8 97. Die Armenverwaltung. 417
Unterstützung der aus dem Auslande übernommenen Inländer und der den Ortsarmenverbänden
zu gewährenden Beihilfen einen Landarmenverband; außerdem hat aber noch die ganze Provinz
hinsichtlich der Aufnahme der Ortsarmen in die Landarmenhäuser gegen Entschädigung und
der Fürsorge für Geisteskranke, und Taubstumme den Charakter eines Landarmenverbandes;
2. der Landarmenverband der Provinz Westpreußen; 3. der Landarmenverband der Provinz
Brandenburg; 4. der Landarmenverband der Stadt Berlin; 5. der Landarmenverband der
Provinz Pommern; 6, der Landarmenverband der Provinz Schlesien mit Ausschluß der Stadt
Breslau; 7. der Landarmenverband des Stadtkreises Breslau; 8. der Landarmenverband der
Provinz Sachsen; 9. der Landarmenverband der Provinz Posen; 10. der Landarmenverband
der Provinz Schleswig-Holstein ausschließlich des Kreises Herzogthum Lauenburg; 11. der
Landarmenverband des Kreises Herzogthum Lauenburg; 12. der Landarmenverband der Pro-
vinz Hannover; 13. der Landarmenverband des Regierungsbezirkes Kassel; 14. der Landarmen-
verband des Regierungsbezirkes Wiesbaden und zwar gemäß § 101 hefs.-nass. Pr.O. einschließlich
der Stadt Frankfurt; 15. der Landarmenverband der Provinz Westfalen; 16. der Landarmen-
verband der Rheinprovinz; 17. der Landarmenverband der hohenzollern'schen Lande.
II. Die Mittel der Armenverwaltung. Die Mittel zur Unterhaltung der
Armen sollten nach A.L.R. II, 19, §§ 25— 27 so viel als möglich aus den Zinsen der
dazu bereits vorhandenen Stiftungen und Kapitalien entnommen werden, auch sollte es bei
den zu solchem Ende theils schon angeordneten, theils nach Bewandtniß der Umstände unter
Erlaubniß des Staates besonders zu veranstaltenden Kirchen= und Hauskollekten sein Be-
wenden haben. Bei der Unzulänglichkeit dieser Beträge. sollten die Kommunen unter Genehmig-
ung des Staates berechtigt sein, den Luxus, die Ostentation und die öffentlichen Be-
lustigungen ihrer wohlhabenden Einwohner mit gemäßigten Taxen zu belegen. Durch § 74
G. v. 8/3. 1871 sind nun alle gesetzlichen Bestimmungen, welche die Erhebung einer Abgabe
von öffentlichen Lustbarkeiten zu Armenzwecken vorschreiben, aufgehoben worden; gleichzeitig
wurde jedoch die Befugniß der Gemeindebehörden zur Einführung oder Forterhebung solcher
Abgaben nach Maßgabe der Gemeindeverfassungsgesetze aufrecht erhalten ).
Zur Verpflegung der Armen sollen ferner alle Strafgelder, die durch gesetzliche Be-
stimmungen den Armenkassen überwiesen sind, verwendet werden. Zur Unterhaltung der
öffentlichen Landarmenhäuser ist vorzüglich der Ertrag der Arbeiten der darin ausgenommenen
Personen bestimmt.
Der etwaige Mehrbedarf muß durch Beiträge der gesetzlich zur Armenpflege Verpflichteten
aufgebracht werden; die Aufbringung ist eine Kommunallast der Ortsarmenverbände, bezw.
Gutsbezirke und Gesammtarmenverbände (§ 2 U. W. G., §§ 2, 7, 8, 9 ff. G. v. 8/3. 1871);
die Kosten die Landarmenpflege werden nach Maßgabe des § 5 U. W.G. und § 29 Abs. 1 G.
v. 8/3. 1871 auf die betreffenden Kreise nach dem Maßstabe der in ihnen aufkommenden direkten
Steuern (§ 70 des G. v. 8/3. 187 1) vertheilt, soferne nicht die Vertretung eines Landarmen-
verbandes mit Genehmigung der Minister des Innern und der Finanzen eine andere Auf-
bringungsweise beschließt, den Vertretungen der Kreise bleibt die Beschlußfassung über die
Aufbringungsweise des auf die letzteren vertheilten Kostenbetrages überlassen.
Was die Vertheilung der Lasten der Armenpflege zwischen den Ortsarmenverbänden und
den Landarmenverbänden anlangt, so ist durch das G. v. 11/7. 1891 (G.S. S. 300) das in
Art. V den § 31 G. v. 8/3. 1871 aufhob und durch die §§ 31 a—e ersetzte, der Anfang der
Entlastung der Ortsarmenverbände durch Betheiligung der größeren Kommunalverbände ge-
macht worden.
v 1) Ueber die Erhebung einer Wildpretsteuer zu Gunsten der Armenkasse vgl. Rönne a. a. O.,
IV, S. 181.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts II, Zweite Auflage: Preußen. 27