Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 122. Gewerbe und Industrie. 509 
Wandergewerbescheines 1), der gewissen Kategorien von Personen versagt werden muß, an- 
deren versagt werden kann, §§ 57, 57a, 57b a. a. O. Zuständig zur Ertheilung des 
Scheines ist die höhere Verwaltungsbehörde des Wohnortes oder des Aufenthaltsortes des 
Nachsuchenden, für Musikaufführungen die Behörde, in deren Bezirk das Gewerbe betrieben 
werden soll. Gegen die Versagung des Wandergewerbescheines findet das Rekursverfahren 
nach §5 20 und 21 R.Gew.O. statt (Z.G. §§ 117, 118). Die Zurücknahme des Wander- 
gewerbescheines kann, vorbehaltlich gewisser Ausnahmen, durch die für den Wohnort oder 
den Aufenthaltsort des Inhabers zuständige Behörde erfolgen, wenn sich ergiebt, daß eine 
der Voraussetzungen, unter denen die Ertheilung hätte verweigert werden müssen oder können, 
entweder zur Zeit der Ertheilung bereits vorhanden, aber der Behörde unbekannt geblieben 
war oder erst nach Ertheilung des Scheines eingetreten ist. Gegen die Zurücknahmeverfüg- 
ung findet das gewöhnliche gewerbliche Rekursverfahren statt; nach Z.G. § 121, bezw. V. v. 
31/12. 1883 entscheidet der Bezirksausschuß auf Klage der Ortspolizeibehörde. Die Aus- 
übung derjenigen Arten des Hausirbetriebes, die eines Wandergewerbescheines nicht bedürfen, 
kann untersagt werden, wenn einer der in den persönlichen Verhältnissen des Gewerbetreib- 
enden liegenden Gründe vorhanden ist, aus denen ihm der Gewerbebetrieb hätte versagt wer- 
den müssen . 
C. Polizeiliche Taxen: Die Preisbestimmung für gewerbliche Leistungen überläßt 
die Gewerbeordnung grundsätzlich der Vereinbarung der Parteien (§ 72 R.Gew.O.). Nur 
ausnahmsweise sind die polizeilichen Taxen beibehalten worden. 1. Die Bäcker und Ver- 
käufer von Backwaaren können von der Ortspolizeibehörde angehalten werden, die Preise und 
das Gewicht ihrer verschiedenen Backwaaren für gewisse von denselben zu bestimmenden Zeit- 
räume durch einen von außen sichtbaren Anschlag am Verkaufslokal zur Kenntniß des Publi- 
kums zu bringen. Der Anschlag ist mit dem polizeilichen Stempel zu versehen und täglich 
während der Verkaufszeit auszuhängen (88 73, 74 a. a. O.). 2. Ebenso können die Gast- 
wirthe durch die Ortspolizeibehörde angehalten werden, das Verzeichniß der von ihnen ge- 
stellten Preise einzureichen und in den Gastzimmern anzuschlagen. Auf Beschwerden Reisender 
wegen Ueberschreitung der bezeichneten Preise steht der Ortspolizeibehörde eine vorläufige 
Entscheidung vorbehaltlich des Rechtsweges zu (§ 75 a. a. O.). Zur eigenen Festsetzung der 
Taxe ist die Ortspolizeibehörde in Uebereinstimmung mit der Gemeindebehörde befugt, für 
Lohnbediente und andere Personen, die auf öffentlichen Straßen und Plätzen oder in Wirths- 
häusern ihre Dienste anbieten, für die Benutzung von Wagen, Pferden, Gondeln und anderen 
Transportmitteln, welche öffentlich zum Gebrauche bestimmt sind, sowie für Schornsteinfeger, 
an die eine ausschließliche Zuweisung der Kehrbezirke stattgefunden hat. Wenn der zuge- 
wiesene Bezirk mehr als eine Ortschaft umfaßt, tritt an die Stelle der Ortspolizeibehörde 
die untere Verwaltungsbehörde (§8 76, 77 a. a. O.)). 
4. Die schon früher bestehenden Taxen für die durch die Behörden anzustellenden und 
zu beeidigenden Gewerbetreibenden sind unberührt geblieben. Die anstellenden Behörden haben 
auch die Befugniß, für diese Personen Taxen einzuführen, wo dergleichen bisher nicht be- 
standen (§ 78 a. a. O.)4. 
  
1) In den Fällen des § 44a (s. o. sub A i. f.) genügt eine Legitimationskarte. 
2) Die Ausübung des Hausirgewerbes ist ferner nach § 56 ff. N.Gew.O. insoferne beschränkt, 
als gewisse Waaren vom Ankauf oder Feilbieten im Umherziehen und ebenso gewisse Erwerbsarten 
vom Gewerbebetrieb im Umherziehen ausgeschlossen sind. Ebenso unterliegt die Art und Weise der 
Ausübung des Hausirgewerbes verschiedenen einschränkenden Vorschriften (N.Gew.O. 88 55a, 60 ff., 62). 
3) Zeller, Art. Taxen in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, S. 66. Sämmtliche 
Taxen, sowohl die von den Gewerbetreibenden selbst aufgestellten, wie die von den Behörden festge- 
stellten bilden Maximalsätze, die bei Strafe (§ 148 Nr. 8 R.Gew.O.) nicht überschritten werden dürfen. 
Ermäßigung der Taxe ist den Gewerbetreibenden gestattet (§ 79 R.Gew.O.). 
4) Bezüglich der Apotheker, Aerzte und Hebammen val. § 105.
	        
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