8 68. Die Stempel= und Erbschaftssteuern. 273
frei, im Uebrigen bei Massen bis 3000 M. 1,50, bei größeren Massen 6 M., Bestätigungen
von Fideikommißstiftungen 3% des Werthes. Inventarien 1,50 M., Kaufverträge und Ver-
steigerungen über inländische Liegenschaften 1%%, über ausländische 1,50 M. Kaufverträge und
Versteigerungen über bewegliche Sachen ½3%%, im kaufmännischen Verkehr 1,50 M., (Stempel-
freiheit besteht nach neuerer Auslegung, insoweit die Geschäfte nach dem Reichs-Stempelab-
gabengesetz von 1881 dem Reichsstempel unterworfen waren, jedoch durch die Novelle zu diesem
G. v. 1885 von derselben befreit worden sind.) Leibrentenverträge 1% , Lieferungsverträge
wie Kaufverträge; Werkverdingungsverträge, bei welchen der Unternehmer auch das Material
ganz oder theilweise zu liefern hat, bei beweglichen Sachen wie Lieferungsverträge nach dem
Gesammtwerthe des Werkes, bei unbeweglichen Sachen für das gelieferte Material nach dem
Satze für Lieferungsverträge und für den auf die geleistete Arbeit treffenden Theil des Preises
als Arbeitsvertrag 1,50 M.; Pacht= und Miethsverträge ½/10% des Pacht= oder Miethzinses
für die ganze Vertragsdauer zusammengerechnet, bei längerer als 6 jähriger Dauer kann der
Stempel in 3jährigen Fristen, je für 3 Jahre im Voraus, gezahlt werden (G. v. 19/5. 1889),
Verlängerungen solcher Verträge wie neue Verträge, Schuldverschreibungen, hypothekarische
wie persönliche, ½/12 % der Schuldsumme, Testamente und Kodizille 1,50 M., Verträge, soweit
keine besondere Tarifbestimmung besteht, 1,50 M., Vollmachten 1,50 M. Befreit vom Stempel
sind allgemein Geschäfte über Werthe unter 150 M. Der Mindestbetrag der Abgabe ist 50 Pfg.,
und die verhältnißmäßigen Sätze stufen sich je von 50 zu 50 Pfg. ab. Enthält eine Verhand-
lung verschiedene stempelpflichtige Geschäfte, so ist der Stempel in der Regel für jedes einzelne
Geschäft besonders zu erheben.
Die Entrichtung des Stempels geschieht als Regel durch Verwendung von Stempel-
papier zu dem ersten Bogen. Ist ungestempeltes Papier gebraucht, so muß binnen längstens
14 Tagen das Stempelpapier durch eine Behörde oder einen Stempelvertheiler „beikassiert",
d. h. durch Bezeichnung seiner Bestimmung zu anderer Verwendung unbrauchbar gemacht
werden; seit 1862 sind Stempelmarken im Gebrauche, welche jedoch durch Privatpersonen nur
zu wenigen Schriftstücken verwendet werden können (Vollmachten, Inventarien), dagegen können
dieselben durch Behörden beliebig, auch an Stelle der Beikassierung zu Privatschriftstücken, ge-
braucht werden.
Die Strafe bei Nichtgebrauch oder Nichtbeibringung des tarifmäßigen Stempels be-
trägt das Vierfache der hinterzogenen Abgabe, mindestens jedoch 4 M. Haftbar für Stempel
und Strafe ist jeder Inhaber oder Vorzeiger der Urkunde (nach der Rechtsprechung: jeder durch
persönliches Interesse betheiligte Besitzer). „Eigentlicher Kontravenient“ ist der Aussteller und
bei mehrseitigen Verträgen jeder Theilnehmer; ein jeder derselben verfällt in die ganze
Strafe. Ist die Urkunde durch einen Beamten aufgenommen, so ist dieser allein für die
Strafe haftbar und es kommt nur eine Ordnungsstrafe im einfachen Betrage des Stempels,
höchstens 150 M., in Anwendung. Das Strafverfahren ist dasselbe wie in Zoll= und Ver-
brauchssteuersachen.
Die Verjährung nicht oder zu wenig entrichteter Stempel, sowie des Anspruchs auf
Erstattung zuviel gezahlter Beträge tritt bei Werthstempeln von mehr als 10%, sowie bei
Stempeln zu Verträgen in 30 Jahren (sonst für das Gebiet des Landrechts und des gemeinen
Rechts in 4 Jahren) ein; der Beginn der Verjährungsfrist richtet sich nach dem Civilrecht; für
Stempel zu Privaturkunden läuft keine Verjährung. Der Rechtsweg ist zulässig für Werth-
steempel und die nicht nach dem Betrage des Gegenstandes zu bemessenden Vertragsstempel inner-
halb 6 Monaten nach erfolgter Beitreibung oder mit Vorbehalt geleisteter Zahlung.
Die Verwaltung des Stempelwesens gehört zum Geschäftsbereich der Behörden
der indirekten Steuern. Für die Kontrolle der Stempelverwendung sind besondere höhere Be-
amte, Stempelfiskale, bestellt, welche zugleich Vorstände der Erbschaftssteuerämter sind. Be-
Handbuch des Oeffentlichen Rechts II, Zweite Auflage: Preußen.