108. Die Baupolizei. 451
Landestheile besondere Beschränkungen, a) für Lauenburg das G. v. 4/11. 1874 (Offiz.
Wochen-Bl. S. 291); b) für die östlichen Provinzen und für Westfalen das G. v. 25/8. 1876
(G. S. S. 405); c) für Hannover das G. v. 4/7. 1887 (G. S. S. 324); d) für Schleswig-
Holstein das G. v. 13/6. 1888 (G. S. S. 243); c) für Hessen-Nassau das G. v. 11/6. 1890
(G. S. S. 173). Für die übrigen Landestheile bestehen ähnliche Bestimmungen nicht.
Darnach bedarf es sowohl für die Einrichtung einer Ansiedelung, als für die einer
Kolonie der vorgängigen polizeilichen Genehmigung. Vor deren Aushändigung darf die polizei-
liche Bauerlaubniß nicht ausgehändigt werden. Die Genehmigung zur Ansiedelung muß ver-
sagt werden, wenn der zu gründende Wohnplatz nicht durch einen jederzeit offenen Weg zugäng-
lich oder wenigstens die Beschaffung eines solchen Weges gesichert ist. Sie kann versagt werden,
wenn von dem Gemeinde--(Guts-)Vorsteher des Bezirkes, zu welchem das zu besiedelnde Grund-
stück gehört, oder von dem Eigenthümer, Pächter und Nutzungsberechtigten eines benachbarten
Grundstückes, oder von dem Vorsteher eines benachbarten Gemeinde-(Guts-)Bezirkes der An-
siedelung widersprochen und glaubhaft gemacht worden ist, daß die Ansiedelung den Schutz der
Nutzungen benachbarter Grundstücke aus dem Feld= oder Gartenbau, der Forstwirthschaft,
Jagd oder Fischerei gefährden würde. Behufs Anbringung derartiger Einsprüche wird der An-
trag auf Errichtung einer Ansiedelung den betheiligten Gemeinde-(Guts-)Vorstehern mitgetheilt
und von diesen in ortsüblicher Weise bekannt gemacht. Für Hannover gelten mehrfache Be-
sonderheiten, wesentlich mit Rücksicht auf die dortigen Moorverhältnisse: darnach muß die Ge-
nehmigung versagt werden, abgesehen von dem Falle der Unzugänglichkeit — in welcher Hin-
sicht aber die Verbindung durch eine Schiffahrtsstraße genügt —, wenn die Gemeinde-, Kirchen-
und Schulverhältnisse nicht dem öffentlichen Interesse und dem bestehenden Rechte gemäß ge-
ordnet sind, und außerdem in Moordistrikten, so lange die Entwässerung nicht durchgeführt ist.
Einer Ansiedelungsgenehmigung bedarf es in Hannover auch zur Errichtung von Unterkunfts-
stätten aus Holz, Torf u. s. w., welche nicht bloß vorübergehend zur Wohnung dienen sollen.
Bei dem Antrage auf Errichtung einer Kolonie ist ein Plan vorzulegen, welcher angiebt,
wie die Gemeinde-, Kirchen= und Schulverhältnisse geordnet werden sollen (in Hannover auch,
daß die nöthigen Mittel hierzu vorhanden sind). So lange es an diesem Nachweise fehlt, kann
die Genehmigung versagt werden; in Hannover muß sie versagt werden.
Zuständig ist für die Entscheidung über Zulassung der Ansiedelung die Ortspolizeibe-
hörde. Gegen den Bescheid steht den Betheiligten binnen zwei Wochen die Klage im Verwalt-
ungsstreitverfahren offen, welche an den Kreisausschuß, in Stadtkreisen an den Bezirksausschuß,
in Hannover stets an den Bezirksausschuß geht (5 148 Z.G.).
Ueber den Antrag auf Errichtung einer Kolonie entscheidet in erster Instanz der Kreis-
ausschuß, in Stadtkreisen die Ortspolizeibehörde; gegen die Entscheidung ist Berufung auf das
Verwaltungsstreitverfahren zulässig.
Unberührt bleiben die Bestimmungen, welche die Errichtung von Gebäuden in der Nähe
von Forsten, Eisenbahnen u. s. w. polizeilichen Beschränkungen unterwerfen?#.
IV. Abgesehen von diesen allgemeinen landesgesetzlichen Beschränkungen der Baufreiheit
für Grundstücke innerhalb und außerhalb der Ortschaften ist die Bebauung der Grundstücke
reichsrechtlichen Beschränkungen unterworfen in der Umgebung von Festungen durch das R.G.
v. 21/12. 1871, betreffend die Beschränkung des Grundeigenthums in der Umgebung von Fest-
ungen (R.G. Bl. S. 459)2) und im Gebiete der Reichskriegshäfen durch R.G. v. 19/6. 1883,
betreffend die Reichskriegshäfen (R.G.Bl. S. 105))).
1) Nicht in das Gebiet der Baupolizei, sondern der Bevölkerungspolitik gehört das G. v. 26/4.
1886, betr. die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen (G.S.
S. 181). Siehe den Art. Ansiedelungen (deutsche) von Gneist in Stengel's Wörterbuch des Verw.=
Rechts, I, S. 53 ff.
2) Kirchenheim, Art. Festungen in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, 1, S. 390 ff.
8) Perels, Art. Kriegshäfen, ebendaselbst, I, S. 872. 2.