8 65. Die geschichtliche Entwickelung der preuß. Gesetzgebung über die direkten Steuern. 257
Erwerbsgesellschaften zur Einkommensteuer herangezogen werden und im Uebrigen den Gemeinden über-
lassen ist, die Bergbautreibenden zu den kommunalen Einkommensteuern heranzuziehen und die Be-
triebe selbst der gewerblichen Kommunal-Besteuerung zu unterwerfen.
2. Behufs Erleichterung und anderweitiger Regelung der öffentlichen Lasten der Gemeinden
(Gutsbezirke) werden der Staatskasse gegenüber außer Hebung gesetzt: a) die nach den Gesetzen vom
21/5.1861, sowie nach den hierzu ergangenen ergänzenden und abändernden Gesetzen veranlagte Grund-
und Gebäudesteuer; b) die nach dem G. v. 14/6. 1891 veranlagte Gewerbe= und Betriebssteuer (8 1).
3. Die Vorschriften der in den §§ 1 und 2 bezeichneten Gesetze bleiben, soweit nicht in dem
gegenwärtigen Gesetz und im Kommunalabgabengesetz Abweichendes bestimmt ist, in Kraft 1). Die
Veranlagung und Verwaltung der Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer wird, soweit nicht im
gegenwärtigen Gesetz Abweichendes bestimmt ist, unter Aufrechthaltung der dieserhalb bestehenden gesetz-
lichen Einrichtungen vom Staate für die Zwecke der kommunalen Besteuerung ausgeführt. Die Ver-
anlagung ist auf diejenigen Liegenschaften, Gebäude und Gewerbebetriebe auszudehnen, welche von der
entsprechenden Staatssteuer freigeblieben, aber gemäß den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes
der Kommunalsteuerpflicht unterworfen sind. Für die Veranlagung gelten, soweit nicht im gegenwärtigen
Gesetz und im Kommunalabgabengesetz Abweichendes bestimmt ist, die allgemeinen gesetzlichen Vor-
schriften, welche bei der Heranziehung zu den entsprechenden Staatssteuern anzuwenden gewesen sein
würden. Insbesondere sind gegen die Veranlagung dieselben Rechtsmittel zulässig, mit denen die Ver-
anlagung der entsprechenden Staatssteuer hätte angefochten werden können (88 3, 4).
Bezüglich dieser Bestimmungen ist in der Begründung des Entwurfs bemerkt, daß im Kommunal=
abgabengesetze allerdings die Einführung besonderer Steuern vom Grundbesitze und Gewerbebetrieb
zugelassen und daß auch die Einführung besonderer kommunaler Realsteuern aus verschiedenen Gründen
anzustreben sei, daß sich aber die Entwickelung auf diesem Gebiete nur langsam vollziehen werde und
daß es sich deshalb empfohlen habe, die Fortführung der gesammten staatlichen Veranlagung und Ver-
waltung der bestehenden Ertragssteuern mit Ausnahme der Betriebssteuer, bezüglich welcher in den
§8§ 12 und 13 besondere Bestimmungen ergangen sind, unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung der hierauf
bezüglichen Gesetze vorzuschreiben. Dadurch sind die Gemeinden in die Lage versetzt, die veranlagten
Steuern durch Bestimmung von Prozentsätzen in demjenigen Umfange weiter zu erheben, der durch
den Steuerbedarf unter Anwendung der Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes bedingt wird, ohne
daß der Einführung besonderer kommunaler Realsteuern vorgegriffen wird. Dazu kommt noch, daß
die staatlichen Ertragssteuern und die auf sie bezüglichen Verwaltungseinrichtungen für andere Ver-
waltungszweige die Grundlage für anderweitige Einrichtungen, für die Bestimmung von Rechten und
Pflichten, für die Beurtheilung von Rechtsverhältnissen u. s. w. gebildet haben. Namentlich ist der
gesammte Immobilienverkehr mit den bestehenden Katastereinrichtungen auf das engste verknüpft und
war daher die Aufrechthaltung und Fortführung des Katasters unter allen Umständen ein unabweis-
bares Bedürfniß.
4. Die bestehenden gesetzlichen Vorschriften, welche von der Veranlagung der in 81 bezeichneten
Steuern oder von einzelnen derselben anderweitige Rechtsfolgen, insbesondere die Begründung von
Rechten oder Pflichten abhängig machen, bleiben aufrecht erhalten, soweit hierbei die Entrichtung solcher
Steuern vorausgesetzt wird, treten an die Stelle der zu entrichtenden die veranlagten Beträge (§ 5
Abs. 1)2).
D 5. Die Hebung und Beitreibung der Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer liegt derjenigen
Gemeinde ob, welche nach den Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes zum Bezuge des ent-
sprechenden Steueraufkommens berechtigt ist. Die Ausfälle treffen die Gemeindekasse, welche auch
die Kosten der Hebung und Beitreibung der Steuern zu tragen hat. Dagegen werden die Kosten der
Veranlagung und Verwaltung der Steuern, soweit sie nicht durch die den Gemeinden hierbei über-
tragenen Geschäfte entstehen, aus der Staatskasse bestritten (§8 11, 14, 15).
6. Ansprüche auf Grundsteuerentschädigungen, sowie sonstige seitens des Staats zu leistende
Entschädigungen, welche die Entrichtung der Grundsteuer an den Staat zur Voraussetzung haben, finden
ferner nicht statt. Die auf Grund der §§ 1—4 des Grundsteuerentschädigungsgesetzes v. 21/5. 1861
1) Bezüglich der sog. Betriebssteuer enthalten die §§ 12, 13 des Aufhebungs-Gesetzes Be-
stimmungen, durch welche einzelne Vorschriften des Gewerbesteuer-Gesetzes v. 24/6. 1891 abgeändert sind.
2) Nach § 5 Abs. 2 findet die im Abs. 1 enthaltene Vorschrift auf die Bestimmung im § 9,
I. N. 4 des Einkommensteuergesetzes v. 24/6.1891, wornach die vom Grundeigenthume, dem Bergbau
und dem Gewerbebetriebe zu entrichtenden direkten Staatssteuern, sowie die zu den Geschäftsunkosten
zu rechnenden indirekten Abgaben vom Einkommen in Abzug zu bringen sind, keine Anwendung. Das
Gleiche gilt von der Bildung der Urwählerabtheilungen für die Wahlen zum Hause der Abgeordneten.
In dieser Beziehung kommt jetzt das G. v. 29/6. 1893 zur Anwendung. Vgl. § 26.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts II, Zweite Auflage: Preußen. 17