Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 111. Das öffentliche Wasserrecht. 461 
wurde. Dasselbe ist durch G. v. 11/4. 1872 (G. S. S. 377) mit mehrfachen Abänderungen 
auf die Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover ausgedehnt, jedoch sind die im Art. II 
d. G. aufgeführten Gebietstheile, namentlich die Marschdistrikte von der Ausdehnung ausge- 
nommen. Von den aufrecht erhaltenen Partikularrechten dieser Landestheile kommen nament- 
lich in Betracht das allgemeine Deichreglement für die Marschdistrikte in Schleswig-Holstein 
v. 6/4. 1803, die Deich= und Sielordnung für das Herzogthum Lüneburg v. 5/4. 1862 und 
die Deich= und Sielordnung für Ostfriesland v. 12/6. 1853. 
Was die Provinz Hessen-Nassau anlangt, so wird nach den daselbst geltenden Vorschriften 
der Deich-(Oammhbau grundsätzlich als ein Theil des den Gemeinden obliegenden Uferschutzes 
betrachtet (ogl. Hermes a. a. O. S. 259). 
Die Deiche sind Schutzdämme gegen die Hochfluthen des Meeres und der Ströme; sie 
sind Winterdeiche, d. h. solche, die gegen die höchsten bekannten Wasserstände, die gewöhnlich 
im Winter und Frühjahr eintreten, schützen sollen, oder Sommerdeiche, die nur zum Schutze 
gegen mittlere Hochwasser errichtet sind. Das ungeschützte Land zwischen Deich und Strom 
heißt Vorland, die eingedeichte Niederung „Koog" (Schleswig-Holstein) oder „Polder“ (nament- 
lich in Ostfriesland). 
Die Anlegung von Deichen, der die Veränderung und Verlegung bestehender Deiche 
gleichsteht, bedarf der vorgängigen Genehmigung der Aufsichtsbehörde (G. v. 28/1. 1848 
§§& 1 ff., schlesw.-holst. Patent v. 1800 Nr. 1I und Deichreglement v. 6/4. 1803 §§F 33, 34, 
lüneburger Deich-O. v. 1862 §§ 4, 15, Deich-O. für Ostfriesland v. 1853 §88 3, 7, kurhess. 
V. v. 1824 8§ 16, 17, bayer. G. über den Uferschutz Art. 20—22, bayer. G. über die Be- 
nutzung des Wassers Art. 10, 11, 36, 40, französ. G. v. 1807 Art. 83). Zuständig zur Er- 
theilung der Genehmigung ist der Bezirksausschuß (Z.G. § 96), der nach seinem Ermessen in 
erheblicheren Fällen die Betheiligten hören und auch eine öffentliche Ladung der Interessenten 
veranlassen kann (§ 2 G. v. 24/1. 1848). Ein Zwang zur Anlegung von Deichen findet gegen 
die einzelne Grundbesitzer nicht statt, wohl aber können Deichverbände gegen den Willen der 
Betheiligten gebildet werden. 
Die Unterhaltung der Deiche liegt, wo Deichverbände bestehen, diesen ob. Was die 
Privatdeiche anlangt, so dürfen die Besitzer die einmal errichtete Anlage ohne Genehmigung 
nicht veränderen oder gar zerstören. Nach dem G. v. 24/1.1848 §§ 4—10 kann der Bezirks- 
ausschuß auch die Unterhaltung, bezw. Wiederherstellung eines zum Schutze der Ländereien 
mehrerer Besitzer dienenden Deiches fordern und die Unterhaltungspflichtigen im Zwangswege 
hierzu anhalten. 
Eine Benützung der Deiche, die deren Widerstandsfähigkeit zu schwächen geeignet ist, 
kann der Bezirksausschuß beschränken (G. v. 24/1.1848 § 24, Deich-O. f. Ostfriesland v. 1853 
§ 50, für Lüneburg v. 1862 88 62 ff., bayer. G. über den Uferschutz Art. 26)7. 
Im Falle der Noth sind alle Bewohner der benachbarten Ortschaften nach Anordnung 
der Polizeibehörde zur persönlichen Hilfeleistung und zur Hergabe der zur Bekämpfung der 
Gefahr dienlichen Materialien verpflichtet (G. v. 24/1. 1848 § 25, schlesw.-holst. Deich- 
reglement § 31, lüneb. Deich-O. 8§8 55 ff., ostfries. Deich-O. §§ 44 ff., bayer. Uferschutz-G. 
Art. 17). 
* die Deichverbände (Koege, Deichachten) anlangt, so giebt das G. v. 24/1. 1848 
in Abschnitt II gesetzliche Normalbestimmungen für neu zu bildende Deichverbände, läßt da- 
gegen die bei Erlaß des Gesetzes bestandenen Deichordnungen und -Statuten in Kraft mit dem 
Vorbehalte, daß erforderlichen Falles eine Revision derselben im Wege landesherrlicher Ver- 
ordnung stattzufinden hat. Für die meisten Verbände ist diese Revision erfolgt. Nach dem G. 
— 
1) Die vorsätzliche oder fahrlässige Beschädigung von Dämmen und Deichen ist mit Strafe be- 
droht (R. Str. G. B. 88 305, 321, 3206). 
 
	        
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