Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

10 Erstes Buch: Geschichtliche Einleitung. II. Kapitel. 84. 
Vater geschaffenen tüchtigen Heeres und des ihm hinterlassenen Staatsschatzes das Staats- 
gebiet durch die Eroberung von Schlesien (Präliminarvertrag vom 11/6. 1742, bestätigt am 
28/6. 1742, zu Berlin, Dresdner Frieden vom 25/12. 1745, und Hubertusburger Frieden 
vom 15/2. 1763) um 642 Quadratmeilen und 1009 000 Einwohner vergrößertt). Auf 
Grund einer von Kaiser Leopold I. dem kurfürstlichen Hause Brandenburg 1694 ertheilten An- 
wartschaft nahm ferner Friedrich im J. 1744 nach dem Tode des letzten einheimischen Fürsten 
das Fürstenthum Ostfriesland nebst dem Harlinger Lande (54 Quadratmeilen) in Besitz. 
Einen erheblichen Zuwachs (600 Quadratmeilen) brachte sodann die im J. 1772 er- 
folgte erste Theilung Polens. Preußen erhielt Westpreußen sammt dem Ermelande, dem 
Kulmerlande und der Stadt Elbing mit ihrem Gebiete, jedoch mit Ausnahme der Städte 
Danzig und Thorn, ferner Großpolen bis zur Netze, aus Theilen der Woiwodschaften Posen, 
Gnesen und Inowraclaw bestehend. Durch Grenzvergleich von Warschau (1776) kamen noch 
einige links der Netze liegende Distrikte dazu. Endlich erfolgte noch ein kleiner Zuwachs 
durch den Lehensanfall eines Theiles der Grafschaft Mannsfeld nach dem Tode des letzten 
Grafen Johann Wenzel (31/3. 1786). 
Im Ganzen vermehrte sich der preuß. Staat unter Friedrich II. um 1380 Quadrat- 
meilen und 3 200 000 Einwohner und umfaßte bei seinem Tode 3540 Quadratmeilen und 
5½ Mill. Einwohner. 
Um die durch die glücklichen Kriege erreichte Machtstellung seines Staates zu erhalten, 
war Friedrich der Große genöthigt, eine stets schlagfertige große Armee auf den Beinen zu 
haben. In der Friedenszeit von 1763— 1768 brachte er sein Heer auf 200 000 Mann. Der 
Unterhalt eines so zahlreichen Heeres war nur durch die äußerste Anspannung aller finan- 
ziellen Kräfte des Landes möglich, zumal Friedrich der Große trotz aller Kriege seinem Nach- 
folger einen Staatsschatz von 60 Mill. Thalern und keine Staatsschulden hinterließ. 
Der Steuerdruck war aber auch ein unerträglicher geworden und die Münzverschlech- 
terung während des siebenjährigen Krieges hatte dem wirthschaftlichen Leben große Nachtheile 
zugefügt. Nach dem siebenjährigen Kriege hatte der König noch den Mißgriff begangen, die 
Verwaltung aller Accise und Zolleinkünfte des Staates an französische Unternehmer (admini- 
stration générale des accises et péages) zu übertragen, eine Einrichtung, die die gehofften 
finanziellen Vortheile nicht brachte, in der Bevölkerung aber die größte Erbitterung hervorrief. 
Auf dem Gebiete der inneren Verwaltung behielt Friedrich II. durchaus die Ein- 
richtungen und Behördenorganisationen seines Vaters bei, wonach die gesammte Verwaltung 
sowohl in den Städten, wie auf dem Lande ausschließlich in den Händen königlicher Beamten 
lag. In den Städten bestanden besondere Behörden für Polizei und Steuerverwaltung, auf dem 
Lande war die gesammte Verwaltung im Landrathe vereinigt, der allmählich aus einem 
ständischen ein königlicher Beamter geworden war. Die höheren Instanzen bildeten die 
Kriegs= und Domänenkammern und als Centralbehörde ausnahmsweise ein Provin- 
zialminister (3. B. in Schlesien), in der Regel aber das Generaldirektorium, in welchem 
einige neue Departements gebildet wurden (für Manufaktur= und Kommerzsachen, für Magazins, 
Proviant-, Marsch= und Einquartirungssachen, für Berg= und Hüttenwesen und Verwaltung 
der Forsten). Neben dem Generaldirektorium, welches für das Finanzwesen und die ganze 
innere Verwaltung zuständig war, bestand noch ein Justizministerium und ein geheimes 
Kabinetsministerium für die auswärtigen Angelegenheiten, welches aber nur geringe Be- 
deutung hatte, da Friedrich II. die auswärtige Politik persönlich leitete. 
  
Gesch, des preuß. Beamtenthums, Bd. III, S. 204 ff. — E. Meier, die Reform der Verwaltungs- 
organisation unter Stein und Hardenberg, S. 1 ff. 
1) Die hinsichtlich der Rechtsansprüche Preußens auf Schlesien seiner Zeit veröffentlichten Denk- 
schriften finden sich bei H. Koser, Preuß. Staatsschriften aus der Regierungszeit König Friedrichs II. 
(1740—1755), Berlin 1877.
	        
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