Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

434 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. II. Kapitel. 8 102. 
Vertretern der versicherten Arbeiter unter Leitung des Reichsversicherungsamtes gewählt. In 
Versicherungsangelegenheiten der land= und forstwirthschaftlichen Arbeiter besteht das Reichs— 
versicherungsamt außer den ständigen aus vier nicht ständigen Mitgliedern, von denen zwei 
durch die Genossenschaftsvorstände aus ihrer Mitte gewählt und zwei als Vertreter der Arbeiter 
durch den Bundesrath aus der Zahl der zu Arbeitervertretern befähigten Personen berufen wer- 
den. Dem Reichsversicherungsamte steht die Aufsicht über den Geschäftsbetrieb der Berufsge- 
nossenschaften und die endgültige Entscheidung von Streitigkeiten zu, welche sich auf die Rechte 
und Pflichten der Inhaber von Genossenschaftsämtern, auf die Auslegung der Statuten und 
die Gültigkeit der vollzogenen Wahlen beziehen 1). Außerdem entscheidet das Reichsversicher- 
ungsamt über Rekurse gegen Entscheidungen der Schiedsgerichte betreffend die Feststellung der 
Entschädigungen (§§ 87 ff. U. V.G.). Das Verfahren des Reichsversicherungsamtes und der 
Schiedsgerichte ist auf Grund gesetzlicher Ermächtigung geregelt durch die kaiserliche VV. v. 
5/8. 1885 u. 2/11. 1885 (R.G. Bl. S. 255 u. 280). 
V. Für die Feststellung und Auszahlung der Entschädigungen enthält das Gesetz ein- 
gehende Vorschriften (§§ 51 ff. U. V. G.). Hervorzuheben ist, daß die Feststellung der Ent- 
schädigung durch den Genossenschaftsvorstand, bezw. Sektionsvorstand erfolgt, gegen dessen 
Bescheid die Berufung auf schiedsrichterliche Entscheidung bei dem Vorsitzenden des Schieds- 
gerichtes stattfindet, in dessen Bezirk sich der Betriebsunfall ereignet hat. Gegen die Ent- 
scheidung des Schiedsgerichtes haben binnen vier Wochen nach der Zustellung der Genossen- 
schaftsvorstand, wie der Verletzte, bezw. dessen Hinterbliebene den Rekurs an das Reichsver- 
sicherungsamt. Die Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung. 
VI. Die Unfallversicherung der Beamten. Die verschiedenen Unfallversicherungs- 
gesetze hatten die in den betreffenden Betriebsverwaltungen des Reiches, eines Bundesstaates 
oder Kommunalverbandes mit festem Gehalte und Pensionsberechtigung angestellten Beamten, 
sowie die in unfallversicherungspflichtigen Betrieben der Heeres= und Marineverwaltungen be- 
schäftigten Personen des Soldatenstandes deshalb ausgeschlossen, weil die Unfallentschädigung 
dieser Personen sich thatsächlich als ein Pensionsanspruch, bezw. als ein Theil der Fürsorge 
für die Hinterbliebenen darstellt, diese Materie aber der Landesgesetzgebung, bezw. speziellen 
Reichsgesetzen vorbehalten bleiben sollte. Es erging nun zunächst das R.G. v. 15/3. 1886, be- 
treffend die Fürsorge für Beamte und Personen des Soldatenstandes in Folge von Betriebs- 
unfällen (R.G.Bl. S. 53), welches bei Unfällen eine entsprechende Erhöhung der Pension, 
bezw. der Reliktengelder zusicherte. Das Gesetz erstreckt sich auch auf diejenigen Reichsbeamten, 
welche weil ohne Gehalt und Pensionsberechtigung früher unter die Unfallversicherungsgesetze 
fielen. Außerdem bestimmte das Gesetz in § 12, daß Betriebsbeamte von Bundesstaaten oder 
Kommunalverbänden, für welche durch die Landesgesetzgebung, bezw. durch Kommunalstatut 
eine den Vorschriften der Unfallversicherungsgesetze mindestens gleichkommende Unfallfürsorge 
getroffen werde, aus der Unfallversicherung ebenfalls ausscheiden, sofern sie derselben, weil ohne 
Gehalt und Pensionsberechtigung angestellt, früher unterlagen. Durch diese Vorschrift wurde das 
preuß. G. v. 18/6. 1887 betreffend die Fürsorge für Beamte in Folge von Betriebsunfällen 
(G. S. S. 202) veranlaßt. Nach § 1d. G. erhalten unmittelbare Staatsbeamte, welche in reichs- 
gesetzlich der Unfallversicherung unterliegenden Betrieben beschäftigt sind, wenn sie in Folge 
eines im Dienste erlittenen Betriebsunfalles dauernd dienstunfähig werden, als Pension 66 ⅜¾ 
ihres jährlichen Diensteinkommens (vgl. § 3), soweit ihnen nicht nach anderweiter gesetzlicher 
Vorschrift ein höherer Betrag zusteht. Sind sie nicht dauernd dienstunfähig, sondern bloß in 
ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt worden, so erhalten sie bei ihrer Entlassung aus dem 
Dienste vorbehaltlich des ihnen nach anderweiter gesetzlicher Vorschrift zustehenden höheren 
  
1) Für einen Theil der Zuständigkeiten des Reichsversicherungsamtes können nach § 92 U.V. G. 
in den einzelnen Staaten Landesversicherungsämter errichtet werden. Preußen hat von dieser 
Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.