340 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. § 82.
Dem Amtmann liegt ob: 1. die Verwaltung der Amtskommunal-Angelegenheiten
und der Polizei im Amtsbezirke, 2. die Beaufsichtigung der Angelegenheiten der zum Amte
gehörigen Gemeinden, insbesondere ihres Etats= und Rechnungswesens, sowie der öffentlichen
Angelegenheiten der Gutsbezirke, 3. alle örtlichen Geschäfte der Landesverwaltung, soweit
hiezu nicht besondere Behörden bestellt sind. — Der Amtmann ist zugleich Hilfsbeamter der ge-
richtlichen Polizei und kann mit den Funktionen der Amtsanwaltschaft betraut werden. Außer-
dem ist der Amtmann in Betreff der allgemeinen Aufsicht über die Verwaltung der Angelegen-
heiten der Landgemeinden und Gutsbezirke Organ des Landraths als Vorsitzender des Kreis-
ausschusses (§ 74 L.G.O., §29 Kr.O.).
In seinen Kommunalangelegenheiten wird das Amt durch die Amtsversammlung
vertreten. Dieselbe ist in denjenigen Aemtern, die nur aus einer Gemeinde bestehen, von der
Gemeindeversammlung nicht verschieden, in den übrigen Aemtern wird sie gebildet a) aus den
Vorstehern der zum Amte gehörigen Gemeinden, b) aus den Vorstehern der selbstständigen
Gutsbezirke, c) aus gewählten Abgeordneten, von denen aus jeder Gemeinde mindestens Einer
von der Gemeindeversammlung zu wählen ist. Der Amtmann ist stimmberechtigter Vorsitzen-
der der Amtsversammlung, in Bezug auf welche alle Bestimmungen über die Gemeindever-
sammlungen gelten. Die einzelnen Gemeinden und selbstständigen Gutsbezirke tragen zu den
Amtsbedürfnissen nach dem Verhältnisse der Staatssteuern, ausschließlich der Steuer für den
Gewerbebetrieb im Umherziehen bei (68 75—77).
Zu erwähnen ist endlich, daß nach § 80 Abs. 2 L.G.O. der Landrath befugt ist, in der
Gemeinde= und Amtsversammlung den Vorsitz jedoch ohne Stimmrecht zu übernehmen und
die Einberufung einer solchen Versammlung, zu der der Amtmann eingeladen werden muß,
anzuordnen.
Die Auflösung einer Gemeindeversammlung, soferne sie nicht aus sämmtlichen stimm-
berechtigten Gemeindemitgliedern besteht und einer Amtsversammlung ist gemäß § 82 L.G.O.
durch königliche Verordnung auf Antrag des Staatsministeriums zulässig.
IV. Was die selbststän digen Gutsbezirke anlangt, so schreibt § 26 westfäl. Kr.O.
vor, daß der Gutsbesitzer bezw. der Stellvertreter vom Landrathe bestätigt wird. Die Be-
stätigung kann unter Zustimmung des Kreisausschusses versagt werden. Unterläßt der Be-
sitzer des Gutes in den im letzten Satze des § 67 L.G.O. angegebenen Fällen, oder wenn ihm
die Bestätigung als Gutsvorsteher versagt wird, die Bestellung eines Stellvertreters oder be-
findet er sich im Konkurse oder befindet er sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte,
so steht dem Landrath unter Zustimmung des Kreisausschusses die Ernennung des Stellver-
treters auf Kosten des Besitzers zu. Im Uebrigen bestimmt § 67, daß die Besitzer der selbst-
ständigen Gutsbezirke für den Bereich derselben, gleich den Gemeinden zu allen Pflichten und
Leistungen verbunden sind, welche den Gemeinden obliegen, insbesondere ist der Besitzer eines
solchen Gutes verpflichtet, die Amtsverrichtungen des Gemeindevorstehers ohne Entschädigung
für Dienstunkosten zu besorgen.
Die Vertheilung der den selbstständigen Gutsbezirken im öffentlichen Interesse obliegen-
den Lasten auf den Gutsbesitzer und die übrigen Einwohner des Gutsbezirks erfolgt durch ein
der Bestätigung des Kreisausschusses bedürfendes Statut (§ 68 L.G.O., § 26 Kr. O., §31..G.).
B. Die Landgemeindeverfassung in der Rheinprovinz. I. Die rheinische
G.O. v. 23/7. 1845, welche ursprünglich für Stadt= und Landgemeinden erlassen war, kommt
nach Erlaß der rhein. St.O. v. 15/5. 1856 mit der Nov. v. 15/5. 1856 nur noch in den
Land= und denjenigen Stadtgemeinden zur Anwendung, in denen nicht kraft Gesetzes oder
allerhöchste Verleihung die Städteordnung gilt (vgl. § 21 Abs. 2 rhein. Kr. O.). Die Bestimm-
ungen des mit der westfälischen Landgemeindeordnung vielfach übereinstimmenden Landgemeinde-
rechtes der Rheinprovinz sind im Wesentlichen folgende: