870. Die Behörden d. Finanzverwaltung. Erhebung, Einziehung u. Verjährung der öff. Abgaben. 281
Weiteres bei den bestehenden Bestimmungen mit der Maßgabe verbleibt, daß die bisher zur
örtlichen Erhebung der Klassensteuer verpflichteten Gemeinden (Gutsbezirke) die Steuer von
Einkommen von nicht mehr als 3000 M. zu erheben haben. Diejenigen Gemeinden (Gutsbe-
zirke), welchen die Steuerhebung übertragen ist, erhalten für dieselbe eine Vergütung von 2%
der Isteinnahme der zu erhebenden Steuern.
Was endlich die Ergänzungssteuer, die gleichzeitig mit der Einkommensteuer erhoben
wird, anlangt, so enthält das G. v. 14/7. 1893 in § 42 analoge Vorschriften wie das Ein-
kommensteuer-G. v. 24/6. 1891.
Im Uebrigen kann nach § 16 Abs. 2 des G. v. 1/7. 1893 wegen Aufhebung direkter
Staatssteuern durch königliche Verordnung den Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirken
die Verpflichtung auferlegt werden, in ihren Bezirken die Elementarerhebung der sämmtlichen
direkten Steuern, der Domänen-, Rentenbank= und Grundsteuerentschädigungs-Renten, sowie
die Abführung der erhobenen Beträge an die zuständigen Staatskassen ohne Vergütung zu
bewirken.
II. Die Verwaltung der indirekten Steuern. Die Centralverwaltung der
indirekten Steuern wird durch das Finanzministerium und zwar die 3. Abtheilung für die Ver-
waltung der indirekten Steuern und Zölle geführt, welche unter der Bezeichnung General-
direktion der indirekten Steuern mit einem Generaldirektor an der Spitze fungirt, der
gewisse Verwaltungsangelegenheiten selbstständig und unter eigener Verantwortlichkeit zu er-
ledigen hat.
In der Bezirksinstanz bestanden anfänglich bei den Regierungen für die Verwaltung
der indirekten Steuern besondere (vierte) Abtheilungen. Gegenwärtig bestehen in allen Pro-
vinzen Provinzialsteuerdirektionen — von denen die für Brandenburg auch für Berlin
bestellt ist — nur in den Hohenzollern- schen Landen wird die Verwaltung der indirekten Steuern
noch durch die Regierung und zwar in unmittelbarer Unterordnung unter das Finanzministerium
geführt. Die Provinzialsteuerdirektionen sind bureaukratisch organisirt, an der Spitze steht der
Provinzialsteuerdirektor, nach dessen Anweisungen die übrigen Beamten die Geschäfte zu er-
ledigen haben 7).
Die Zuständigkeit der Provinzialsteuerdirektionen umfaßt die gesammte Verwaltung der
indirekten Steuern und Zölle in ihrer Provinz, namentlich auch der auf Rechnung des Reichs
erhobenen Verbrauchsabgaben. Außerdem ist den Provinzialsteuerdirektionen auch die Verwalt-
ung der Erbschaftssteuer überwiesen.
Zu den Regierungen ihrer Provinz stehen die Provinzialsteuerdirektionen im Koordi-
nationsverhältnisse; die Provinzialsteuerdirektoren sind befugt, den Plenarsitzungen der Re-
gierungen in ihrem Verwaltungsbezirk beizuwohnen; außerdem können sie bei ihrer Anwesen-
heit in den verschiedenen Regierungsbezirken vom Regierungspräsidenten zu einzelnen Sitzungen
des Plenums wie der Abtheilungen besonders eingeladen werden und haben dann eine Votum.
Gegenüber den Provinzialsteuerdirektionen hat der Oberpräsident gewisse Aufsichtsbefug-
nisse, ohne indes mit der laufenden Verwaltung befaßt zu sein (vgl. § 35). Die Provinzial-
steuerdirektion zu Berlin steht unmittelbar unter dem Finanzministerium.
Die Lokalverwaltung der indirekten Steuern wird durch besondere Steuerämter besorgt.
In den Grenzbezirken bestehen zur Erhebung der Zölle Zollämter (Hauptzollämter und Neben-
zollämter I. u. II. Klasse). Im Binnenlande erfolgt die Erhebung der Zölle und der indirekten
1) Die Bezirke der Provinzialsteuerdirektionen stimmen im Allgemeinen mit den Provinzen über-
ein. Der Kreis Schmalkalden mit den ehemals hannöv. Aemtern Hohenstein und Elbingerode gehört
jedoch zu Sachsen, der Kreis Rinteln zu Westfalen und der Kreis Wetzlar zu Hessen-Nassau. — Der
Sitz der Prov.-Steuerdirektion für Schleswig-Holstein ist zu Altona, der für die Rheinprovinz in Köln,
im Uebrigen ist der Sitz des Oberpräsidenten der der Direktion.