Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

g 83. Die Gemeindeabgaben. 355 
Gemeindevorstand. Gegen den Beschluß steht dem Pflichtigen binnen einer mit dem ersten Tage 
nach erfolgter Zustellung beginnenden Frist von zwei Wochen die Klage im Verwaltungsstreitver- 
fahren offen. Zuständig ist in erster Instanz für Landgemeinden (Gutsbezirke) der Kreisausschuß, 
für Stadtgemeinden der Bezirksausschuß. Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses bei 
Stadtgemeindenist nur das Rechtsmittel der Revision zulässig. Der Entscheidung im Verwaltungs- 
streitverfahren unterliegen desgleichen Streitigkeiten zwischen Betheiligten über ihre im öffent- 
lichen Rechte begründete Verpflichtung zu den im § 69 Abs. 1 bezeichneten Lasten (§8 69, 70). 
VI. Aufsicht. Für die Ertheilung der im Gesetze vorbehaltenen Genehmigungen ist 
nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen bei Stadtgemeinden der Bezirksausschuß, bei 
Landgemeinden der Kreisausschuß zuständig. Gegen den auf Beschwerde ergehenden Beschluß 
— bei Stadtgemeinden des Provinzialrathes, bei Landgemeinden des Bezirksausschusses — 
steht dem Vorsitzenden dieser Behörde aus Gründen des öffentlichen Interesses die Einlegung 
der weiteren. Beschwerde an die Minister des Innern und der Finanzen zu. Hierbei finden 
die Bestimmungen des § 123 L. V. G. Anwendung. Die Genehmigung von Gemeindebeschlüssen, 
durch welche: a) besondere direkte oder indirekte Gemeindesteuern neu eingeführt oder in ihren 
Grundsätzen verändert; b) Abweichungen von den im § 44 vorgeschriebenen Grundsätzen über 
die Vertheilung des Steuerbedarfes auf die verschiedenen Steuerarten; c) Zuschläge über den 
vollen Satz der Staatseinkommensteuer hinaus (8 55) angeordnet werden, bedarf der Zu- 
stimmung der Minister des Innern und der Finanzen, die die Ertheilung der Zustimmung auf 
die ihnen untergeordneten Aufsichtsbehörden höherer Instanz übertragen können (§ 77). 
Wenn bei dem Inkrafttreten des Gesetzes in einzelnen Gemeinden Ordnungen über die 
Aufbringung von Gebühren, Beiträgen, indirekten, direkten Steuern oder Diensten bestehen, 
welche den Vorschriften dieses Gesetzes zuwiderlaufen, oder wenn derartige Gemeindebeschlüsse 
gefaßt werden, so ist die Aufsichtsbehörde befugt, deren Abänderung oder Ergänzung unter An- 
gabe der Gründe anzuordnen. Die Einführung neuer und die Erhöhung bestehender indirekter 
Steuern darf nicht angeordnet werden. Gegen die Anordnung findet innerhalb vier Wochen 
nach Ablauf der in derselben gestellten Frist die Klage im Verwaltungsstreitverfahren, für 
Landgemeinden bei dem Bezirksausschusse, für Stadtgemeinden bei dem Oberverwaltungs- 
gerichte, statt. 
Wird die Klage innerhalb dieser Frist nicht erhoben, so ist die Aufsichtsbehörde befugt, 
die in Ansehung der Aufbringung der Gebühren, Beiträge, indirekten, direkten Steuern oder 
Dienste erforderliche Ordnung auf der Grundlage der erlassenen Verfügung selbst festzustellen. 
Das Gleiche gilt für den Fall der rechtskräftigen Abweisung der Klage. Wird die Klage end- 
giltig für begründet erkannt, so tritt die Anordnung außer Kraft. 
Sofern das öffentliche Interesse es erheischt, beschließt im Falle der Erhebung der Klage 
über die vorläufige Ordnung des Steuerwesens bis zur rechtskräftigen Entscheidung für Land- 
gemeinden der Kreisausschuß, für Stadtgemeinden der Bezirksausschuß (§ 78)1). 
VII. In den §§ 79 und 80 sind Strafandrohungen gegen unrichtige oder unvollständige 
Angaben enthalten, die an zuständiger Stelle auf gestellte Fragen oder bei der Begründung 
eines Einspruches gemacht werden, sowie gegen Verletzung der Pflicht zur Geheimhaltung der 
Erwerbs-, Vermögens= und Einkommenverhältnisse der Steuerpflichtigen durch den Gemeinde- 
  
1) Zu diesem Paragraphen ist auf § 96 Abs. 2 und 4 zu verweisen. Darnach sind die Ge- 
meinden verpflichtet, die Ordnungen (Observanzen, Statuten, Regulative, Gemeindebeschlüsse u. s. w.) 
über die Aufbringung von Gebühren, Beiträgen, indirekten und direkten Steuern oder Diensten 
mit den Vorschriften dieses Gesetzes in Uebereinstimmung zu bringen. Ordnungen, welche bis zum 
Inkrafttreten des gegenwärtigen Gesetzes in Geltung gewesen sind, bleiben — unbeschadet der Be- 
stimmungen in § 23 Abs. 4 bezüglich der erneuten Genehmigung bestehender Mieths= und Wohnungs- 
steuern und in § 37 Abs. 2 bezüglich der Beibehaltung bestehender besonderer Gemeindeeinkommen- 
steuern mit Genehmigung der Minister des Innern und der Finanzen — bis zur Abänderung durch 
rechtsgiltigen Gemeindebeschluß oder Anordnung der Aufsichtsbehörde (§ 78) bestehen. 
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