Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

244 Viertes Buch: Die Finanzverwaltung. I. Kapitel. 86I. 
1815 neu oder wieder erworbenen Gebiete bestimmte die V. v. 9/3. 1819 (G.S. S. 73) ohne 
Rücksicht darauf, ob daselbst das Allgemeine Landrecht eingeführt war oder nicht und ohne eine 
Mitwirkung der Agnaten des königlichen Hauses zu erwähnen, Folgendes: 1. Die rechtliche 
Natur und die Veräußerlichkeit der Domänen ist nach den Vorschriften des A.L.R. II, 14 zu 
beurtheilen; die Veräußerung derselben wie die Ablösung von Domanialrenten, Erbpachts- 
geldern und anderen Grundabgaben, Zinsen, Zehnten und Diensten ist daher nur gegen ge- 
nügende Schadloshaltung des Staates gestattet. 2. Mit dem Verkaufe der Domänen und mit 
Ablösung der Domanialgefälle und Rechte kann in den gedachten Provinzen mit staatswirth- 
schaftlicher Rücksicht auf bleibende Vortheile für den Staat verfahren werden; es müssen jedoch die 
dadurch erzielten Gelder ausschließlich zum Abtrag gekündigter Domänenpassivkapitalien und 
zur Bezahlung allgemeiner, zur Erhaltung und zum wahren Bedürfnisse des Staates gemachter 
Staatsschulden verwendet werden. 3. Verschenkungen von Domänen sind unstatthaft; aus- 
nahmsweise werden die Dotationen bestätigt, welche in Beziehung auf die Ereignisse der Jahre 
1813, 1814 und 1815 in den erwähnten Provinzen gemacht sind, wogegen vorbehalten wird, 
heimfallende Lehen statt jener Dotationsgüter dem staatlichen Domanialvermögen einzu- 
verleiben 1. 
Für die im Jahre 1866 mit der preußischen Monarchie vereinigten Gebietstheile hat 
endlich die V. v. 5 7. 1867 (G.S. S. 1182) bestimmt, daß in Ansehung der rechtlichen Eigen- 
schaft und der Veräußerlichkeit der zu den Domänen gehörigen Gegenstände in diesen Gebiets- 
theilen, die im A.L. R. II, 14 816—18 enthaltenen Bestimmungen gelten sollen und daß dem- 
gemäß in Absicht der Zulässigkeit der Veräußerung, insbesondere des Verkaufs dieses, wie an- 
deren Staatseigenthums und der Ablösung von Domanialrenten, Erbpachtsgeldern und anderen 
Grundabgaben, Zinsen, Zehnten und Diensten, alles darauf beruht, daß sie nicht anders ge- 
schehen, als unter genügender Schadloshaltung des Staats ?. 
Die zur Zeit des absoluten Staats erlassenen Vorschriften bezüglich der Veräußerung 
der Domänen waren natürlich für die Staatsbehörden in jeder Hinsicht bindend, den absoluten 
Monarchen konnten sie aber nur solange und nur insoweit beschränken, als er die betreffenden 
Bestimmungen nicht einseitig wieder aufhob, bezw. im einzelnen Falle von denselben dispen- 
sirte. Soweit diese Vorschriften nicht bloß dienstliche Anweisungen für die Behörden sind, 
sondern die Eigenschaft materieller Gesetze haben, ist dies seit Erlassung der Verfassungs-Ur- 
kunde dahin geändert, daß der König diese Vorschriften nicht einseitig aufheben, auch nicht von 
  
1) Bezüglich des Erwerbs von Domänen durch Verjährung (Ersitzung) bestimmt das A.L. R. 
II, Tit. 14 §§ 35—43, daß das Eigenthum der Domänen (worunter ganze Domänengüter zu verstehen 
sind), nicht durch Verjährung entzogen werden kann, und daß jeder Besitzer eines Domänengutes den 
Rechtsgrund seines Besitzes nachweisen muß, mit der Maßgabe, daß wer sich in einem 44jährigen Be- 
sitze eines solchen Gutes befindet, die Vermuthung des redlichen Besitzes für sich hat. Außerdem schützt 
auch der Besitz eines Domänengutes im Normaljahre, welches für die zur Zeit der Erlassung des 
Landrechts zum preuß. Staate gehörigen Landestheile auf 1740, für Westpreußen auf 1797, für die 
Rheinprovinz auf 1815 festgesetzt wurde, vor den Ansprüchen des Fiskus. „Wird nicht über das Eigen- 
thum eines Domänenguts, sondern nur über einzelne Pertinenzstücke desselben oder über Dienstbarkeits- 
und andere Rechte, welche das Domänenamt gegen einen Dritten oder dieser gegen das Amt, sich an- 
maßt, gestritten, so finden die allgemeinen Grundsätze von der Verjährung gegen den Fiskus Anwendung.“ 
2) Keinerlei Bestimmungen hinsichtlich der Domänen wurden getroffen bei Erwerbung der hohen- 
zollern'schen Lande und von Lauenburg, da in den hohenzollern'schen Landen die eigentlichen 
Domänen einschließlich der Forsten nach Maßgabe des Vertrags v. 7/12. 1849 (G. S. 1850, S. 289) 
fürstliches Eigenthum blieben, in Lauenburg aber der bisherige staatliche Domänenbesitz mit der Ein- 
verleibung in Preußen Eigenthum des Kommunalverbandes wurde (vgl. G. v. 23/6. 1876 und Ver- 
trag v. 15/3. 1876, G. S. S. 169). In beiden Landestheilen besitzt daher der Staat nur einzelne für 
öffentliche Zwecke benützte Grundstücke, für welche die allgemeinen Vorschriften des Privatrechts maß- 
gebend sind. — Bezüglich Helgoland vgl. V. v. 17/5. 1893 (G.S. S. 91), betr. die Auseinandersetzung 
zwischen dem Staate und der Gemeinde Helgoland hinsichtlich der Grundstücke des bisherigen Helgo- 
länder Gemeinwesens.
	        
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