324 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. § 79.
ändernde Gemeindesteuern handelt, unter Genehmigung der Minister des Innern und der
Finanzen zu bestätigen (6§6 2, 3; Z.G. 8§ 16, 31).
Diebestehenden Gemeindebezirke können nur mit landesherrlicher Genehmigung verändert
werden, den Gemeinden gleichstehende Gutsbezirke sind zugelassen, sofern und solange in ihnen
„die Erfordernisse einer tüchtigen Ortsverwaltung vorhanden sind“. Werden bisher selbst-
ständige Güter, Mühlen u. s. w. mit einer Gemeinde vereinigt, so ist das Nähere hierüber
ortsstatutarisch durch Vereinbarung der Betheiligten ev. vom Bezirks= bzw. Kreisausschuß fest-
zustellen. Auch mehrere Ortschaften können sich zu einer Gemeinde vereinigen, außerdem
können durch landesherrliche Anordnung mehrere Landgemeinden auf ihren Wunsch, gegebenen
Falls auch auf Antrag des Regierungspräsidenten zu Bürgermeistereibezirken und zu gemein-
schaftlichen Heimathsbezirken vereinigt werden (§8 4—8).
Die Mitglieder der Gemeinde sind entweder Ortsbürger oder Beisitzer, die lediglich das
Recht zur Benützung der Gemeindeanstalten haben. Das Ortsbürgerrecht können nur erwerben
volljährige, im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindliche Männer, welche nicht wegen
Entwendung, Veruntreuung oder Betrugs eine schwerere Strafe als 60 M. Geldbuße oder
14 Tage Gefängniß erlitten haben, oder wegen dieser strafbaren Handlungen oder wegen eines
anderen, mit peinlicher Strafe bedrohten Verbrechens in Untersuchung stehen, unter Kuratel
gesetzt oder im Konkurse sind — soferne sie gewisse ökonomische Voraussetzungen erfüllen (68 9
bis 35).
II. Die Gemeindeorgane sind 1. der Ortsvorstand als erster und vollziehender Ge-
meindebeamte, der den Titel „Bürgermeister“ (in den Hauptstädten „Oberbürgermeister“) führt
und dem in größeren Städten ein besoldeter Gehilfe mit dem Titel „Bürgermeister“ beige-
geben werden kann; 2. der Gemeinderath, in Städten Stadtrath, als beschließende Gemeinde-
behörde; 3. der Gemeindeausschuß, der eine Mitaufsicht über die Gemeindeverwaltung führt
und seine Zustimmung zu bestimmten wichtigen Angelegenheiten zu geben hat. Derselbe besteht
in Gemeinden von nicht mehr als 1000 Einwohnern aus 12 Mitgliedern, für je 500 Ein-
wohner mehr treten zwei Mitglieder hinzu; doch ist die höchste zulässige Zahl 48. Die Mit-
glieder sind zur Hälfte ständige, zur Hälfte außerordentliche, welch' letztere nur an den sogen.
großen Ausschußversammlungen theilnehmen. Wegen fortdauernder Pflichtvernachlässigung
kann der Ausschuß in den Hauptstädten durch den Minister des Innern in den übrigen Orten
durch den Regierungspräsidenten nach Anhörung des Gemeinderaths aufgelöst und die Bildung
eines neuen Ausschusses angeordnet werden. An Stelle des Ausschusses oder auch nur der
großen Ausschußversammlung kann in Landgemeinden mit nicht mehr als 50 stimmfähigen Orts-
bürgern die Gemeindeversammlung treten, in anderen Gemeinden findet eine solche nur statt
behufs Wahl des Ausschusses oder auf besondere Anordnung eines Gesetzes oder der Aussichts-
behörde und in Landgemeinden behufs Publikation von Gesetzen oder obrigkeitlichen Anord-
nungen. Die Mitglieder des Ausschusses werden auf 5 Jahre von den stimmfähigen Orts-
bürgern aus den mindestens 25, höchstens 70 Jahre alten stimmfähigen Ortsbürgern mit der
Maßgabe gewählt, daß mindestens die Hälfte der ständigen und der außerordentlichen Mit-
glieder aus hochbesteuerten Ortsbürgern bestehen muß. Der Vorsitzende des Ausschusses und
dessen Stellvertreter werden aus der Zahl der ständigen Mitglieder von der großen Ausschuß-
versammlung auf die Amtsdauer des Ausschusses gewählt. Die große Ausschußversammlung
wählt auch den Gemeinderath aus den stimmfähigen, 25— 70 Jahre alten Ortsbürgern auf
fünf Jahre, die Zahl der Mitglieder, von denen die Hälfte, bei ungerader Zahl die Mehrheit
den hochbesteuerten Ortsbürgern angehören muß, beträgt in den Hauptstädten (Kassel, Mar-
burg, Hanau und Fulda) 6—12, in den übrigen Städten 4—8, in den Landgemeinden 2—6.
Die Gewählten bedürfen der Bestätigung nicht. Der Ortsvorstand wird von der großen Aus-
schußversammlung und dem Gemeinderath unter Leitung des Ausschußvorstehers auf mindestens
8 Jahre oder mit landesherrlicher Genehmigung auf Lebenszeit gewählt und in den Haupt-