Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

298 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. 5 74a. 
erstere Gesetz hat die sog. Realsteuern (Grundsteuer, Gebäudesteuer und Gewerbesteuer) den 
Gemeinden überwiesen und damit im Wesentlichen, d. h. abgesehen von der Einkommensteuer, 
dem Systeme der Zuschläge zu der Staatssteuer für Zwecke der Gemeinden ein Ende gemacht. 
Das zweite Gesetz hat aber das Besteuerungsrecht der Gemeinden einheitlich für die ganze 
Monarchie mit Ausnahme der hohenzollern'schen Lande und der Insel Helgoland und zwar 
gleichmäßig für Stadtgemeinden wie Landgemeinden geregelt und dabei namentlich den Grund- 
satz zur Geltung gebracht, daß die Gemeinden von ihrem Besteuerungsrechte erst dann Gebrauch 
machen dürfen, wenn das Gemeindebedürfniß nicht durch anderweite Einnahmen, insbesondere 
aus Gebühren und Beiträgen gedeckt werden kann. 
II. Im Laufe der Zeit ist den höheren wie den niederen Kommunalverbänden durch die 
Gesetzgebung eine Reihe von öffentlichen Aufgaben auf dem Gebiete der Polizeiverwaltung, 
des Armenwesens, der Schulverwaltung u. s. w. übertragen worden. Da die Leistungsfähigkeit 
der Kommunalverbände nicht entsprechend der Schwere der ihnen auferlegten Lasten gewachsen 
ist, hat der Staat wiederholt seine Unterstützung gewähren müssen. Es ist dies namentlich ge- 
schehen durch die sog. Dotationsgesetze v. 30/4. 1873 u. 8/7. 1875, durch welche den 
Provinzen und Kreisen erhebliche Jahresbeiträge zur Verfügung gestellt wurden. Diese Bei- 
träge sind zwar zunächst für öffentliche Aufgaben der Kreis= und Provinzialverbände bestimmt, 
kommen aber auch den untersten Gemeindeverbänden insofern zu Gute, als aus der Dotation 
der Kreise u. A. die Kosten der Verwaltung der Amtsbezirke bestritten werden und die Pro- 
vinzialdotationen auch zur Unterstützung der Gemeinden in Bezug auf den Wegebau u. s. w. 
verwendet werden können. 
Unter Dotationen versteht man nämlich die Beträge, welche jährlich aus den Staats- 
kassen an die Kommunalverbände abgeführt werden, um sie in den Stand zu setzen, die Kosten 
der ihrer Selbstverwaltung durch die sogenannten Reformgesetze überwiesenen Angelegenheiten 
zu bestreiten. Außerdem werden zu den Dotationen auch diejenigen, früher unter staatlicher 
Verwaltung gestandenen Kapitalien, Fonds, Einrichtungen und Anstalten gerechnet, welche 
durch die sogenannten Dotationsgesetze den Provinzen und Kreisen zur Verwaltung übertragen 
wurden. 
Was die Entstehung der Dotationsgesetze anlangt, so waren durch A.E. v. 16/9. 1867 
und die G. v. 7/3. 1868 und 11/3. 1872 den kommunalen Verbänden des Reg.-Bez. Kassel, 
der Provinz Hannover und des Reg.-Bez. Wiesbaden zur Fürsorge für verschiedene in dem 
erwähnten Erlasse, bezw. den aufgeführten Gesetzen aufgezählte Einrichtungen und Anstalten, 
deren Verwaltung und Unterhaltung bis dahin dem Staate obgelegen hatte, namhafte Beträge 
aus den Einnahmen des Staatshaushaltes (Dotationen) überwiesen worden. Es erschien daher 
nicht mehr als billig, daß auch den Kommunalverbänden der übrigen Provinzen der Monarchie 
Dotationen aus Staatsfonds zu Zwecken der Selbstverwaltung zu theil werden. Diesem 
Grundsatze entsprechend war zunächst schon in § 70 Abs. 3 Kr.O. v. 13/12. 1872 die Be- 
stimmung aufgenommen, daß vom Staat für die den Kreisen, bezw. Amtsbezirken durch die 
Wahrnehmung von Geschäften der Staatsverwaltung erwachsenden Ausgaben besondere Fonds 
überwiesen werden. Außerdem aber wurden die beiden sogenannten Dotationsgesetze erlassen, 
nämlich das G. v. 30/4. 1873, betr. die Dotationen der Provinzial= und Kreisverbände, und 
das G. v. 8/7. 1875, betr. die Ausführung der §§ 5 und 6 des G. vom 30/4. 1873. 
Nach § 1 des G. v. 30/4. 1873 wurde aus den Einnahmen des Staatshaushaltes 
à) zur Ausstattung der Provinzialverbände von Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, 
Schlesien, Sachsen, Schleswig-Holstein, Westfalen und der Rheinprovinz, sowie des Stadt- 
kreises Frankfurt a. M., der hohenzollern'schen Lande und des Jadegebietes mit Fonds zur 
Selbstverwaltung die Summe von jährlich zwei Millionen Thaler (6 Mill. Mark) und b) zur 
Gewährung von Fonds für die Durchführung der Kreisordnung, insbesondere zur Bestreitung 
der Kosten des Kreisausschusses und der Amtsverwaltung in den Provinzen Preußen, Branden-
	        
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