbe, Die Organisation u. s. w. S. 459 ff. —
G. Meyer, Art. Zwangsgewalt und Verwaltungszwangsverfahren in Stengel's Wörter-
buch des Verw.-Rechts, II, S. 1008 f. u. 800 ff. — Grotefend, Preuß. Verw.-Recht, S. 276 ff. —
Voullieme und Eisenach, das Verwaltungszwangsverfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen