Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 103. Die Alters= und Invaliditätsversicherung. 435 
Betrages als Pension: 1. im Falle völliger Erwerbsunfähigkeit für die Dauer derselben den 
vorbezeichnenden Betrag; 2. im Falle theilweiser Erwerbsunfähigkeit für die Dauer derselben 
einen nach dem Maße derverbliebenen Erwerbsfähigkeit zu bemessenden Bruchtheil der vorstehend 
bezeichneten Pension. Nach dem Wegfall des Diensteinkommens sind dem Verletzten außerdem 
die noch erwachsenden Kosten des Heilverfahrens zu ersetzen. 
Die Hinterbliebenen solcher in § 1 bezeichneten Personen, welche in Folge eines im 
Dienste erlittenen Betriebsunfalles gestorben sind, erhalten nach § 2: 1. als Sterbegeld, so- 
ferne ihnen nicht nach anderweiter Bestimmung Anspruch auf Gnadenquartal oder Gnaden- 
monat zusteht, den Betrag des einmonatlichen Diensteinkommens, bezw. der einmonatlichen 
Pension des Verstorbenen, jedoch mindestens 30 M.; 2. eine Rente für die Wittwe, soferne 
die Ehe nicht erst nach dem Unfall geschlossen worden ist, bezw. für die Kinder und Ascendenten 
des Verstorbenen in für die einzelnen Berechtigten verschieden bemessenem Betrage, zusammen 
höchstens 60 % des Diensteinkommens (vgl. auch § 7 d. G.). 
Ein Anspruch auf die in den §§ 1 u. 2 bezeichneten Bezüge besteht nicht, wenn der Ver- 
letzte den Unfall vorsätzlich oder durch ein Verschulden herbeigeführt hat, wegen dessen auf 
Verlust des Titels und Pensionsanspruches gegen ihn erkannt oder wegen dessen ihm die Fähig- 
keit zur Beschäftigung in einem öffentlichen Dienstzweige aberkannt worden ist (§ 5). 
Neben den durch das G. v. 15/3. 1886 eingeräumten Ansprüchen können die betreffen- 
den Personen einen weiteren Anspruch auf Ersatz des durch den Unfall erlittenen Schadens 
gegen den Staat überhaupt nicht und gegen die Betriebsleiter, Bevollmächtigten oder Repräsen- 
tanten, Betriebs= oder Arbeiteraufseher derjenigen Betriebsverwaltung, in deren Dienst sie den 
Unfall erlitten haben, nur dann geltend machen, wenn durch strafgerichtliches Urtheil festgestellt 
worden ist, daß diese den Unfall vorsätzlich herbeigeführt haben (8 8). 
Kommunalbeamten und deren Hinterbliebenen, für welche durch statutarische Festsetzung 
gegen die Folgen eines im Dienst erlittenen Betriebsunfalles eine den Vorschriften der §§ 1 
bis 5 mindestens gleichkommende Fürsorge getroffen ist, stehen gegen den Kommunalverband, 
in dessen Dienst der Unfall erlitten ist, weitergehende Ansprüche nicht zu (§ 11). 
§ 103. Die Alters- und Invaliditätsversicherung 1). I. Das Reichsgesetz, betreffend 
die Invaliditäts= und Altersversicherung der Arbeiter v. 22/6. 1889 (R.G. Bl. S. 97), das 
am 1/1. 1891 seinem ganzen Umfange nach in Kraft getreten ist, beruht, wie die anderen 
Arbeiterversicherungsgesetze auf dem Prinzip des Versicherungszwanges, der bei allen 
Lohnarbeitern und kleinen Betriebsbeamten eintritt, sobald dieselben thatsächlich gegen 
Lohnbeschäftigt sind. Im Einzelnen beruht die Versicherungspflicht theils unmittelbar auf dem 
Gesetz, theils auf Bestimmungen des Bundesrathes. Der Versicherungspflicht sind kraft Ge- 
setzes vom 16. Lebensjahre ab unterworfen alle gegen baaren (§ 3) Lohn oder Gehalt be- 
schäftigten Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge, Seeleute, sowie Dienstboten, außerdem alle 
Betriebsbeamten und Handlungsgehilfen bis zu 2000 M. Lohn oder Gehalt (§ 1). Die 
Versicherungspflicht kann durch den Bundesrath erstreckt werden auf kleine Betriebsunter- 
nehmer, d. h. im Allgemeinen solche, welche nicht regelmäßig wenigstens einen Lohnarbeiter 
beschäftigen, bei Hausindustriellen aber ohne Rücksicht auf die Zahl der von ihnen beschäftigten 
Personen (§2). Ausnahmen von der Versicherungspflicht beruhen ebenfalls theils unmittelbar 
auf dem Gesetz, theils auf Beschlüssen des Bundesrathes; auch können auf Antrag Befreiungen 
eintreten. Kraft Gesetzes sind ausgenommen alle Reichs= und Staatsbeamten, alle Personen 
des Soldatenstandes, die mit Pensionsberechtigung angestellten Kommunalbeamten (§ 4 Abs. 1), 
sowie diejenigen Personen, welche (im Sinne des Gesetzes) bereits invalid sind (§ 4 Abs. 2); 
durch den Bundesrath können ausgenommen werden vorübergehende Dienstleistungen (8 3 
1) Bornhak, Preuß. Staatsrecht, III, 476 ff. — Fsste Art. Invaliditäts= und 
Altersversicherung in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, I, S. 681 und I1, Erg.-Bd. S. 52. 
Daselbst ist auch die zahlreiche Litteratur angegeben. 
  
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