§ 111. Das öffentliche Wasserrecht. 459
nach näherer Vorschrift des Gesetzes (§ 2) die Betheiligten zu hören hat. Im Uebrigen regelt
das Gesetz die Verpflichtung, welche den Ufernbesitzern an öffentlichen Flüssen im Interesse der
Schiffbarkeit und der Unterhaltung derselben obliegen 7.
Privatflüsse können vom Staate schiffbar gemacht werden gegen Schadloshaltung der
bisherigen Eigenthümer für die dadurch entzogenen Nutzungen und die vermehrten Lasten.
Durch die Schiffbarmachung gehen indessen die Eigenthumsrechte, soweit sie mit der nunmehrigen
Bestimmung des Flusses bestehen können, nicht verloren.
Die Befugniß, Polizeivorschriften über Gegenstände der Strom-, Schiffahrts= und Hafen-
polizei zu erlassen, steht, soweit nicht gemäß § 136 Abs. 2 L.V.G. der Minister für Handel und
Gewerbe zum Erlasse befugt ist, nach §138 L.V.G. ausschließlich dem Regierungspräsidenten
und wenn die Vorschriften sich auf mehr als einen Regierungsbezirk oder auf die ganze Provinz
erstrecken sollen, dem Oberpräsidenten, soweit aber mit der Verwaltung dieser Zweige be-
sondere, unmittelbar vom Minister für Handel und Gewerbe ressortirende Behörden beauftragt
sind, den Letzteren zu. Für Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnungen können Geldstrafen
bis zu 60 M. angedroht werden.
III. Insoweit das Wasser von Bedeutung für die Landwirthschaft ist, kommen vor Allem
in Betracht die Bewässerungs= und Entwässerungsunternehmungengn). Eine ein-
heitliche Regelung der Materie fehlt in Preußen. Die im Jahre 1866 mit der Monarchie
vereinigten Gebiete haben ihr früheres Recht behalten; auch für die übrigen Provinzen ist nur
die Regelung der Bewässerung (nicht der Entwässerung) einheitlich erfolgt durch das G. v.
28/2. 1843 über die Benützung der Privatflüsse (G. S. S. 41) und die spätere Ausdehnung
desselben auf die rheinischen Gebietstheile durch V. v. 9/1. 1845 (G.S. S. 35).
Die Grundsätze des geltenden Rechtes sind folgende: 1. Ent= und Bewässerungen, durch
deren Anlage Wasser aus öffentlichen (schiffbaren) Flüssen entnommen oder in dieselben geleitet
werden soll, bedürfen der Genehmigung der Stromverwaltungsbehörde. 2. Abgesehen hiervon
ist für die Ausführung von Ent= und Bewässerungen eine vorgängige Genehmigung nicht vor-
geschrieben, ausgenommen für Hannover (hannov. G. v. 22/8. 1847 8§ 4, 5, 22, 53) und
für das vormals kurhessische und das vormals nassauische Gebiet (§§ 16, 17 kurh. V. v. 31/12.
1824 und § 2 nass. V. 27/7. 1858). 3. Werden durch solche Unternehmungen öffentliche
Interessen, namentlich der Schiffahrt berührt, so müssen derartige Anlagen unterbleiben oder
eingeschränkt werden, ohne daß der Unternehmer Anspruch auf Entschädigung hätte (88 16, 17
preuß. G. v. 15/11. 1811 und § 15 preuß. G. v. 28/2. 1843; schlesw. V. v. 6/9. 1863;
hannov. G. v. 22/8.1847; §60 bayer. G. v. 28/5. 1852, Art. 56, 60, 52). 4. Berühren die
Anlagen für die Zuführung oder Abführung des Wassers fremde Grundstücke oder werden durch
die Veränderung der Wasserverhältnisse die dritten Personen zustehenden Rechte auf Benutzung
des Wassers beeinträchtigt, so findet ein gesetzliches Verfahren statt, welches die Interessen der
Landeskultur mit den bestehenden Privatrechten in billiger Weise auszugleichen bestimmt ist.
Streitigkeiten über Existenz und Umfang der bestehenden Rechte sind nach den Grundsätzen des
Privatrechtes zu entscheiden, soweit nicht einzelne Gesetze abweichende Vorschriften enthalten.
Nach dem Vorflut-Ed. v. 1811 §§ 13 ff. (ogl. auch G. v. 92.1867 für Neuvorpommern
und rhein. Vorflut-G. v. 14/6. 1859) 3) kann jeder Grundbesitzer die Anlegung neuer Ent-
wässerungsgräben und die Einschränkung oder völlige Beseitigung von Stauanlagen gegen voll-
1) Vgl. über die Rechtsmittel gegen die Anordnung der Strombauverwaltung § 13 d. G.
2) Rönne, a. a. O., IV, S. 342 ff. — Bornhak, a. a. O., III, S. 304 ff. — Hue de
Grais, a. a. O., S. 416. — Frank-Nieberding, Wasserrecht und Wasserpolizei (1889), S. 84 ff.
— Hermes, Art. Bewässerungen und Entwässerungen in Stengel's Wörterbuch des Verw.=
Rechts, 1, S. 192 ff.
3) Hinsichtlich der neuen Provinzen vgl. namentlich: Lauenburg. Wasserlös.-O. 88 2, 6, 7, holstein.
Wasserlös.-O. 88 2. 7, schlesw. Vf. v. 1863, §§ 44 f., §§ 56 ff., hannov. G. v. 22/8.1847, 88 13 ff.,
64 ff., kurhesfs. G. v. 1834, 88 6 f. u. 1857, 88 1 ff.