288 Viertes Buch: Die Finanzverwaltung. II. Kapitel. § 71.
aller derjenigen nicht staatlichen Institute, welche aus Staatsmitteln erhalten oder mit Ge-
währleistung des Staats verwaltet werden, sobald und so lange diese Garantie verwirklicht
werden soll. Ausgenommen von der Revision durch die Oberrechnungskammer sind allein die
Rechnungen über die in dem Etat für das Bureau des Staatsministeriums zu allgemeinen
politischen Zwecken und in dem Etat des Ministeriums des Innern zu geheimen Ausgaben im
Interesse der Polizei ausgesetzten Fonds (§ 9)1).
Zur Revision der Oberrechnungskammer gelangen ferner nach § 10 (vgl. auch § 11)
1. die Rechnungen der Staatsbehörden, Staatsbetriebsanstalten und staatlichen Institute über
Naturalien, Vorräthe, Materialien und überhaupt über das gesammte nicht in Geld bestehende
Eigenthum des Staates; 2. die Rechnungen derjenigen Institute, Anstalten, Stiftungen und
Fonds, die lediglich von Staatsbehörden oder durch von Staatswegen angestellte Beamte ohne
Konkurrenz der Interessenten bei der Rechnungsabnahme und Quittirung verwaltet werden,
gleichviel ob sie Zuschüsse vom Staate erhalten oder nicht.
Die Revision der Rechnungen ist nach § 12 außer der Rechnungsjustifikation noch be-
sonders darauf zu richten, a) ob bei der Erwerbung, der Benutzung und der Veräußerung von
Staatseigenthum und bei der Erhebung und Verwendung der Staatseinkünfte, Abgaben und
Steuern nach den bestehenden Gesetzen und Vorschriften unter genauer Beachtung der maß-
gebenden Verwaltungsgrundsätze verfahren worden ist; b) ob und wo nach den aus den Rech-
nungen zu beurtheilenden Ergebnissen der Verwaltung zur Beförderung des Staatszwecks Ab-
änderungen nöthig oder rathsam sind.
Was das Verhältniß der Oberrechnungskammer zu den übrigen Staatsbehörden anlangt,
ist dieselbe nach § 13 berechtigt, von den Behörden jede, bei Prüfung der Rechnungen und
Nachweisungen für erforderlich erachtete Auskunft, sowie die Einsendung der bezüglichen Bücher
und Schriftstücke auch von den Provinzial= und den denselben untergeordneten Behörden die
Einsendung der Akten zu verlangen. Der Präsident der Oberrechnungskammer ist befugt, Be-
denken und Erinnerungen gegen die Rechnungen an Ort und Stelle durch Kommissarien er-
örtern zu lassen, auch zur Informationseinziehung über die Einzelheiten der Verwaltung Kom-
missarien abzuordnen. Ebenso steht ihm das Recht zu, außerordentliche Kassen= und Magazin-
revisionen zu veranlassen. In diesem Falle, sowie in allen Fällen der Absendung eines Kom-
missarius hat er jedoch dem betreffenden Verwaltungschef davon vorherige Mittheilung zu
machen, damit dieser sich an den Verhandlungen durch einen seinerseits abzuordnenden Kom-
missarius betheiligen kann ?).
Die Provinzial= und die ihnen gleichstehenden untergebenen Behörden sind der Ober-
rechnungskammer in allen Angelegenheiten des Ressorts derselben untergeordnet. Die Ober-
rechnungskammer ist befugt, ihren Verfügungen nöthigenfalls durch Strafbefehle innerhalb der
für die oberste Verwaltungsbehörde gesetzlich bestimmten Grenzen, die schuldige Folgeleistung
zu sichern, auch etwa vorkommende Unangemessenheiten in Erledigung ihrer Erlasse zu rügen
(6 16). Die Oberrechnungskammer ist nach § 20 d. G. verpflichtet, nach Ablauf eines jeden
Geschäftsjahres dem Könige einen Bericht über die Ergebnisse ihrer Geschäftsthätigkeit zu er-
statten, welchem Berichte zugleich ihre gutachtlichen Vorschläge beizufügen sind, ob und inwie-
weit nach den aus den Rechnungen sich ergebenden Resultaten der Verwaltung zur Beförder-
ung der Staatszwecke im Wege der Gesetzgebung oder der Verordnung zu treffende Bestimm-
ungen nothwendig oder rathsam erscheinen 3).
1) Die Rechnungen der Kasse der Oberrechnungskammer werden vom Präsidenten derselben
revidirt und mit den Revisionsbemerkungen den beiden Häusern des Landtags zur Prüfung und
Decharge vorgelegt.
2) Vgl. über die sonstigen Beziehungen der Oberrechnungskammer zu den Behörden die 88 14
und 15 d. G.
3) Ueber die Vorschrift des Art. 104 Abs. 2 V. U., wonach der allgemeinen Rechnung über den
Staatshaushaltsetat jeden Jahres die Bemerkungen der Oberrechnungskammer beizulegen sind, vgl. § 73.