358 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. 8 84.
vorstandes (Bürgermeisters) steht der Gemeindevertretung bezw. dem kollegialischen Gemeinde-
vorstande die Klage im Verwaltungsstreitverfahren 1) zu. Aus anderen als den vorstehend an-
gegebenen Gründen sind die Aufsichtsbehörden nicht befugt, eine Beanstandung der Beschlüsse
der Gemeindevertretung oder des kollegialischen Gemeindevorstandes herbeizuführen (Z.G.
§ 15, Wiesb. St.O. § 79).
Unterläßt oder verweigert eine Stadtgemeinde die ihr gesetzlich obliegenden von der
Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit festgestellten Leistungen auf den Haushalts-
etat zu bringen oder außerordentlich zu genehmigen, so verfügt der Regierungspräsident unter
Anführung der Gründe die Eintragung in den Etat, bezw. die Feststellung der außerordent-
lichen Ausgaben. Gegen die Verfügung des Regierungspräsidenten steht der Gemeinde die
Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte zu. Eine Feststellung des Stadtetats durch die Auf-
sichtsbehörde findet fortan nicht statt; auch in den Städten von Neuvorpommern und Rügen
ist jedoch eine Abschrift des Etats gleich nach seiner Feststellung durch die städtischen Behörden
der Aufsichtsbehörde einzureichen (Z.G. § 19, Wiesb. St.O. 8 80).
Zur staatlichen Aufsicht gehört auch die Behandlung und Ahndung der Dienstvergehen
der Gemeindebeamten. In dieser Beziehung bestimmt § 20 Z.G. bezw. § 82 Wiesb. St.O.,
daß bezüglich der Dienstvergehen der Bürgermeister, Beigeordneten, Magistratsmitglieder und
sonstigen Gemeindebeamten die Bestimmungen des Disciplinar-G. v. 21/7. 18522) mit ge-
wissen Maßgaben zur Anwendung kommen:
1. Gegen die Bürgermeister, Beigeordneten und Magistratsmitglieder, sowie gegen die
sonstigen Gemeindebeamten kann an Stelle der Bezirksregierung und innerhalb des derselben
bisher zustehenden Ordnungsstrafrechtes der Regierungspräsident Ordnungsstrafen festsetzen.
Gegen die Strafverfügungen des Regierungspräsidenten findet innerhalb zwei Wochen die Be-
schwerde an den Oberpräsidenten, gegen den auf die Beschwerde ergehenden Beschluß des Ober-
präsidenten findet innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte statt.
In Berlin findet gegen die Strafverfügungen des Oberpräsidenten, in den Hohenzollern'schen
Landen findet gegen die Strafverfügungen des Regierungspräsidenten innerhalb zwei Wochen
unmittelbar die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte statt.
2. Gegen die Strafverfügungen des Bürgermeisters findet innerhalb zwei Wochen die
Beschwerde an den Regierungspräsidenten, und gegen den auf die Beschwerde ergehenden Be-
schluß des Regierungspräsidenten innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Oberverwaltungs-
gerichte statt.
3. In dem Verfahren auf Entfernung aus dem Amte wird die Einleitung des Ver-
fahrens von dem Regierungspräsidenten bezw. dem Minister des Innern verfügt und von dem-
selben der Untersuchungskommissar ernannt; an die Stelle der Bezirksregierung bezw. des Dis-
ciplinarhofes tritt als entscheidende Disciplinarbehörde erster Instanz der Bezirksausschuß; an
die Stelle des Staatsministeriums tritt das Oberverwaltungsgericht; den Vertreter der Staats-
anwaltschaft ernennt bei dem Bezirksausschusse der Regierungspräsident, bei dem Oberverwalt-
ungsgerichte der Minister des Innern.
In dem vorstehend bezüglich der Entfernung aus dem Amte vorgesehenen Verfahren
ist entstehenden Falles auch über die Thatsache der Dienstunfähigkeit der Bürgermeister, Bei-
geordneten, Magistratsmitglieder und sonstigen Gemeindebeamten Entscheidung zu treffen.
Gegen Mitglieder der Gemeindevertretung findet ein Disciplinarverfahren nicht statt
1) Zuständig in erster Instanz ist im Verwaltungsstreitverfahren für die im IV. Titel des Z.G.
vorgesehenen Fälle, sofern nicht im Einzelnen anders bestimmt ist, der Bezirks-Ausschuß, für den
Stadtkreis Berlin in den Fällen des § 8 Abs. 2, §§ 9 und 15 das Oberverwaltungsgericht. Die Frist
zur Anstellung der Klage beträgt in allen Fällen zwei Wochen (8§ 21).
2) Vgl. über dieses Gesetz § 44.