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2. Die Landwirthschaftsschulen (Mittelschulen), sechszehn an der Zahl, sind nach
dem Reglement v. 10/8. 1875 eingerichtet; sie haben die Berechtigung zur Ausstellung von
Befähigungszeugnissen für den einjährig-freiwilligen Dienst (Erl. v. 9/6. 1887). Diese Schulen
sind Veranstaltungen der betheiligten Städte, Kreise und landwirthschaftlichen Centralvereine,
welche als Schulunternehmer auftreten und vom Staate, bezw. von den Provinzen unterstützt
werden; sie sind den Bezirksregierungen und in oberer Instanz gemeinschaftlich dem landwirth-
schaftlichen und Unterrichtsministerium unterstellt.
3. Dem niedereren landwirthschaftlichen Unterricht, dessen Pflege durch die
Dotationsgesetze den Provinzialverbänden übertragen ist, dienen die Ackerbauschulen und die
landwirthschaftlichen Winterschulen und die von Gemeinden oder Kreisen unterhaltenen land-
wirthschaftlichen Fortbildungsschulen.
Daneben kommen noch landwirthschaftliche Spezialschulen für Gartenbau, Obstbau u. s. w.
vor, welche meist von landwirthschaftlichen Vereinen gehalten werden.
IX. Die Spitze der land wirthschaftlichen Verwaltung bildet das Ministerium
für Landwirthschaft u. s. w. Als regelmäßiger technischer Beirath ist demselben das Landes-
ökonomiekollegium ½) mit dem Sitze in Berlin beigegeben (Regulativ v. 27/6. 1859),
dessen Aufgabe es ist, den Minister durch seine Gutachten und Anträge in der Förderung der
Land= und Forstwirthschaft zu unterstützen. Es besteht aus den von den 17 landwirthschaft-
lichen Centralvereinen der Monarchie auf je drei Jahre zu wählenden 19 Mitgliedern und
deren Stellvertretern und aus vom Minister ernannten Mitgliedern (höchstens 9). Das
Kollegium wählt sich für jede dreijährige Sitzungsperiode aus seiner Mitte den Vorsitzenden
und dessen Stellvertreter, und setzt seine Geschäftsordnung selbst fest. Der landwirthschaftliche
Minister beruft das Kollegium zu den Sitzungen, die in der Regel alljährlich stattfinden.
§ 117. Die Viehzucht?:). 1. Maßregeln zur Sicherung tüchtiger Nachzucht
der Pferde und des Rindviehes. Hier ist vor Allem zu erwähnen, daß nach § 56b Abs. 2
R.Gew.O. durch die Landesregierungen das Umherziehen mit Hengsten zur Deckung von
Stuten (die sog. Hengstreiterei) untersagt oder beschränkt werden kann. Ferner werden nach
den in einigen Provinzen bestehenden Körordnungen Privathengste zur Deckung von Stuten
nur zugelassen, nachdem sie von den hiezu bestellten Kommissionen für geeignet befunden
worden sind.
Zur positiven Förderung der Pferdezucht dienen vor Allem die staatlichen, dem Land-
wirthschaftsminister unterstellten Gestüte, die Hauptgestüte, in denen Pferde gezüchtet werden
und die Landgestüte, welche die Veredelung der Privat-Pferdezucht durch Aufstellung von Deck-
hengsten (Beschälern) an geeigneten Orten (Deckstationen) herbeiführen sollen. Außerdem
werden den zur Beschaffung von Deckhengsten zusammentretenden Pferdezuchtvereinen Beihilfen
vom Staate gewährt. Endlich fördert der Staat die Pferderennen durch Prämien; zur Ent-
scheidung der bei Rennen vorkommenden Streitigkeiten ist ein oberstes Schiedsgericht in
Berlin bestellt.
Die Haltung der Zuchtstiere ist Gemeindesache (A.L. R., II, 7 8 37). Für einzelne Landes-
theile bestehen besondere Zuchtstier-Körordnungen, bezüglich deren es freilich zweifelhaft ist,
ob sie als Polizeiverordnungen Gültigkeit haben.
2. Maßregeln gegen Viehseuchen. Durch § 328 R. Str.G.B. ist die Verletzung
der in Betreff der Seuchen von der Behörde angeordneten Absperrungs= und Aufsichtsmaß-
1) Paasche, Art. Landesökonomiekollegium und Landwirthschaftliches Ver-
einswesen in Stengel's Wörterbuch des Verwaltungsrechtes, II, S. 17 ff., 28 ff.
2) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 360, 286 ff., III, 145 ff.
— Bornhak, Preuß. Staatsrecht, III, S. 307 ff. — Dammann, Art. Beschälwesen, Thier-
ärzte, Veterinärwesen, Viehseuchen in Stengel's Wörterbuch des Verwaltungsrechtes, I, 173 ff.,
II. 626 ff., 803 ff., 809 ff.