s 1186. Der Grundbesitz und die Landwirthschaft. 479
Dasselbe hob eine Reihe gutsherrlicher Rechte, insbesondere das Obereigenthum des Lehens-
herren bei den innerhalb des Staates belegenen Lehen, mit Ausnahme der Thronlehen, das
Obereigenthum des Guts= oder Grundherrn und des Erbzinsherrn, das Eigenthumsrecht des
Erbverpächters, das Heimfallsrecht der Gutsherrn an Grundstücken und Gerechtsamen und
eine Anzahl sonstiger Rechte ohne Entschädigung zu Gunsten der Bauern auf und verbot die
Neubegründung der aufgehobenen Rechtsverhältnisse. Gleichzeitig wurde in §8§ 6 ff. bestimmt,
daß alle beständigen Abgaben und Leistungen, welche auf eigenthümlich oder bisher erbpacht-
oder erbzinsweise besessenen Grundstücken oder Gerechtigkeiten hafteten (Reallasten) — mit
Ausnahme der öffentlichen Lasten, einschließlich der Gemeindelasten — nach Maßgabe der
Vorschriften des Gesetzes ablösbar sind und zwar in der Weise, daß zur Feststellung der dem
Berechtigten gebührenden Abfindung der jährliche Geldwerth der abzulösenden Reallasten er-
mittelt wird. Zum Ablös.G. v. 2/3. 1850 sind zwei Novellen v. 19/3. 1860 und 11/6. 1873,
betreffend die Normalpreise (G. S. 1860 S. 98 und 1873 S. 356) ergangen.
Zur Beförderung der Ablösung der Reallasten und zur vollständigen Auflösung des
Rechtsverhältnisses zwischen Berechtigten und Verpflichteten wurden auf Grund eines zweiten
G. v. 2/3.1850 (G. S. S. 112) Rentenbanken errichtet. Dieselben übernehmen die ihnen vom
Berechtigten abzutretenden, von der Ablösungsbehörde auf Grund bestätigter Rezesse zu über-
weisenden Geldrenten und finden den Berechtigten für das zur Ablösung erforderliche Kapital
durch zinstragende, allmählich zu amortisirenden Rentenbriefe ab, während sie die Geldrenten
vom Verpflichteten so lange beziehen, als zur Zahlung der Zinsen und Amortisation erforderlich
ist. Gegenwärtig bestehen Rentenbanken in Königsberg für Ost= und Westpreußen, in Berlin
für Brandenburg und Berlin, in Stettin für Pommern, Schleswig-Holstein und Lauenburg
(G. v. 10/6.1885, G. S. S. 273), in Posen für die Provinz Posen, in Breslau für Schlesien,
in Magdeburg für Sachsen und Hannover und in Münster für Westfalen, Hessen-Nassau und die
rechtsrheinische Rheinprovinz. Die Rentenbanken werden durch kollegialische Direktionen, be-
stehend aus einem Direktor, einem Justitiar und einem Provinzialrentmeister verwaltet und
stehen unter der gemeinschaftlichen Aufsicht des Finanzministers und des Ministers für die
landwirthschaftlichen Angelegenheiten (A.E. v. 24/6. 1850, G.S. S. 341 f.).
2. In den hohenzollerns'schen Landen bestanden zur Zeit der Erwerbung durch
Preußen hauptsächlich nur noch Zehentrechte mit den darauf beruhenden Gegenleistungen und
Lasten, insbesondere Kirchenbaulasten. Diese und alle sonstigen Reallasten mit Ausnahme der
öffentlichen Lasten und derjenigen Abgaben und Leistungen zur Erbauung und Unterhaltung
der Kirchen-, Pfarr-, Meßnerei= und Schulgebäude, welche nicht auf Zehnten oder anderen ab-
lösbaren Reallasten ruhen, sind auf Grund des G. v. 28/5. 1860, nach welchem die Ablösung
von Amtswegen erfolgte, zur Aufhebung gelangt.
3. Was die neuen Provinzen anlangt, so blieb zunächst in Hannover die Ablösungs-O.
v. 23/7. 1833 (hann. G.S. Abth. I, S. 147) aufrecht erhalten, durch die V. v. 28/9. 1867
(G. S. S. 1670) wurde jedoch hinsichtlich der dem Domänenfiskus zustehenden Renten be-
stimmt, daß auf die Provokation des Fiskus die Ablösung durch Kapital= oder Amortisations-
rente ebenso bewirkt werden soll wie in den älteren Provinzen nach dem Ablösungs-G. v. 2/3.
1850; durch die GW. v. 3/4. 1869 und 15/2. 1874 (G.S. 1869 S. 544, G.S. 1874 S. 21)
wurde dieses Provokationsrecht auch auf andere Berechtigte ausgedehnt. Wegen Ablösung der
Erbzins= und Erbpachtverhältnisse in den Moor= und Wohnkolonien erging das G. v. 2/7.
1876 (G. S. S. 21).
In der Provinz Schleswig-Holstein, wo sich die frühere Gesetzgebung im Wesent-
lichen auf die Aufhebung der Leibeigenschaft beschränkt hatte, erfolgte durch die G. v. 14/8.
1872 (Off. Wochenblatt S. 247) für Lauenburg und v. 3/1. 1873 (G.S. S. 3) für die übrige
Provinz die Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse und die Ablösung der Real-
lasten im engsten Anschlusse an die altländische Gesetzgebung.