Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 87. Die Verfassung der Provinzialverbände. 381 
Von dem Grundsatze, daß die Provinzen als Kommunalverbände und als Verwaltungsbezirke 
sich decken, bestehen jedoch drei Ausnahmen: a) die Haupt= und Residenzstadt Berlin ist aus 
dem Kommunalverbande der Provinz Brandenburg ausgeschieden. Der Stadtkreis Berlin 
steht aber hinsichtlich kommunaler Rechte und Pflichten in vieler Beziehung einer Provinz 
gleich (vgl. S§ 36a); b) innerhalb der ebenfalls einen Kommunalverband bildenden Provinz 
Hessen-Nassau blieben die kommunalständischen Verbände in den Regierungsbezirken Kassel und 
Wiesbaden unter Einverleibung des bisherigen Stadtkreises Frankfurt a. M. in den kommunal= 
ständischen Verband des Regierungsbezirkes Wiesbaden als besondere Kommunalverbände 
bestehen (hefs.-nass. Pr. O. IS 1);c) der Kreis Herzogthum Lauenburg gehört nicht zum Kom- 
munalverbande der Provinz Schleswig-Holstein. Der Kreis nimmt aber an den Rechten und 
Pflichten des Provinzialverbandes, soweit sich dieselben auf Zwecke der allgemeinen Landes- 
verwaltung beziehen, in gewissem Maße teil (schlesw.-holst. Pr. O. S 1a). Die Veränderung 
bestehender Provinzialgrenzen, sowie der Grenzen der Regierungsbezirke Kassel und Wies- 
baden erfolgt durch Gesetz. 
Provinzialangehörige sind alle Angehörigen der zur Provinz gehörigen Kreise. 
Die Provinzialangehörigen sind berechtigt: 1. zur Theilnahme an der Verwaltung und Ver- 
tretung des Provinzialverbandes (aktives und passives Wahlrecht u. s. w.); 2. zur Mitbenütz- 
ung der öffentlichen Einrichtungen und Anstalten des Provinziallandtages. Andererseits sind 
die Provinzialangehörigen verpflichtet, zu den Provinziallasten beizutragen; dagegen besteht eine 
Verpflichtung der Provinzialangehörigen zur Uebernahme unbesoldeter Provinzialämter nicht 
(anders bei den unbesoldeten Aemtern des Kreises vgl. § 85 sub II). Das Gleiche gilt 
mut. mut. von den Bezirksangehörigen der Bezirksverbände Kassel und Wiesbaden (vgl. hess.= 
nass. Pr. O. §§ 3—5). 
Als Selbstverwaltungskörper haben die Provinzialverbände, bezw. die Bezirksverbände 
Kassel und Wiesbaden das Recht: 1. zum Erlasse statutarischer Anordnungen über solche ihre Ver- 
fassung betreffenden Angelegenheiten, hinsichtlich deren das Gesetz auf statutarische Regelung 
verweist, oder keine ausdrücklichen Vorschriften enthält: 2. zum Erlasse von Reglements über 
besondere Einrichtungen des Provinzialverbandes, bezw. Bezirksverbandes. Zuständig zum 
Erlasse der Statuten und Reglements ist der Provinziallandtag bezw. [Kommunallandtag; 
Statuten bedürfen der landesherrlichen Genehmigung, Reglements in gewissen Fällen der Ge- 
nehmigung der zuständigen Minister. Statuten und Reglements müssen durch die Amts- 
blätter der Provinz bekannt gemacht werden. 
III. Der Provinziallandtag (Kommunallaandtag) (a. Pr. O. 88 9—44, hann. 
Pr.O. 8§ 9—44, westf. Pr. O. §§ 9—44, rhein. Pr.O. 8§§ 9—44, schlesw.-holst. Pr.O. 
88 9—44). Der Provinziallandtag (Kommunallandtag) besteht aus Abgeordneten der Land- 
kreise und der Stadtkreise der Provinz. Jeder Kreis wählt mindestens einen Abgeordneten, 
Kreise mit größerer Einwohnerzahl wählen zwei und auch mehr Abgeordnete; die Einwohner- 
zahl der Kreise, auf welche mehr als ein Abgeordneter kommt, ist nach den Provinzen verschieden 
(30—40000 — in Hessen und Nassau 200000). Ausnahmsweise können zwei oder drei Land- 
kreise zu Wahlbezirken vereinigt werden. Die Abgeordneten der Landkreise werden von den 
Kreistagen gewählt. Sind mehrere Kreise zu einem Wahlbezirke vereinigt, so treten die be- 
treffenden Kreistage zu einer Wahlversammlung zusammen. Die Wahl erfolgt auf sechs Jahre, 
  
verfassungsgesetz v. 6/8. 1840 § 81 in ihrem bisherigen Wirkungskreis aufrecht erhalten wurden. Die 
V. v. 22/9. 1867 (G. S. S. 1635) hat dieselben zwar bestehen lassen, sie aber unter Aushebung ihrer 
früher weitergehenden Rechte ausschließlich auf die Wahrnehmung kommunaler Angelegenheiten beschränkt 
und ihnen das Recht verliehen, Landschaftsstatuten mit königl. Genehmigung zu errichten. Eine Auf- 
hebung dieser Landschaften hat die hannov. Prov. Ordnung ebensowenig vorgeschrieben wie deren Um- 
bildung. (Vgl. Bornhak a. a. O., S. 366 ff. — Gostkowski, Erg.-Bd. zu Brauchitsch für 
Hannover, S. 285 N. 36.)
	        
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