Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

392 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. I. Kapitel. 8 90. 
Die durch die Polizeibehörden verfügten Ausweisungen von Ausländern erstrecken sich 
aber in ihrer Wirksamkeit lediglich auf das Gebiet des preußischen Staates, da die Behörden 
eines Staates an und für sich nicht befugt sind, den Aufenthalt in einem anderen Staate zu 
verbieten. In den Fällen jedoch, in denen die Landesbehörden durch ausdrückliche reichsgesetz- 
liche Vorschrift (z. B. Str. G. B. §§ 39, 284, 362) zu Ausweisungen ermächtigt worden sind, 
äußern die Ausweisungsverfügungen ihre Kraft für das ganze Reichsgebiet. 
b) Die Ausweisung von Inländern. Nach dem Freizügigkeitsgesetze kann das Recht 
der Freizügigkeit Inländern gegenüber nur insoferne beschränkt werden, als dies reichsgesetzlich 
gestattet ist. In dieser Hinsicht bestimmt aber § 3 Fr. G.: „Insoweit bestrafte Personen nach 
den Landesgesetzen Aufenthaltsbeschränkungen in einem Bundesstaate durch die Polizeibehörde 
unterworfen werden können, behält es dabei sein Bewenden. Solchen Personen, welche derartigen 
Aufenthaltsbeschränkungen in einem Bundesstaate unterliegen, oder welche in einem Bundes- 
staate innerhalb der letzten zwölf Monate wegen wiederholten Bettelns oder wegen wiederholter 
Landstreicherei bestraft worden sind, kann der Aufenthalt in jedem anderen Bundesstaate von 
der Landpolizeibehörde verweigert werden.“ Diese Vorschrift hat insoferne eine wesentliche 
Aenderung durch die §§ 38, 39 R. Str. G.B. über die Polizeiaufsicht erfahren, als für die 
Aufenthaltsbeschränkungen, denen unter Polizeiaufsicht gestellte Personen unterliegen, lediglich 
der §§ 38, 39 R. Str. G.B. maßgebend sind. Neben diesen reichsgesetzlichen Bestimmungen 
sind aber die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bestrafte Personen Aufenthaltsbe- 
schränkungen unterworfen werden können, aufrecht erhalten worden #). 
Für Preußen kommt hier die Vorschrift in § 2 Nr. 2 d. G. v. 31/12. 1842 über die 
Aufnahme neu anziehender Personen in Betracht. Darnach kann die Landespolizeibehörde 
entlassene Sträflinge, welche zu Zuchthaus oder wegen eines Verbrechens, wodurch der Thäter 
sich als einen für die öffentliche Sicherheit oder Moralität gefährlichen Menschen darstellt, zu 
irgend einer anderen Strafe verurtheilt worden, oder in eine Korrektionsanstalt eingesperrt 
gewesen sind, vom Aufenthalte an gewissen Orten ausschließen. Ueber die Gründe einer sol- 
chen Maßregel soll die Landespolizeibehörde nur dem vorgesetzten Ministerium, nicht aber der 
Partei Rechenschaft zu geben schuldig sein. 
4. In das Gebiet der Sicherheitspolizei gehört auch das R.G. v. 4/7. 1872 (R.G. Bl. 
S. 253; Bek. d. B. R. v. 5/7. 1872, a. a. O. S. 254), betreffend der Orden der Gesell- 
schaft Jesur). Nach diesem Gesetze können die Mitglieder dieses Ordens und der ihm ver- 
wandten Orden und ordensähnlichen Kongregationen, wenn sie Ausländer sind aus dem Bundes- 
gebiete ausgewiesen werden, wenn sie Inländer sind kann ihnen der Aufenthalt in bestimmten 
Bezirken und Orten versagt oder angewiesen werden. Zuständig zu den betreffenden Verfüg- 
ungen ist die Landespolizeibehörde. 
5. Paßpolizei; Meldewesens). Bezüglich der Paßpolizei bildet die Grundlage 
das R.G. v. 12/10. 1867, betreffend das Paßwesen (B.G.Bl. S. 33). Nach demselben be- 
dürfen Angehörige des deutschen Reiches zum Ausgange aus dem Reichsgebiete, zur Rückkehr 
in dasselbe, sowie zum Aufenthalte und zu Reisen innerhalb desselben keines Reisepapiers. 
Doch sollen ihnen auf ihren Antrag Pässe oder sonstige Reisepapiere ) ertheilt werden, wenn 
ihrer Befugniß zur Reise gesetzliche Hindernisse (Militärpflicht, Aufenthaltsbeschränkungen 
  
1) Vgl. über die Frage, ob die Bestimmung des § 2 N. 2 G. v. 31/12. 1842 noch in Kraft 
ist, Seuffert a. a. O. S. 259 und Bornhak a. a. O., III, S. 185 f. 
2) Vgl. Meurer, Art. Jesuitengesetz in Stengel's Wörterbuch des d. Verw.-Rechts, lI, 
S. 677 ff. 
3) Jolly, Art. Paßwesen in Stengel's Wörterbuch des d. Verw.-Rechts, II, S. 206. — 
Leuthold, Art. Meldewesen, ebendaselbst, II, S. 92 ff. 
4) Vgl. über die Paßkarten Vertrag v. 21/10 1850 (M. Bl. d. i. V. 1851. S.7 und Cirk.N. 
v. 20/9. 1853 (Min. Bl. d. i. V., S. 235).
	        
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