452 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. 8 108.
Außerdem ist, wie bereits hervorgehoben, das Baupolizeirecht geregelt durch Polizeiverord-
nungen, neben welchen im Gebiete des allgemeinen Landrechtes noch die Bestimmungen in T. 1,
Tit.8, 8865ff. in Kraft sindi). Die Grundsätze des hiernach geltenden Baupolizeirechtes sind fol-
gende: 1. Die Ausführung oder Veränderung aller oder gewisser baulicher Anlagen ist von einer
polizeilichen Genehmigung abhängig. Im Falle der Vornahme eines Baues ohne Genehmigung
oder der eigenmächtigen Abweichung vom genehmigten Bauplane tritt Bestrafung wegen Ueber—
tretung der Polizeiverordnung ein. Ebenso kann die Beseitigung der Bauanlage verlangt werden,
wenn und soweit derselbe den baupolizeilichen Vorschriften nicht entspricht. 2. Die Bauaus-
führung wird polizeilich überwacht. Mit Strafe bedroht ist sowohl die gefahrdrohende Verletz-
ung der Regeln der Baukunst, als die Außerachtlassung der erforderlichen Sicherheitsmaßregeln
während des Baues (R. Str. G. B. 8§ 330 u. 33614; Gew.O. § 120 Abs. 3 u. § 1479).
3. In den Städten sind meistens mehrere technische Revisionen vorgeschrieben und zwar nach
Vollendung des Rohbaues, nach der des ganzen Baues, mitunter auch nach Legung der Grumd-
mauern (Bauabnahme). Vielfach ist das Beziehen der Wohnungen erst gestattet, nachdem eine
bestimmte Frist nach der letzten Revision verstrichen ist. 4. Bezüglich schon vorhandener Bauten
bestehen insoweit Einschränkungen, als alle Feuerstellen in baulichem und brandsicherem Zu-
stande erhalten werden müssen (R. Str. G. B. § 3684). Ebenso sind Gebäude, die den Einsturz
drohen, auf polizeiliche Aufforderung auszubessern, bezw. niederzureißen (R. Str. G. B. S 36713).
Im Falle der Unterlassung kann, abgesehen von der Strafe, das Gebäude nach A.L. R. I, 8,
88 36 ff. auf Kosten des Eigenthümers hergestellt, auf seine Gefahr verkauft, der Gemeinde
zugeschlagen oder abgebrochen werden. Außerdem sind die Zwangsmaßregeln nach L.V.G.
§§ 132 ff. in solchen Fällen zulässig. 5. Bei einzelnen baupolizeilichen Bestimmungen sehen
die Baupolizeiordnungen die Zulässigkeit von Dispensationen vor. Ueber die Ertheilung der
Dispensation beschließt nach § 145 Z.G. der Kreisausschuß, in Stadtkreisen und in den zu
einem Landkreise gehörigen Städten von mehr als 10000 Einwohnern (in Hannover in allen
Städten mit Ausnahme der in § 27 hann. Kr. O. aufgeführten) der Bezirksausschuß, soweit
nicht nach der betreffenden Bauordnung die Zuständigkeit anderer Organe begründet ist. Ver-
fügungen der letzteren unterliegen der Anfechtung nur im Wege der Beschwerde an die Aufsichts-
behörde. Der Bezirksausschuß tritt in allen Fällen an die Stelle der Regierung. Der Beschluß
ist außer dem Antragsteller auch der zur Ertheilung der Bauerlaubniß zuständigen Behörde
zuzustellen, beide haben gegen den Beschluß ein Beschwerderecht. Die Beschwerde geht, wenn
es sich um einen Beschluß des Bezirksausschusses in erster Instanz handelt, an den Minister
der öffentlichen Arbeiten, im Uebrigen findet der in Beschlußsachen gewöhnliche Instanzen-
zug statt ).
1) Nach dem in den alten Provinzen geltenden G. v. 17/7. 1846 (G. S. S. 399) können da,
wo die feuer= und baupolizeilichen Vorschriften in Städten und auf dem platten Lande von einander
abweichen, und wo durch Anwendung der für das platte Land bestehenden Vorschriften bei Gebäuden
auf solchen zum platten Lande gehörigen Grundstücken, welche sich innerhalb der Städte oder im Ge-
menge mit städtischen bebauten Grundstücken befinden, die Feuersicherheit der Stadt erheblich gefährdet
wird, diese Gebäude einschließlich der auf Vorwerken und Rittergütern besindlichen, durch Beschluß des
Bezirksausschusses den für städtische Gebäude bestehenden Vorschriften unterworfen werden (§ 143 Z.G.).
2) Dagegen enthält die Reichsgewerbe-Ordnung keine Vorschrift (anders die preuß. Gew.O. v.
17/1. 1845) inhaltlich deren für Baumeister und Bauhandwerker der Nachweis der Befähigung verlangt
wird; ebensowenig besteht eine Bestimmung, wornach die Bauausführung nur besonders gualifizirten
Personen übertragen werden darf.
5) Bezüglich der Erhaltung, bezw. Wiederherstellung von Stadtmauern, Thoren, Thürmen,
Wällen u. dgl. enthält die Kab.O. v. 20/6. 1830 (G.S. S. 113) besondere Bestimmungen. Ebenso
ist die Wegnahme und Beschädigung öffentlicher Denkmäler untersagt (A.L.R. I, 8, § 35, R. Str. G. B.
§ 304) und jede wesentliche Aenderung an öffentlichen Gebäuden und Denkmälern ist an die allerh.
Genehmigung geknüpft (Kab.O. v. 4/10. 1815, G. S. S. 206). Zur Erhaltung der Kunst= und histori-
schen Denkmäler ist unter dem Kultusminister ein besonderer Konservator der Kunstdenkmäler angestellt