Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

230 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. § 58. 
In dieser Beziehung hatten die §§ 79—83 a. Kr. O. die Befugnisse des Landraths, der 
Amtsvorsteher und der Orts-(Gemeinde-, Guts-Vorsteher bei „Ausübung ihrer Polizeige- 
walt“ geregelt. Dabei ließ der § 80 a. Kr.O. als Rechtsmittel sowohl gegen die Androhung, 
als gegen die Festsetzung der zu ihrer Erzwingung angedrohten Strafe die Berufung bezw. 
Klage an das Verwaltungsgericht bezw. den Kreisausschuß zu. Das Zuständigkeitsgesetz vom 
26/6. 1876 dehnte im § 33 die Bestimmungen des § 79 Kr.O. auf die Polizeiverwalter 
in Städten aus und gab in § 34 nicht nur gegen die Festsetzung, sondern auch gegen die An- 
drohung und Ausführung eines Zwangsmittels die gleichen Rechtsmittel (Beschwerde oder 
Klage) wie gegen polizeiliche Verfügungen — welche in §§ 30—32 Z.G. in Bezug auf die 
Rechtsmittel besonders behandelt waren —, mit der Modifkation jedoch, daß die Klage auch 
auf die Behauptung gestützt werden konnte, daß das Zwangsmittel nach Art und Höhe nicht 
gerechtfertigt oder nach Lage der Sache zur Erreichung des angeordneten Zweckes überhaupt 
nicht erforderlich sei. 
In den 88 68— 71 Org.G., welche in den §§ 132— 135 L.V.G. wörtlich wiederholt 
sind, ist sodann eine vollständige Neuregelung der ganzen Materie erfolgt. 
Zuständige Behörden und zulässige Zwangsmittel. Nach § 132 L.V. G. 
sind der Regierungspräsident, der Landrath, die Ortspolizeibehörde und der Gemeinde-(Guts) 
Vorsteher berechtigt, die von ihnen in Ausübung der obrigkeitlichen Gewalt getroffenen, 
durch ihre gesetzlichen Befugnisse gerechtfertigten Anordnungen durch Andordnung folgender 
Zwangsmaßregeln durchzusetzen: 1. Die Behörde hat, soferne es thunlich ist, die zu erzwin- 
gende Handlung durch einen Dritten ausführen zu lassen und den vorläufig zu bestimmenden 
Kostenbetrag im Zwangswege, also nach Maßgabe der oben besprochenen V. v. 7/9. 1879 von 
den Verpflichteten beizutreiben. 2. Kann die zu erzwingende Handlung nicht durch einen 
Dritten geleistet werden, — oder steht es fest, daß der Verpflichtete nicht im Stande ist, die 
aus der Ausführung durch einen Dritten entstehenden Kosten zu tragen, oder soll eine Unter- 
lassung erzwungen werden, so sind die Behörden berechtigt, Geldstrafen anzudrohen und festzu- 
setzen und zwar: a) der Gemeinde-(Guts-)Vorsteher bis zur Höhe von 5#; b) die Ortspolizei- 
behörden und die städtischen Gemeindevorsteher (Vorstände) in einem Landkreise bis zur Höhe 
von 60 #; c) die Landräthe, sowie die Polizeibehörden und Gemeindevorsteher (Vorstände) 
in einem Stadtkreise bis zur Höhe von 150 M; d) der Regierungspräsident bis zur Höhe von 
300 —. Gleichzeitig ist nach Maßgabe der §§ 28, 29 R. Str.G.B. die Dauer der Haft fest- 
zusetzen, welche für den Fall des Unvermögens an die Stelle der Geldstrafe treten soll. Der 
Höchstbetrag dieser Haft ist: in den Fällen zu a) = ein Tag; zu b) = eine Woche; zuc) — 
zwei Wochen; zu d) = vier Wochen. 3. Unmittelbarer Zwang darf nur angewendet werden, 
wenn die Anordnung ohne Anwendung eines solchen nicht ausführbar ist. Hervorzuheben ist, 
daß in § 132 L.V.G. lediglich die Hauptkategorien der mit der Zwangsgewalt ausgestatteten 
Behörden und Beamten aufgeführt sind, da es praktisch nicht wohl anging, alle einzelnen 
Beamtenkategorien zu nennen. Aus den aufgeführten Hauptkategorien der Behörden er- 
giebt sich aber die Norm für die nicht genannten in sinngemäßer Anwendung, wie denn 
auch § 134 L.V.G.1) die Bestimmung des 6. Titels auf die besonderen Beamten und 
Organe, welche zur Beaufsichtigung der Fischerei vom Staate bestellt sind, in sinn- 
gemäßer Weise für anwendbar erklärt hat. Hervorzuheben ist ferner, daß die Anwendung 
der in § 132 L.V.G. erwähnten Zwangsmittel nicht auf die polizeilichen Angelegenheiten 
und nicht auf diejenigen Behörden beschränkt ist, die lediglich die Polizeigewalt haben. Aus 
dem Gesagten ergiebt sich auch, daß durch die Einräumung des Rechts zur Anwendung von 
Zwangsmitteln an den Regierungspräsidenten die in der Instruktion v. 23/10. 1817 und 
  
1) Vgl. auch § 94 Abs. 4 Zust.-G. bezüglich der Vorstände öffentlicher Wassergenossenschaften 
(§ 54 G. v. 1/4. 1879).
	        
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