Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

428 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. II. Kapitel. § 101. 
zu sorgen. Auch kann er sich im Kassenstatute den Vorsitz im Vorstande vorbehalten. Im 
Uebrigen gelten dieselben Bestimmungen wie für die Ortskrankenkassen. 
IV. Mitglieder der Kassen sind nur die versicherten Arbeiter, auch wenn den Ar- 
beitgebern eine Theilnahme an der Verwaltung und Vertretung eingeräumt ist. Jeder Ver- 
sicherungspflichtige gehört kraft Gesetzes mit Beginn der Beschäftigung derjenigen Orts-, 
Betriebs= oder Baukrankenkasse an, welche an dem Beschäftigungsorte für Arbeiter seines 
Berufszweiges besteht; eventuell ist er der Gemeindekrankenversicherung unterworfen. Zum 
Zwecke der Kontrolle ist den Arbeitgebern die Verpflichtung zur Anmeldung der bei ihnen be- 
schäftigten Arbeitern auferlegt. Nach Beendigung der Beschäftigung kann der Versicherte der 
Kasse freiwillig weiter angehören, bis er kraft Gesetzes Mitglied einer anderen Kasse wird. 
Von dieser gesetzlichen Zugehörigkeit sind diejenigen befreit, welche ihre Betheiligung an einer 
anderen gesetzlich zugelassenen Krankenkasse (Innungskrankenkasse, Knappschaftskasse u. s. w.) 
nachweisen (68 4, 11, 19, 27, 49, 50, 54, 63, 64, 71, 73, 76, 81 K.V.G.). 
V. Die Beiträge zur Deckung der Kosten der Versicherung sind bei den verschiedenen 
Kassen verschieden geregelt. Bei den Orts-, Betriebs-, Bau= und Innungskrankenkassen 
werden die Beiträge in Prozenten des auch der Berechnung des Krankengeldes zu Grunde liegen- 
den durchschnittlichen Taglohnes von 3 M. (vgl. jedoch § 20 Abs. 2) in der Weise bemessen, 
daß sie unter Einrechnung der sonstigen Einnahmen der Kassen zur Deckung der statuten- 
mäßigen, bezw. gesetzlichen Ausgaben ausreichen. Die Beiträge dürfen in der Regel 4½ % 
des durchschnittlichen Taglohns nicht übersteigen. Land= und forstwirthschaftliche Arbeiter, welche 
wegen Fortbezugs von Naturalien kein Krankengeld erhalten, haben entsprechend niedrigere Bei- 
träge zu zahlen. Die Beiträge fallen zu 28 den Arbeitern, zu ½ den Arbeitgebern zur Last 
die Arbeitgeber haben die Beiträge voll zur Kasse einzuzahlen, können aber den auf die Arbeiter 
entfallenden Antheil bei der Lohnzahlung abziehen. Durch Kommunalstatut kann bestimmt 
werden, daß Arbeitgeber, in deren Betrieben Dampfkessel oder durch elementare Kraft bewegte 
Triebwerke nicht verwendet und mehr als zwei dem Versicherungszwange unterliegende Personen 
nicht beschäftigt werden, von der Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen aus eigenen Mitteln 
befreit sind. Rückständige Beiträge unterliegen der Verwaltungsexekution und haben dasselbe 
Vorrecht im Konkurse wie der Dienstlohn (§§ 22, 31, 51—55, 64, 65, 72, 73 K.V.G., vgl. 
auch §5§ 137—145 landw. U.= u. K.V.G.). 
Die Beiträge zur Gemeindekrankenversicherung betragen 1/12 5% des ortsüblichen Tage- 
lohnes gewöhnlicher Tagelöhner und können bis auf 2% erhöht werden; auch hier fallen / 
der Beiträge den Arbeitern, ½ den Arbeitgebern zur Last. Eventuell muß die Gemeindekasse 
Zuschüsse machen (§§ 9, 10, 13 Kr.V.G.). 
Außer den Beiträgen können die Orts-, Betriebs-, Bau= und Innungskrankenkaffen 
statutenmäßig ein Eintrittsgeld im Höchstbetrage des sechsfachen Wochenbeitrages von solchen 
Mitgliedern erheben, welche 13 Wochen vorher keiner anderen Kasse angehörten (§ 26 Kr.V.G.). 
Hinsichtlich der Knappschaftskassen sind die landesgesetzlichen Bestimmungen, aufrecht 
erhalten (vgl. §8§ 17 ff. allg. Berg-G. v. 24/6. 1865). 
Bei den freien Hilfskassen ist eine Grenze der Höhe der Beiträge nicht vorgeschrieben. 
Ebensowenig besteht eine Beitragspflicht der Arbeitgeber oder der Einziehung der Beiträge 
im Verwaltungswege. 
VI. Anlangend die Leistungen der Krankenkassen, so schreibt § 6 bezüglich der Ge- 
meindekrankenversicherung vor, daß als Krankenunterstützung zu gewähren ist: 1. vom Beginn 
der Krankheit ab freie ärztliche Behandlung, Arznei, sowie Brillen, Bruchbänder und ähnliche 
Heilmittel; 2. im Falle der Erwerbsunfähigkeit vom dritten Tage nach dem Tage der Erkrank- 
ung ab für jeden Arbeitstag ein nach Ablauf jeder Woche zu bezahlendes Krankengeld in Höhe 
der Hälfte des gemäß § 8 festgesetzten ortsüblichen Tagelohnes gewöhnlicher Tagearbeiter. 
Die Krankenunterstützung endet spätestens mit dem Ablaufe der dreizehnten Woche nach Be-
	        
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