Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 90. Ordentliche Maßregeln der Sicherheitspolizei. 391 
höheren Landespolizeibehörde versagt werden kann; dagegen ist eine sogenannte Verstrickung 
oder Konfination, d. h. die Verweisung an einen bestimmten Ort nicht zulässig. 2. Die höhere 
Landespolizeibehörde ist befugt, den Ausländer aus dem Bundesgebiete auszuweisen. 3. Haus- 
suchungen unterliegen keiner Beschränkung hinsichtlich der Zeit zu der sie stattfinden dürfen. 
Zuständig zur Verhängung der Polizeiaufsicht ist der Regierungspräsident (in Berlin 
der Polizeipräsident) und zwar bestimmt sich die Zuständigkeit im einzelnen Falle nach dem 
Entlassungsorte d. h. demjenigen Orte, n ach welchem der Verurtheilte entlassen wird oder nach 
dem Orte, wo der Verurtheilte später seinen Aufenthalt nimmt; in Bezug auf Ausländer ist 
die Polizeibehörde des Verbüßungsortes zur Beschlußfassung berufen (Instr. d. Minist. d. 
Innern v. 24/4. 1871 § 3 — M. Bl. d. i. V. S. 113 verb. mit § 18 L.V. G.). Gegen den 
die Polizeiaufsicht aussprechenden Beschluß des Regierungspräsidenten sind die gegen polizei- 
liche Verfügungen überhaupt zulässigen Rechtsmittel möglich; also nach § 127 ff. L. V. G. Be- 
schwerde an den Oberpräsidenten und dann Klage zum Oberverwaltungsgerichte. 
2. Die Ueberweisung an die Landespolizeibehörde). Nach § 362 Absl. 2 
R. Str. G. B. kann gegen Personen, die auf Grund des § 361 Nr. 3—8 R. Str. G. B. ver- 
urtheilt werden bei der Verurtheilung zur Haft zugleich erkannt werden, daß die verurtheilte 
Person nach verbüßter Strafe der Landespolizeibehörde zu überweisen sei. Ist die Verurtheil= 
ung wegen Bettels, bezw. Verleitung zum Bettel erfolgt, so kann die Ueberweisung nur aus- 
gesprochen werden, wenn Bettel im wiederholten Rückfalle oder Bettel unter Drohungen und mit 
Waffen vorliegt. Durch die Ueberweisung wird die Landespolizeibehörde ermächtigt, die be- 
treffende Person nach verbüßter Strafe entweder bis zu zwei Jahren in ein Arbeitshaus unter- 
zubringen, bezw. wenn dieselbe Ausländer ist, aus dem Bundesgebiete zu verweisen, oder zu 
gemeinnützigen Arbeiten zu verwenden (vgl. M.GE. v. 25/1. 1885; M. Bl. d. i. V. S. 47; 
Cirk. Rescr. v. 22/10. 1885, a. a. O. S. 237). 
Bezüglich der Zuständigkeit und der gegen den betreffenden Beschluß des Regierungs- 
präsidenten zulässigen Rechtsmittel gilt das zu 1. Bemerkte. 
Die Kosten des sogenannten Korrektionswesens haben nach § 38 G. v. 8/7. 1871 
(G. S. S. 130) die Landarmenverbände für die in ihrem Bezirke festgenommenen Personen 
zu tragen, jedoch mit Ausnahme etwaiger Transportkosten. Die Landarmenverbände haben 
daher die Arbeitshäuser und Besserungsanstalten zu unterhalten und aus ihren Mitteln alle 
Verpflegungs-, Bekleidungs= und Beerdigungskosten zu tragen, soweit dieselben aus dem Ar- 
beitsverdienste der Korrigenden nicht gedeckt werden. 
3. Ausweisungen a) von Ausländern. Personen, welche nicht die Reichsangehörig- 
keit besitzen, haben kein Recht des Aufenthaltes im Inlande, sie können deshalb aus Gründen 
des öffentlichen Interesses, für deren Feststellung lediglich das Ermessen der zuständigen Be- 
hörde maßgebend ist, ausgewiesen werden). Zuständig zur Ausweisung von Ausländern sind 
nach den M.E.E. v. 24/9. 1867 und 31/1. 1882 (M.Bl. d. i. V. 1867 S. 336 und 1882 
S. 50) die Ortspolizeibehörden. 
  
1) Seuffert a. a. O. S. 257 ff. 
2) Auch dann, wenn durch Staatsvertrag Ausländern das Recht des Aufenthalts im Inlande 
eingeräumt ist, ist in der Regel den zuständigen Behörden das Recht der Ausweisung der Ausländer 
aus den im Texte angegebenen Gründen vorbehalten. So bestimmt z. B. Art. 4 des deutsch-schweize- 
schen Niederlassungsvertrags v. 31/5. 1890, daß durch die auf den Aufenthalt und die Niederlassung 
bezüglichen Bestimmungen das Recht eines jeden der vertragenden Theile, Angehörigen des anderen 
Theils entweder in Folge gerichtlichen Urtheils oder aus Gründen der äußeren und inneren Sicherheit 
des Staats oder aus Gründen der Armen= und Sittenpolizei den Aufenthalt zu versagen, nicht berührt 
wird. Zu beachten ist übrigens, daß durch derartige Staatsverträge grundsätzlich ein subjektives 
öfiffentliches Recht auf Aufenthalt in dem betreffenden Staate, das zur Ergreifung der Verwaltungsklage 
ermächtigte, nicht eingeräumt wird.
	        
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