Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 94a. Die Führung der Civilstandsregister. 407 
vorübergehender Behinderung oder gleichzeitiger Erledigung des Amtes des Standesbeamten 
und der Stellvertreter kann die nächste Aufsichtsbehörde die einstweilige Beurkundung des 
Personenstandes einem benachbarten Standesbeamten oder Stellvertreter übertragen. Die 
Bestellung der Standesbeamten und ihrer Stellvertreter erfolgt durch die höhere Verwaltungs- 
behörde. Geistlichen der anerkannten christlichen Kirchen und den Dienern anderer mit Korpo- 
rationsrechten versehenen Religionsgesellschaften darf das Amt nicht übertragen werden 
(§ 3 d. G.). . 
In den den Umfang einer Gemeinde oder eines selbstständigen Gutsbezirkes nicht über- 
schreitenden Standesamtsbezirken hat der Vorsteher der Gemeinde (Bürgermeister, Ortsvor- 
steher, Schultheiß), oder der Gutsvorsteher oder dessen gesetzlicher Stellvertreter die Geschäfte 
des Standesbeamten im Auftrage des Staates wwahrzunehmen, sofern nicht durch den Ober- 
präsidenten ein besonderer Standesbeamter bestellt ist 1). Jedoch ist der Vorsteher der Ge- 
meinde befugt, diese Geschäfte mit Genehmigung des Oberpräsidenten anderen Beamten der 
Gemeinde widerruflich zu übertragen. Die Gemeindebehörde, welche zur Beschlußfassung über 
die Errichtung neuer Gemeindeämter zuständig ist, kann die Aufstellung besonderer Standes- 
beamten beschließen. In solchem Falle erfolgt die Ernennung der Standesbeamten und ihrer 
Stellvertreter durch den Gemeindevorstand mit Genehmigung des Oberpräsidenten. Die 
durch den Gemeindevorstand ernannten besonderen Standesbeamten und deren Stellvertreter 
sind in allen Beziehungen Gemeindebeamte, und stehen als solche unter der Aufsicht der Ge- 
meinde-Behörde. Die durch die höhere Verwaltungsbehörde erfolgte Bestellung und Genehmig- 
ung zur Bestellung ist jederzeit widerruflich (§§ 4, 5 d. G.). 
Ist ein Standesamtsbezirk aus mehreren Gemeinden gebildet, so werden der Standes- 
beamte und dessen Stellvertreter stets von den höheren Verwaltungsbehörden bestellt. Ein 
jeder Vorsteher oder anderer Beamte einer dieser Gemeinden ist verpflichtet, das Amt des 
Standesbeamten oder des Stellvertreters zu jübernehmen. Dieselbe Verpflichtung haben die 
besoldeten Vorsteher der aus mehreren Gemeinden eines Kreises zusammengesetzten Verwalt- 
ungsbezirke, bezw. Verbände: kommissarische Amtsvorsteher, Amtmänner in Westfalen, Land- 
bürgermeister in der Rheinprovinz (§ 6 d. G., vergl. auch § 3 preuß. G. v. 9/3. 1874, M. E. 
v. 3/8. 1874, M.Bl. f. d. i. V. S. 165). 
Die etwa erforderliche Entschädigung der von den Gemeinden bestellten besonderen 
Standesbeamten fällt der Gemeinde zur Last. Die zur Uebernahme des Amtes des Standes- 
beamten oder des Stellvertreters verpflichteten Gemeindebeamten sind berechtigt, für Wahr- 
nehmnng der standesamtlichen Geschäfte von den zum Bezirke ihres Hauptamtes nicht gehörigen 
Gemeinden eine in allen Fällen als Pauschsumme festzusetzende Entschädigung zu beanspruchen. 
In den Stadtgemeinden erfolgt die Festsetzung durch die Gemeindevertretung, für die Land- 
gemeinden durch Beschluß des Kreisausschusses. Beschwerden über die Festsetzung sind innerhalb 
zwei Wochen beim Bezirksausschuß anzubringen, der endgültig beschließt. Die Entschädigung 
der von der höheren Verwaltungsbehörde bestellten Standesbeamten, welche nicht Gemeinde- 
beamte sind, fällt der Staatskasse zur Last. Die sächlichen Kosten der Standesamtsführung 
werden mit Ausnahme der Kosten der Register und Formulare zu allen Registerauszügen, 
die vom Ministerium des Innern auf Staatskosten geliefert werden, von den Gemeinden 
getragen. In Standesamtsbezirken, die aus mehreren Gemeinden gebildet sind, wird die den 
Standesbeamten oder den Stellvertretern zu gewährende Entschädigung und der Betrag der 
sächlichen Kosten auf die einzelnen betheiligten Gemeinden nach der Seelenzahl vertheilt, wenn 
nicht die einen Standesamtsbezirk bildenden Gemeindeverbände die Kosten auf ihren Etat über- 
nehmen (88 7, 8, 9 d. G., § 154 Z.G., M. E. v. 9/4. 1878, M. Bl. f. d. i. V. S. 78 
und v. 1/12. 1875). 
1) Nach § 10 R.G. v. 6/2. 1875 werden den Gemeinden im Sinne dieses Gesetzes die selbst- 
ständigen Gutsbezirke und den Gemeindevorstehern die Gutsvorsteher gleich geachtet. 
 
	        
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