344 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. 8 82.
Angehörige der Gemeinde sind alle Personen, die innerhalb des Gemeindebezirkes ihren
Wohnsitz haben. Darüber, wer stimmberechtigtes Gemeindemitglied ist, entscheidet in erster Linie
das vor Erlaß des Gemeindegesetzes bestehende Herkommen, eventuell das Gesetz. Es gelten hier-
nach als stimmberechtigte Mitglieder alle diejenigen, welche ein Gut, einen Hof oder ein Wohnhaus
eigenthümlich oder nießbräuchlich besitzen und alle in der Gemeinde wohnberechtigten, unbe-
scholtenen und selbstständigen Mitglieder mit eigenem Haushalte (G.G. 8§ 3, 11). Die Ausübung
des Stimmrechts steht nur demjenigen zu, der zu den Gemeindelasten beiträgt und mit seinen
Beiträgen nicht im Rückstande ist. Durch Gemeindebeschluß kann mit Genehmigung des Kreis-
ausschusses festgesetzt werden, daß gewisse Klassen von Gemeindemitgliedern zu den Gemeinde-
lasten nicht beizutragen haben. In diesem Falle ruht das Stimmrecht der betreffenden Klassen
wenn und solange deren Mehrheit damit einverstanden ist. Das auf dem Grundbesitze ruhende
Stimmrecht kann auch durch Bevollmächtigte ausgeübt werden. Zur Regelung des Stimmver-
hältnisses der stimmberechtigten Gemeindeglieder soll regelmäßig eine Klasseneintheilung statt-
finden und zwar zunächst gemäß den in der Gemeinde vorhandenen Höfen und Gütern. Die
Nichtansässigen bilden, soweit sie nicht unter Berücksichtigung ihrer Konkurrenz zu den Ge-
meindelasten einer dieser Klassen einzureihen sind, die unterste Klasse. Das Stimmrecht der
Mitglieder der einzelnen Klassen bemißt sich nach der Konkurrenz zu den Gemeindelasten und
dem Interesse an den Gemeindeangelegenheiten, jedoch mit folgenden Maßgaben: a) das
Stimmrecht eines einzelnen Mitglieds darf der Regel nach nicht mehr als ein Drittel des-
jenigen der sämmtlichen Gemeindemitglieder betragen, die Hälfte aber dann, wenn dasselbe
die Hälfte und mehr von allen Gemeindelasten trägt. b) Regelmäßig soll das Siimmgewicht
der Grundbesitzer mit zwei und mehr Pferden in der Gemeinde überwiegen. c) Die Stimmen-
zahl der nicht Ansässigen darf ein Drittel derjenigen der Grundbesitzer nicht übersteigen
(§§ 8—18 Gem. G.).
II. Die Organe der Gemeinde bilden die Gemeindeversammlung bezw. der Ge-
meindeausschuß, der Gemeindevorsteher und sein Beigeordneter, sowie die sonstigen Gemeinde-
beamten. Die Gemeindeversammlung besteht aus sämmtlichen stimmberechtigten Gemeinde-
mitgliedern. In größeren Gemeinden ist auf Antrag der Gemeinde die Bildung eines Ge-
meindeausschusses (Gemeinderaths) zulässig, der aber durch Gemeindebeschluß wieder beseitigt
werden kann. Der Gemeindeausschuß vertritt in der Regel die Gemeindeversammlung, jedoch
können der Beschlußfassung der letzteren einzelne Gegenstände vorbehalten werden. Die Aus-
schußmitglieder werden von den stimmberechtigten Gemeindemitgliedern gewählt. In der Regel
findet die Wahl nach Abtheilungen statt, für welche die in der Gemeinde bestehenden Stimm-
rechtsklassen als Anhalt dienen. Den Vorsitz mit vollem Stimmrechte führt in der Gemeinde-
versammlung wie im Gemeindeausschusse der Gemeindevorsteher. Die Versammlung ist be-
schlußfähig, wenn mindestens ein Drittel der vorhandenen Stimmen in ihr vertreten ist.
Eine Beanstandung der Gemeindebeschlüsse ist nur zulässig wegen Gesetzwidrigkeit (§§ 22, 46,
47, 51—59 Gem.G.).
Jede Gemeinde muß einen Vorsteher und zu dessen Vertretung und Unterstützung einen
Beigeordneten, größere Gemeinden können mehrere Vorsteher und Beigeordnete haben. Außer-
dem können zur Wahrnehmung einzelner Angelegenheiten noch andere Gemeindebeamte
aufgestellt werden. Sämmtliche Gemeindebeamte werden von der Gemeindeversammlung bezw.
vom Gemeindeausschusse gewählt; zu Gemeindebeamten wählbar sind nur stimmberechtigte
Mitglieder der Gemeinde. Die Wahl der Gemeindevorsteher und Beigeordneten muß auf
mindestens sechs Jahre und soll auf höchstens zwölf Jahre erfolgen (§§ 22, 23, 25, 26 G.G.).
Jedes Gemeindemitglied ist in der Regel verpflichtet, die Wahl zum Gemeindebematen anzu-
nehmen, zur Ablehnung des Amtes eines Gemeindevorstehers oder Beigeordneten berechtigen
jedoch gewisse Gründe, bei einer mehr als dreijährigen Amtsdauer kann das Amt nach Ablauf
von drei Jahren niedergelegt werden (hann. Kr. O. § 8).