8 110. Das Versicherungswesen. 455
Die Feuerversicherungsagenten sind zwar von der Konzessionspflicht entbunden, unterliegen
jedoch einer Anzeigepflicht nach Maßgabe des § 14 Abs. 2 R.Gew.O.
II. Die hier einschlagenden landesgesetzlichen Vorschriften beziehen sich entweder auf
das Versicherungswesen überhaupt oder auf bestimmte Arten der Versicherung. In ersterer
Hinsicht ist für die alten Provinzen Preußens maßgebend das G. v. 17/5. 1853, betreffend
den Geschäftsverkehr der Versicherungsanstalten (G. S. S. 293). Darnach bedürfen Unter-
nehmer von Versicherungsanstalten jeder Art der Genehmigung der Staatsbehörde, widrigen-
falls Bestrafung nach § 360 Nr. 9 R. Str. G. B. erfolgen kann (vgl. auch §7 G. v. 17/6.1853).
Zuständig zur Ertheilung der Genehmigung ist der Regierungspräsident des Wohnortes
des Unternehmers!). Ausländische Unternehmer von Versicherungsanstalten bedürfen, wenn
sie im Inlande Agenten bestellen wollen, dazu, sofern nicht durch Staatsverträge etwas anderes
bestimmt ist, der Erlaubniß der Ministerien.
Die ausländischen Unternehmern ertheilte Erlaubniß kann jederzeit ohne Angabe von
Gründen widerrufen werden. Im Uebrigen sind für die Zurücknahme der Konzession die all-
gemeinen gesetzlichen Bestimmungen maßgebend. Demgemäß hat die Zurücknahme zu erfolgen,
wenn aus Handlungen und Unterlassungen des Inhabers der Mangel der erforderlichen, bei
der Konzessionirung vorausgesetzten Eigenschaften erhellt. Ueber die Zurücknahme entscheidet
auf Klage der zuständigen Behörde der Bezirksausschuß (Z. G. § 120 Nr. 2).
Auf die neuen Provinzen ist das G. v. 17/5. 1853 nicht ausgedehnt; in Hannover ist
jedoch zur Errichtung von allen Versicherungsanstalten mit Ausnahme von Korporations= und
Sterbekassen Genehmigung erforderlich (hannov. Gew.O. v. 1847 § 43; G. v. 15/6. 1848
5 1)).
III. Besondere Bestimmungen gelten für die Feuerversicherung. Zunächst unterliegt
der gesammte Geschäftsbetrieb der Feuerversicherungsunternehmer besonderen gewerbepolizei-
lichen Beschränkungen. Dieselben beruhen für die alten Provinzen auf dem G. v. 8/5. 1837
über das Mobiliarversicherungswesen (G. S. S. 102), dessen Vorschriften durch die Kab.O. v.
30/5.1841 (G. S. S. 132) zum Theil auch auf die Immobiliarversicherung ausgedehnt wurden.
Für alle Feuerversicherungen ist bestimmt, daß kein Agent und keine Gesellschaft eine
Police oder einen Prolongationsschein aushändigen darf, bevor die Polizeibehörde des Wohn-
ortes des Versicherungssuchenden die Erklärung abgegeben hat, daß der Aushändigung keine
polizeilichen Bedenken entgegen stehen. Gegen die Versagung der nachgesuchten Erklärung
finden dieselben Rechtsmittel statt, wie gegen sonstige polizeiliche Verfügungen.
Die Versicherung von Mobilien gegen Feuersgefahr darf nur nach dem gemeinen Werthe,
und wenn es sich um einen und denselben Gegenstand handelt, abgesehen von größeren kauf-
männischen Waarenlagern, nicht bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften, auch nicht bei
ausländischen Gesellschaften direkt ohne Vermittelung inländischer Agenten erfolgen. Eine zu
hohe Mobiliarversicherung darf die Polizeibehörde auf den gemeinen Werth reduziren. Zur
Versicherung von Mobilien ist deren Angabe nach Stücken oder Gattungen erforderlich, bei
stetig wechselnden Beständen ist jedoch unter genauer Buchführung auch eine Versicherung nach
dem durchschnittlichen oder muthmaßlich höchsten Werthe zulässig. Die Art der Buchführung
der Agenten ist gesetzlich vorgeschrieben. Der Entschädigungsanspruch des Versicherten darf
den wirklichen Verlust nicht übersteigen. Nach Feststellung der Entschädigungssumme hat die
Gesellschaft oder der Agent der Ortspolizeibehörde davon Anzeige zu machen und die Zahlung
1) Zweifelhaft ist, ob daneben noch die durch A.L.R., I, 11, § 561 vorgeschriebene Genehmigung
für gemeinschaftliche Wittwen-, Sterb= und Aussteuerkassen durch den Oberpräsidenten (Kab.O. v. 29/9.
1833) nothwendig ist (vgl. Bornhak a. a. O., S. 408).
2) Bezüglich der in anderen Landestheilen geltenden Vorschriften vgl. die Zusammenstellung bei
Grotefend, Preuß. Verw.-Recht, II. S. 759, Note 6.