8 61. Das Staatsvermögen. 243
Bestandtheilen des Verwaltungsvermögens, von denen ausnahmsweise (z. B. durch Vermieth-
ung eines Theiles eines amtlichen Gebäudes) eine Einnahme bezogen wird (vgl. unten sub IIp.
3. Die Veräußerung der Domänen (des Staatsguts)#9). Durch das Ed. vom
13/8. 1713 war die Veräußerung der Domänen unbedingt verboten worden. Nach dem A.L.R.
II, 14, §§ 16—20 können Domänengüter nur insoweit an Privatbesitzer gültig gelangen, als
der Staat dagegen auf andere Weise schadlos gehalten worden, und zwar werden in § 17
a. a. O. als zulässige Geschäfte Tausch, Vererbpachtung und Vertheilung an Unterthanen zum
erblichen Besitze gegen fortwährende Zinsen hervorgehoben. Bei derartigen Rechtsgeschäften
gilt die Vermuthung, daß die Schadloshaltung verhältnißmäßig gewesen sei. Wer wissentlich
den Besitz eines Domänengutes ohne dergleichen Schadloshaltung an sich gebracht hat, soll als
unredlicher Besitzer angesehen werden.
Neuerliche Vorschriften enthielt das mit Zustimmung der Agnaten und der Stände der
einzelnen Provinzen ergangene Hausgesetz v. 17/12. 1808 nebst Ed. vom 6/11. 1809 (G.S.
1809 S. 604), welches bestimmte: 1. Was die Domänen anlangt, deren Ertrag zu den öffent-
lichen Ausgaben bestimmt ist, so sollen jeder Zeit nur die Bedürfnisse des Staats und die An-
wendung einer vernünftigen Staatswirthschaft darüber entscheiden, ob ihre Veräußerung durch
Verkauf an Privateigenthümer oder durch Vererbpachtung oder mittels eines andern Titels für
das gemeinsame Wohl und das Interesse des königlichen Hauses nothwendig oder vortheilhaft
sei. 2. Die oben erwähnten Vorschriften des A.L. R. II, 14, §§ 16 ff. wurden dahin erklärt,
daß a) eine Verschenkung von Domänen unzulässig ist, vielmehr jederzeit vom Geschenkgeber
selbst wie von seinem Nachfolger widerrufen werden kann; b) der jedesmalige Souverän be-
fugt ist, die zu den Domänen gehörigen Bauerngüter, Mühlen, Krüge und andere Pertinenzen
entgeltlich zu veräußern, wenn er dies den Grundsätzen der staatswirthschaftlichen Verwaltung
gemäß findet; auch das volle Eigenthum an bäuerlichen Besitzungen nach Maßgabe der V. v.
27/7. 1808 ohne Bezahlung eines Kaufgeldes zu übertragen; c) der Sonverän hinsichtlich der
übrigen Domänengrundstücke zur Vererbpachtung unbeschränkt, zum Verkaufe, zur Verpfändung
oder sonstigen dinglichen Belastung aber nur dann befugt ist, wenn das wahre Bedürfniß des
Staates eintritt und mit dem Kaufgelde oder dem erliehenen Kapitale Schulden des Staates
bezahlt werden müssen, die in der Erhaltung derselben entstanden sind. Bei den über derartige
Rechtsgeschäfte errichteten Urkunden sollte der Kronprinz und der älteste Prinz des königlichen
Hauses zugezogen werden. 3. Der Erwerber der hiernach rechtmäßig veräußerten Domänen=
grundstücke sollte gegen jeden fiskalischen Anspruch geschützt sein, der auf Vernichtung des über
die Veräußerung oder Verpfändung geschlossenen Kontrakts unter dem Vorwande der Unver-
äußerlichkeit der Domänen gehen würde.
Die vorstehend erwähnten Vorschriften, welche nach der Deklaration vom 6/7. 1812
(G. S. S. 108) sich nicht auf die säkularisirten geistlichen Güter bezog, deren Veräußerung und
Verpfändung allein vom Willen des Königs abhängig blieb, traten natürlich nur in den Ge-
bietstheilen in Kraft, die von 1807—1814 zum preußischen Staate gehörten. In Bezug auf die
1) Rönne a. a. O. S. 770. Einen besonderen Bestandtheil des Staatsvermögens bildete
früher der auf der Kab.O. v. 17/1. 1820 § 1 beruhende Preuß. Staatsschatz, dem die durch diese
Kab.O. und durch die Kab.O. v. 17/6. 1826 §llI ihm überwiesenen Einnahmen zuflossen. Als in Folge
der Mobilmachung des Jahres 1866 der Staatsschatz zum größten Theile aufgebraucht war, wurde durch
das G. v. 28/9. 1866 § 2 (G. S. S. 607) bestimmt, daß aus den gezahlten Kriegsentschädigungsgeldern
der Staatsschatz mit 27½ Mill. Thalern wieder zu dotiren jei, daß die demselben durch die Kab.O.O
v. 17/1. 1820 und 17/6. 1826 überwiesenen Einnahmen, sobald die baaren Bestände desselben durch fernere
Einziehungen über 30 Mill. Thlr. erhöht werden würden, den allgemeinen Staatsfonds als Einnahmen
zufließen sollten, und daß sie, soweit über dieselben nicht als Deckungsmittel verfügt wird, zur Tilgung
von Staatsschulden zu verwenden und an die Staatsschuldentilgungskasse abzuführen seien. Nachdem
jedoch durch das R.G. v. 11/11. 1871 (N.G. Bl. S. 403) ein Reichskriegsschatz geschaffen worden war,
erfolgte durch G. v. 18/12. 1871 (G. S. S. 593) die Aufhebung des preuß. Staatsschatzes.
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