Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

86. Die Behördenorganisation unter Stein und Hardenberg. 21 
Kabinetsordre ist sub D hinsichtlich der Regierungen bestimmt, daß dieselben — jedenfalls 
die größeren — aus vier Abtheilungen bestehen sollen: 1. Abtheilung des Innern (Landes- 
hoheits-, Landespolizei= und Militärsachen). 2. Abtheilung für die Kirchenverwaltung 
und das Schulwesen. 3. Abtheilung für die Verwaltung der direkten Steuern 
und der Domänen und Forsten. 4. Abtheilung für die Verwaltung der indirekten 
Steuern. Diese letzte Abtheilung sollte übrigens nur da errichtet werden, wo nicht Steuer- 
direktionen für eine ganze Provinz bestellt waren oder noch bestellt werden würden. Später 
wurden für alle Provinzen Steuerdirektionen errichtet und damit fiel die ganze Bestimmung 
hinweg. 
C. Die Kreis= und Lokalverwaltung. Während die Organisation der Central-= 
und Provinzialbehörden durchaus auf neuer Grundlage aufgebaut und die Verfassung und 
Verwaltung der Stadtgemeinden durch die Städteordnung vom 19/11. 1808 neu geregelt 
wurde, machte die Reform bei der Kreis= und Lokalverwaltung, soweit das platte Land in 
Frage stand, in gewissem Sinne Halt. 
Was nämlich zunächst die Kreise anlangt, so war nach der zu Anfang des Jahr- 
hunderts bestehenden Kreisverfassung Organ der Kreisverwaltung in erster Linie der Kreistag, 
der aus den Rittergutsbesitzern des Kreises und den Vertretern der geistlichen Stiftungen, 
Universitäten und Städte bestand, welche Rittergüter im Kreise besaßen. Neben dem Kreis- 
tage war Organ des Kreises der Landrath, welcher in der Regel von dem Kreistage aus den 
adeligen Rittergutsbesitzern gewählt wurde, jedoch der Bestätigung des Königs bedurfte, daher 
sein Amt auf Grund königlicher Bestätigung ausübte. Der Landrath hatte einerseits die 
Leitung der Verhandlungen des Kreistages und die Besorgung der kreisständischen Angelegen- 
heiten, andererseits stand er an der Spitze der staatlichen Verwaltung des Kreises. 
Die Lokalverwaltung, welche damals die Ortspolizei und die Gerichtsbarkeit erster 
Instanz umfaßte, schloß sich an die Verwaltung der landesherrlichen Domänen, in den sog. 
Domänenämtern einerseits und die Rittergüter andererseits an in der Weise, daß die Domänen- 
pächter — Amtmänner, Oberamtmänner u. s. w. — auch die mit den Domänen verbundene 
Gerichtsbarkeit und Polizei zur Ausübung übertragen erhielten, während den Rittergütern 
die patrimoniale Polizei und Gerichtsbarkeit über die zu ihrem Territorium gehörigen bäuer- 
lichen Besitzungen und als Gutsobrigkeiten die Aufsicht auf die Landgemeinden zustand. 
Die Kreis= und Lokalverwaltung auf dem Lande beruhte also auf der privilegirten mit 
politischen Rechten ausgestatteten Stellung des großen Grundbesitzes, welche wieder die natür- 
liche Folge der wirthschaftlichen Abhängigkeit des bäuerlichen Besitzes vom Großgrundbesitze 
und der ständischen Gliederung der Gesellschaft war. Durch die Edikte vom 9/10. 1807 und 
1479. 1811, welche die Leibeigenschaft und Erbunterthänigkeit aufhoben, die Schranken der 
verschiedenen Stände beseitigten, und die wirthschaftlichen Beziehungen zwischen Gutsherr- 
schaften und Hintersassen lösten oder doch deren Lösung anbahnten, war aber die wirthschaft- 
liche Grundlage der politischen Verfassung des platten Landes zerstört worden. Die Regierung 
ging daher zunächst an eine Reform der Kreisverfassung, welche auf einer Beseitigung der 
privilegirten Stellung des großen Grundbesitzes in der Kreisverfassung und der Aufhebung 
der gutsherrlichen Gerichtsbarkeit und Polizei beruhen sollte. Es kam auch das „Edikt vom 
30. Juli 1812 wegen Errichtung der Kreisdirektorien und der Gendarmerie“ zu Stande, 
welches in seinem ersten Theile eine vollständige Kreisordnung enthielt, aber nur in seinen 
auf die Organisation der Gendarmerie bezüglichen Artikeln zum Vollzuge kam, daher gewöhn- 
lich „Gendarmerie-Edikt“ genannt wird. 
Durch die Verordnung v. 30/4. 1816 wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial- 
behörden §§ 33—39 wurde sodann bestimmt, daß jeder Regierungsbezirk in Kreise einzutheilen 
sei mit möglichster Beibehaltung der bereits bestehenden Eintheilung, daß alle in den Grenzen 
eines Kreises liegenden Ortschaften mit Ausnahme der ansehnlichen Städte, welche eigene Stadt-
	        
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