Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

488 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. § 117. 
regeln mit Strafe bedroht und zur Verhütung möglicher Ansteckung sind durch R.G. v. 252. 
1876 (R.G. Bl. S. 163, Ausf. Bek. v. 20/6. 1886, C. Bl. S. 200 und Erlaß des Ministers 
der öffentlichen Arbeiten v. 19/11. 1886, Eisenb. V. Bl. S. 470) die Eisenbahnverwaltungen 
für verpflichtet erklärt, alle zum Viehtransport benutzten Wagen nach jedesmaligem Gebrauche 
einer Desinfektion zu unterwerfen. 
Außerdem sind auf Grund des Art. 415 R.V. mehrere Reichsgesetze zum Zwecke der Be- 
kämpfung der Rinderpest und der sonstigen Viehseuchen ergangen. Das Rinderpest-G. v. 
v. 7/4. 1869 (B.G.Bl. S. 105, Revid. Instr. v. 9/6. 1873 R.G. Bl. S. 147) mit Nov. 
v. 21/5. 18781) (R.G.Bl. S. 95) gestattet zur Bekämpfung der Rinderpest, Verkehrsbe- 
schränkungen, Absperrung oder Tödtung des kranken oder verdächtigen Viehes, Vernichtung 
der ansteckenden Gegenstände und Desinfizirung. Für die getödteten Thiere und vernichteten 
Sachen wird der durch Taxatoren ermittelte Werth vom Reiche vergütet. Die Durchführung 
der Maßregeln ist Sache der Landesbehörden, doch steht dem Reiche die Aufsicht und gegebenen 
Falles die Bestellung eines Kommissars zu. Bei der Absperrung hat das Militär die nöthige 
Hilfe zu leisten. Jedermann ist zur Anzeige der Erkrankung und des Krankheitsverdachtes, 
sowie zur Unterstützung der in seinem Wohnorte von den Behörden getroffenen Maßregeln 
verpflichtet. Zuwiderhandlungen sind mit Strafe bedroht. 
Auf die übrigen Viehseuchen mit Ausnahme der Rinderpest bezieht sich das R.G., be- 
treffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen v. 28/6. 1880 (R.G.Bl. S. 153) 
und das preuß. Ausf.G. v. 12/3. 1881 (G. S. S. 128 und 178) nebst Anweisung v. 22/3. 
1881 (M. Bl. f. d. i. V. S. 128). Nach diesen Gesetzen ist die Einfuhr seuchenkranker Thiere 
verboten. Beim Ausbruch einer Seuche im Auslande können allgemeine Einfuhrverbote oder- 
Beschränkungen und im Grenzgebiete Verkehrsbeschränkungen und Viehrevisionen angeordnet 
werden. Beim Ausbruche einer Seuche im Inlande, sowie beim Seuchenverdachte sind Vieh- 
besitzer und deren Stellvertreter, Thierärzte und Fleischbeschauer zur Anzeige bei der Polizei- 
behörde verpflichtet. 
Der Ausbruch der Seuche wird durch den Kreisthierarzt festgestellt, der auch alle Vieh- 
und Pferdemärkte auf Kosten der Unternehmer zu beaufsichtigen hat. Zu den Schutzmaßregeln 
gehören die Absonderung, Bewachung oder Beobachtung der kranken oder verdächtigen Thiere, 
die Beschränkung der Benutzung oder des Weideganges, die Stall-, Gehöfts= oder Ortssperre, 
die Impfung oder thierärztliche Behandlung und die Tödtung der erkrankten Thiere, die Des- 
infektion, die Einstellung der Viehmärkte und die thierärztliche Untersuchung aller am Seuchenort 
oder in dessen Umgebung vorhandenen Thiere. 
Für die auf polizeiliche Anordnung gekeulten oder nach derselben an der Seuche gefallenen 
Thiere wird Entschädigung gewährt, welche sich nach dem gemeinen Werthe bemißt, bei Rotz 
aber nur ¾4, bei Lungenseuche nur 1/ desselben beträgt. Die Entschädigung leistet die Staats- 
kasse, waren die Thiere mit Rotz oder Lungenseuche behaftet, so fällt sie den Provinzialverbänden 
zur Last, die den Bedarf nach Maßgabe besonderer Reglements auf die Besitzer von Pferden, 
Eseln, Maulthieren und bezw. Rindvieh vertheilen (vgl. das G. v. 22/4. 1892, betreffend die 
Entschädigung für an Milzbrand gefallener Thiere, G. S. S. 90). Die Feststellung des 
Werthes erfolgt durch eine Kommission, die aus dem Kreisthierarzt und zwei von den Kreis- 
und Stadtausschüssen gewählten Schiedsmännern besteht. 
Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz sind mit Strafe bedroht (§§ 65 ff. d. G.). Die 
Ausführung des Gesetzes liegt den Landesbehörden ob, unter Ueberwachung des Reichskanzlers, 
der einen Reichskommissär zur einheitlichen Leitung bestellen kann. 
  
1) Dasselbe betrifft die Bestrafung der Zuwiderhandlungen gegen die zur Abwehr der Rinder- 
pest erlassenen Vieheinfuhrverbote, da sich der § 328 R. Str.G. B. in dieser Beziehung als nicht aus- 
reichend erwiesen hatte.
	        
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