Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 122. Gewerbe und Industrie. 505 
2. Von der Errichtung und Verlegung gewerblicher Anlagen, deren Betrieb mit außer- 
gewöhnlichem Geräusch verbunden, deren Errichtung aber an keine besondere Genehmigung ge- 
bunden ist, muß der Ortspolizeibehörde Anzeige gemacht werden. Sind in der Nähe der 
gewählten Betriebsstätte Kirchen, Schulen oder andere öffentliche Gebäude, Krankenhäuser 
oder Heilanstalten vorhanden, deren bestimmungsgemäße Benutzung durch den Gewerbebetrieb 
an dieser Stelle eine erhebliche Störung erleiden würde, so hat die Ortspolizeibehörde die 
Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde darüber einzuholen, ob die Ausübung des Ge- 
werbes an der gewählten Betriebsstätte zu untersagen oder nur unter Bedingungen zu gestatten 
sei (R. Gew.O. 8 27). Zuständig zur Entscheidung ist nach § 112 Z.G. der Bezirksausschuß. 
Nach § 113 Z.G. findet in den Fällen des §§ 109— 112 Beschwerde an den Minister 
für Handel und Gewerbe statt. Sofern bei Stauanlagen Landeskulturinteressen in Betracht 
kommen, ist der Minister für Landwirthschaft zuzuziehen. 
3. Ueber die Entfernung, welche bei Errichtung von durch Wind bewegten Triebwerken 
von benachbarten fremden Grundstücken und von öffentlichen Wegen inne zu halten ist, können 
nach § 28 R.Gew.O. die höheren Verwaltungsbehörden durch Polizeiverordnung Bestimmung 
treffen (Z. G. § 111). 
4. Zum Betriebe einzelner Gewerbe ist der Besitz eines von der zuständigen Behörde 
ertheilten Zeugnisses (Approbation)erforderlich, das nur bei Nachweis der vorgeschriebenen 
Befähigung ausgestellt werden darf, aber dann auch ausgestellt werden muß und für das ganze 
Reich Gültigkeit hat. Eine solche Approbation bedürfen: a) Apotheker und Aerzte; auch 
Hebammen (R.Gew.O. 829, vgl. § 105); b) Seeschiffer, Seesteuerleute, Maschinisten der 
Seedampfschiffe und Lotsen (§.31 a. a. O.). Dieselben müssen sich über den Bestitz der erforder- 
lichen Kenntnisse durch ein Zeugniß der zuständigen Behörden (in Preußen des Regierungs- 
präsidenten) ausweisen. Die Prüfungsvorschriften erläßt der Bundesrath. Die Prüfungs- 
zeugnisse gelten für das ganze Reich; bei Lotsen für das im Zeugnisse angeführte Fahrwasser. 
Für Schiffer und Lotsen auf Strömen ist nur dann eine Approbation nothwendig, wenn eine 
solche durch Staatsverträge und die auf Grund derselben ergangenen Verordnungen verlangt 
wird. Uebrigens kann für das Lotsengewerbe ganz allgemein durch Landesgesetz eine besondere 
Genehmigung vorgeschrieben werden (§ 34 Abs. 3 R.Gew.sO.). 
5. Nach § 30 a R.Gew.O. kann der Betrieb des Hufbeschlaggewerbes durch die Landes- 
gesetzgebung von der Beibringung eines Prüfungszeugnisses abhängig gemacht werden, das für 
den ganzen Umfang des Reiches gilt. In Preußen hat das G. v. 18/6. 1884 (G. S. S. 305) 
ein solches Zeugniß vorgeschrieben. 
6. Einer persönlichen Konzession, die aber nur versagt werden darf, wenn die 
gesetzlichen Voraussetzungen zum Betriebe des Gewerbes fehlen, bedürfen nach § 30 R.Gew.O. 
Unternehmer von Privatkranken-, Privatentbindungs= und Privatirrenstalten (vgl. § 100). 
7. Ebenso bedürfen nach § 32 a. a. O. Schauspielunternehmer zum Betriebe ihres Ge- 
werbes der Erlaubniß, die zu versagen ist, wenn die Behörde auf Grund von Thatsachen die 
Ueberzeugung gewinnt, daß der Nachsuchende die zum Gewerbebetriebe erforderliche Zuver- 
lässigkeit, insbesondere in sittlicher, artistischer und finanzieller Hinsicht nicht besitzt. Zuständig 
ist in den Fällen 6 und 7 nach Z.G. §§ 115, 118 der Bezirksausschuß, in Berlin der Polizei- 
präsident; gegen den versagenden Beschluß findet innerhalb zwei Wochen Antrag auf mündliche 
Verhandlung im Verwaltungsstreitverfahren, bezw. Klage gegen den Beschluß des Polizei- 
präsidenten beim Bezirksausschuß statt, dessen Endurtheil nur mit der Revision angefochten 
werden kann. 
8. Eine Erlaubniß ist ferner nach § 33 R.Gew.O. erforderlich zum Betriebe der Gast- 
wirthschaft, der Schankwirthschaft und des Kleinhandels mit Branntwein oder Spiritus. Die- 
selbe ist nur dann zu versagen, wenn entweder gegen den Nachsuchenden Thatsachen vorliegen, 
welche die Annahme rechtfertigen, daß er das Gewerbe zur Förderung der Völlerei, des ver-
	        
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